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René Zeyer

23 Fragen

Wie sich zwei Verlagskoryphäen akribisch für einen Kleinunternehmer und sein Geschäftsmodell interessieren. Und die Frage nach dem Weshalb.

«Die Ostschweiz» Archiv am 19. März 2019

Arthur Rutishauser ist ein beschäftigter Mann, als Oberchefredaktor von 12 Redaktionen des Tamedia-Konzerns. Christian Brönnimann ist ein beschäftigter Mann als Mitglied des «Recherchedesks» von Tamedia.

Da muss es sich um eine Angelegenheit von grosser Bedeutung handeln, wenn sich diese beiden Fachkräfte gemeinsam mit einer Latte von 23 Fragen an mich wenden. Man «recherchiere derzeit zu Ihrem Geschäftsmodell».

Zuerst fühlte ich mich geehrt, dass der Chef aller Redaktionen unter Beihilfe eines Zuträgers herausfinden will, wie der Kleinstunternehmer Zeyer geschäftet, wie er es schafft, weiterhin fundierte und hintergründige Artikel zu publizieren, trotz des sich zu Tode sparenden Journalismus, auch und gerade im Hause Tamedia.

Leider musste ich aber den Fragen entnehmen, dass es sich vielmehr um eine selbsterfüllende Vorhersage von mir handelt. Ich hatte, neben vielen anderen Artikeln, in der Vergangenheit mehrfach den Vermutungs-, Verleumdungs- und Kampagnenjournalismus dieser beiden Herren kritisiert. Insbesondere, dass sie entweder mithilfe von angefütterten oder gestohlenen Unterlagen Verdächtigungen und Behauptungen publizierten, wobei sie gerne auf den Mann spielen.

Unter anderem im Fall des Geschäftsmanns Jean-Claude Bastos, der nicht zuletzt wegen einer üblen Kampagne Brönnimanns in einem Höllenknast in Angola schmort. Oder im Fall des ehemaligen Raiffeisen-Chefs Patrik Gisel, der aufgrund einer von Rutishauser kolportierten angeblichen Beziehung innerhalb von Raiffeisen per sofort zurücktrat. Oder im Fall des neuen VR-Präsidenten von Raiffeisen, den Rutishauser im Vorfeld als «unwählbar» bezeichnete.

An all meinen Artikeln war inhaltlich und faktisch nichts zu rütteln; der Hausjurist von Tamedia konnte Rutishauser knapp davon abhalten, die von ihm bereits angedrohte Klage wegen Rufschädigung einzureichen. Aber: Das Bedürfnis nach Rache blieb unbefriedigt. Also begann man in der üblichen Manier nach Verleumdungsmaterial zu suchen, um einen Blattschuss auf die Person abzugeben, wenn man ihr inhaltlich schon nicht beikommt.

Dafür nahm man Einblick ins öffentlich zugängliche Handelsregister und stellte fest, das dort die einfache Gesellschaft «ZEYER: Kommunikation» eingetragen ist. Sie erbringt, wie gnadenlos recherchiert wurde, kommunikative Dienstleistungen.

Aber wenn zwei Koryphäen am Werk sind, bleibt es nicht dabei: «Gemäss unseren Recherchen haben Sie Ihre Texte mehreren Medien längere Zeit unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Wenn Sie sich nicht von den Medien für Ihre Texte bezahlen lassen: was sind Ihre Einnahmequellen?» Ich wollte das eigentlich geheim halten, aber ich verdiene mein Geld durch Banküberfälle.

Die Frage nach meinen Einnahmequellen ist schon nassforsch, aber es geht noch unverschämter weiter: «Sind Sie bereit, uns Ihre Mandate und Auftraggeber der letzten zwei Jahre offenzulegen?» Die Frage ist so sinnvoll wie eine Gegenfrage, ob die beiden Herren bereit sind, ihre Quellen der letzten zwei Jahre offenzulegen.

