An bester Lage wird in der Ostschweiz ein riesiges Areal frei. Ausgeschrieben sind die insgesamt 35'000 Quadratmeter derzeit auf einer Immobilienplattform. Beobachter des Marktes sind sich sicher: Es wird ein Ding der Unmöglichkeit, hier genügend Mieter zu finden. Droht eine Industriebrache?
Tausende von gewerblichen Mietangeboten findent sich auf der Plattform immoscout24.ch. Dieses hier dürfte aber in seiner Form einzigartig sein. In der Beschreibung heisst es:
«Ab 2021 vermieten wir auf dem Werkplatz Altenrhein 35'000 Quadratmeter, davon 25'000 Quadratmeter zusammenhängende Fläche. Die Lage im Vierländereck und nahe der Autobahn bietet eine gute Erreichbarkeit für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten. Die flexibel unterteilbaren Flächen können ab 2000 Quadratmetern gemietet werden und eignen sich hervorragend für Produktion, Lager und Warenumschlag. Entsprechende Büroräume sind ebenfalls vorhanden.»
Es folgt eine detaillierte Zusammensetzung der Flächen. Und es ist unschwer zu erkennen: Wir sprechen hier von dem Areal in Altenrhein, das durch den Umzug des Schienenfahrzeugherstellers Stadler nach St.Margrethen auf einen Schlag frei wird. Ursprünglich handelt es sich um den Löwenanteil der früherem Räume der Flugzeugwerke Altenrhein (FFA); ein geschichtsträchtiges Areal also.
Eine Fläche dieser Grössenordnung, für die Mieter gesucht werden: Das ist auch gesamtschweizerisch gesehen eine absolute Ausnahme. Allerdings vermutlich keine, auf die der Mark gewartet hat. Denn es ist nicht so, dass die Industrie im Land massiv wächst und Expansionsflächen sucht - im Gegenteil. «Dermassen grosse Werkhallen sind kaum mehr gefragt», sagt ein Kenner der Immobilienszene gegenüber «Die Ostschweiz».
Die Vermietung der Fläche liegt bei der Rheintaler Cristuzzi Immobilien-Treuhand. Sie hat die vermutlich nicht sehr dankbare Aufgabe, Mieter für die Gesamtfläche zu suchen. Die Idealvorstellung - wenn man den Wortlaut des Inserats nimmt - wäre es wohl, zumindest wohl für die 25'000 zusammenhängenden Quadratmeter einen einzigen zu finden. Auf einer eigenen Webpräsenz wird das Areal detaillierter vorgestellt, dort wird die Fläche in sieben verschiedenen «Werkplätzen» vorgestellt. Man hat also die Option vorweggenommen, dass sich hier kein einzelner «Riese» niederlässt. Ob sich mehrere Mieter mit einigermassen kompatiblen Bedürfnissen finden, ist allerdings die Frage.
Positiv wäre es. Denn bisher war das Areal ein «Klumpenrisiko», wie sich mit dem Wegzug von Stadler zeigte. Vorteilhaft wäre es also, wenn eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Betriebe den Weg hierhin finden, die sich vielleicht sogar gegenseitig befruchten. Allerdings: Sogar der kleinste angepriesene Werkplatz umfasst über 2000 Quadratmeter. Diese Grösse muss man zuerst haben - und gleichzeitig gründungs- oder umzugswillig sein.
Dazu kommt: Kenner der heutigen Gebäulichkeiten weisen darauf hin, dass sich diese mit Ausnahme einiger neuerer Zusatzbauten nicht gerade perfekt in Schuss präsentieren. «Es stellt sich die Frage, ob bei dieser baldigen Industriebrache an allerbester Lage nicht besser eine ganz andere Nutzung angestrebt werden sollte», sagt einer von ihnen.
Die Nähe zur Autobahn, die steuerliche Situation, sogar ein eigener Gleisanschluss: Man kann es weiss Gott schlechter treffen als hier. So gesehen müsste das Areal in Altenrhein spannend sein für Unternehmen. Aber auch exakt für die Unternehmen, welche die hier gebotenen Vorgaben suchen? Möglicherweise wäre die Lage für den Dienstleistungssektor sogar spannender, zumal ein Flughafen direkt vor der Tür liegt.
Die wahrscheinlichste Option derzeit: Es meldet sich eine Vielzahl von Kleinbetrieben, welche die Lage schätzt. Gibt es von diesen genug, kann am Bodensee ein Kaleidoskop von innovativen Firmen entstehen. Möglich ist aber auch das: Einige einzelne, kleinere Flächen werden von diesen besetzt, der Rest bleibt leer. Was angesichts des Potenzials des Areals tragisch wäre.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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