Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die Herrin des Frankens. Also ziemlich wichtig. Wem gehört sie eigentlich? Der Kantonalbank Thurgau schon mal nicht mehr. Die hat im Jahr 2017 ihre 450 Aktien verkauft. Und soll nun wieder welche kaufen.
Mit dem Verkauf war der Thurgau nicht alleine. Laut Bilanz der SNB war es Ende 2018 zum ersten Mal seit ihrer Gründung vor mehr als hundert Jahren so, dass der öffentliche Anteil, also von Kantonen, Kantonalbanken und Gemeinden, unter 50 Prozent gefallen war.
Um Himmels willen, heisst das nun, dass private Aktionäre die Macht übernommen haben? Gemach, die sind inzwischen tatsächlich in der Mehrheit. Aber dadurch haben sie keine Mehrheit der Aktienstimmen, denn die ist bei Privataktionären auf maximal 100 pro Nase gedeckelt. Womit die öffentliche Seite immer noch satte 80 Prozent der Stimmrechtsaktien hält.
Die Thurgauer KB war nicht die einzige Kantonalbank, die in den letzten Jahren ihren SNB-Aktienbestand herunterfuhr. Insgesamt haben Kantonalbanken in den letzten 20 Jahren ihren Bestand an SNB-Aktien um einen Drittel verringert. Der Kanton St. Gallen gehört immer noch zu den Grossaktionären mit 3002 Stück. Dazu kommt die St. Galler KB mit 1405 Aktien, und auch die Appenzeller KB hält 187 dieser speziellen Wertpapiere.
Aber die fleissigen Verkäufe nahm der SNB-Chef Thomas Jordan zum Anlass, Kantone und Kantonalbanken schriftlich um mehr Treue zur Schweizer Notenbank zu bitten; es sei wichtig, dass deren Anteil stabil bleibe.
Warum denn das, die Kontrolle der öffentlichen Hand über die SNB ist doch weiterhin garantiert? Weil die SNB zwar eine Aktiengesellschaft ist, aber eine spezielle. Sie darf als einzige Bank der Welt Franken herstellen, und sie bestimmt den sogenannten Leitzins, nach dem sich das gesamte Zinsniveau in der Schweiz richtet. Und weil sie bei ihrer Gründung als Mischform von Staats- und Volksbeteiligung gewollt war.
So wurde letztes Jahr die Basler Kantonalbank zurückgepfiffen, die ebenfalls ihre SNB-Aktien verkauft hatte – und sie auf Geheiss der Kantonsregierung wieder zurückkaufen musste. Auch der Kanton Obwalden schloss sich diesem Hin und Her an. Neuerdings hat auch der Thurgau das Ruder herumgeworfen. Wie seine Regierung auf Anfrage bekannt gab, hat die Thurgauer KB «beschlossen, in nächster Zeit wieder SNB-Aktien zu kaufen».
Dazu muss man noch wissen, dass die SNB-Aktie über lange Jahre stinklangweilig war. Sie pendelte um rund 1000 Franken herum, stieg dann ganz gemächlich auf 2000. Um ab Oktober 2017 wie eine Rakete nach oben zu zischen; im Frühling 2018 kratzte sie schon an der 9000-Franken-Marke. Und seit Anfang 2019 bewegt sie sich zwischen 4000 und 6000 Franken. Das nennt der Börsianer volatil, also sehr interessant.
Während aber dem privaten Anleger dringend geraten wird, die Finger von dieser Aktie zu lassen; diejenigen, die das nicht beherzigen, als Spekulanten beschimpft werden, handeln Kantone und Kantonalbanken fröhlich mit diesen Aktien. Was noch ein weiteres Problem aufwirft. Denn bei der SNB-Aktie handelt es sich um einen sehr engen Markt. Pro Tag werden im Schnitt weniger als 200 Aktien gehandelt. Das bedeutet, dass der Verkauf oder Kauf von wenigen Dutzend oder ein paar hundert Aktien einen gewaltigen Einfluss auf den Kurs haben kann. Da erhebt sich die Frage einer möglichen Kursmanipulation.
Auch die von Verlusten. Wenn die Thurgauer KB ihre 450 Aktien Anfang 2017 zum Kurs von 1900 Franken verkaufte, erlöste sie damit 855'000 Franken. Kauft sie nun zu einem Kurs von 5000 Franken als aktueller Mittelwert zurück, muss sie dafür 2,25 Millionen auf den Tisch legen. Macht also rund 1,4 Millionen Verlust. Das macht den Besitzern natürlich keine Freude. Aber was soll’s, die Thurgauer KB ist eine öffentlich-rechtliche Bank mit dem Kanton als Haupteigentümer. Und mit Staatsgarantie. Als wenn was richtig schief geht, zahlt der Thurgauer Steuerzahler die Zeche.
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