Aber ich gehe mal in Vorleistung. Man will auch von mir wissen, ob ich mit der Internet-Agentur Plan.Net Suisse, ihrem Geschäftsführer Philipp Sauber «geschäftliche Kontakte unterhalte». Und «welche Mandate in welchem Umfang» ich da ausgeführt habe, und ob das auch für die Firma INM AG der Fall gewesen sei. In Rücksprache mit meinem Freund Philipp darf ich das mit einem Ja beantworten. Also eigentlich mit einem: Ja, und?

Soweit, so lachhaft. Aber nicht zum Lachen ist der Versuch, meine Reputation in den Dreck zu ziehen, mir angebliches Fehlverhalten zu unterstellen. Denn es gibt auch eine ganze Latte von inquisitorischen Fragen. Ob ich Vincenz, Gisel, Lachappelle oder anderen Exponenten von Raiffeisen kommunikative Dienstleistungen angeboten hätte, und ob ich bei «Quantum Global oder deren Vertretern vorstellig geworden» sei, «mit dem Vorschlag, Ihnen eine grössere Summe Geld für den Artikel (gemeint ist ein Artikel in der «Weltwoche» vom 1.November 2018) oder weitere Kommunikationsdienstleistungen zu bezahlen». Allerdings: «Quantum Global lehnte ab», wird weiter behauptet.

Zunächst einmal: Wenn also Quantum (der Name diverser Firmen von Jean-Claude Bastos, der nach einer Medienkampagne von Tamedia in Angola in einem Höllenknast schmort) mein angebliches Ansinnen angeblich ablehnte: Wie kann man da, denn darauf laufen die Fragen hinaus, einen «klassischen Interessenkonflikt» behaupten, mich auffordern, dem «Vorwurf zu entgegnen, damit meine Unabhängigkeit als Journalist gleich wie bei Raiffeisen grob verletzt zu haben»? Und selbst wenn ich, wie viele andere Kommunikationsunternehmen auch, Raiffeisen Vorschläge zur Verbesserung der allgemein anerkannt unterirdisch schlechten Kommunikation gemacht haben sollte: Ja, und?

Das ist diese typische Art moralingesäuerter Fangfragen, bei deren Beantwortung man eigentlich, das ist die Hoffnung dieser Herren, nur verlieren kann. Sie wollen mir unterstellen, dass meine Publikationen zu Raiffeisen oder zu Bastos davon gesteuert wurden, dass ich angeblich dafür Bezahlung verlangte. Darin impliziert ist der Versuch eines dreckigen, kleinen Rufmords aus Rache. Mit der Moralkeule in der Hand will man von mir die Offenlegung aller meiner Mandate der letzten Jahre. Ich suche vergeblich nach einer höflicheren Formulierung als: Das geht Euch einen feuchten Dreck an.

Weder bei INM AG, noch bei Plan.Net Suisse AG, noch bei Bastos oder Quantum und auch nicht bei Raiffeisen gab oder gibt es eine Vermischung von meiner publizistischen Meinung und Angeboten von Kommunikationsdienstleistungen. Ich bin zudem natürlich daran gebunden, dass meine unternehmerische Tätigkeit strikter Vertraulichkeit unterliegt, das ist nämlich das Geschäftsmodell, nach dem Rutishauser und Brönnimann angeblich forschen. Dafür hätten sie aber auch einfach mich fragen können.

Wie es sich mit dem von ihnen angeführten «Berufsethos als Journalist» vereinbaren lässt, dass sie immer wieder auf den Mann spielen, woher sie die Berechtigung zu solchen Unterstellungen und moralischen Vorverurteilungen nehmen, das wissen nur sie selbst. Ich kann nur hoffen, dass meine Offenlegung dieses Vorgehens ihre rachegetränkte Absicht, dass man nur mit genug Dreck werfen muss, damit was hängenbleibt, zunichte macht.

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