Seit über 100 Jahren befindet sich die Kifa AG mit Standorten in Aadorf und Märstetten erfolgreich auf dem Holzweg. Der CO2-neutrale Werkstoff Holz begleitet das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1919. Es wird heute von den Gebrüdern Ruedi Heim und Urs Heim in vierter Generation geleitet.
Ruedi Heim, Ihr Unternehmen bewirtschaftet die beiden Geschäftsfelder Systembau und Verpackungen. Wie kam es zu dieser, von aussen betrachtet doch eher ungewöhnlichen Kombination?
Die Kifa AG hat sich im Laufe der über 100-jährigen Firmengeschichte immer wieder verändert und weiter entwickelt. Die Einheit «Kifa Verpackungen» ist das ursprüngliche Geschäft der Kifa AG und ist heute der kompetente Partner für alle Fragen von hochwertigen Holzverpackungen und damit zusammenhängenden Systemverpackungen, primär für exportorientierte Branchen. Die Einheit «Kifa Systembau» ist in den frühen 1970er Jahren durch meinen Vater gefördert worden. Der Fokus in diesem Geschäftsfeld liegt seit jeher auf dem Schweizer Baumarkt.
Welches der beiden Felder bildet die eigentliche Stütze des Unternehmens?
Unser Bestreben ist seit jeher, dass die beiden Einheiten «Kifa-Systembau» und «Kifa-Verpackungen» eigenständig im jeweiligen Markt wettbewerbsfähig sind. Der gemeinsame Werkstoff Holz eröffnet für die Sparte «Kifa-Systembau» auf den ersten Blick ein etwas grösseres Potential als bei «Kifa-Verpackungen». Doch auch hier gibt es immer wieder neue Nischen, die interessante Perspektiven bieten.
Holz bildet den gemeinsamen Nenner. Gibt es darüber hinaus noch Aspekte, die in beiden Sparten ähnlich sind?
Unser Fokus liegt in beiden Bereichen auf dem B2B-Geschäft. Es wird auch für KMUs wie unsere Unternehmung zunehmend wichtiger, dass sämtliche Prozesse digitalisiert und miteinander verknüpft sind. Gerade in diesen Tagen können wir nach einer sehr intensiven und spannenden Aufbau- und Entwicklungsphase das voll integrierte neue ERP produktiv schalten. Für unsere Kunden bedeutet das, dass Sie unsere Produkte und Dienstleistungen voll in ihre eigenen Abläufe integrieren können und unsere Leistungen 24/7 verfügbar sind. Mit dem neu entwickelten Konfigurator können unsere Kunden Ihre Produkte zukünftig sogar selber designen und das Kifa-Know how rund um die Uhr nutzen. Hier setzen wir zweifelsohne neue Massstäbe für unsere Branche.
Könnte dereinst noch ein drittes Geschäftsfeld hinzukommen?
Vor einigen Jahren ist mit den «Kifa-Immobilien» bereits ein drittes Standbein dazu gekommen. Unter der Leitung meines Bruders Urs Heim fördern wir diese Sparte aktiv und entwickeln auch eigene Projekte wie etwa die «Wasserfurri» in Aadorf. Hier entstehen an bester Lage fast 80 Eigentums- und Mietwohnungen, die wir als moderne Holzbauten in Eigenregie als TU realisieren.
Holz ist als Baustoff seit jeher gefragt. Erlebt er unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit dennoch aktuell einen zusätzlichen Boom?
Die neuen technischen Möglichkeiten erlauben es, immer anspruchsvollere Bauten mit Holz zu realisieren. Aktuell realisieren wir in unserer Firma den Holzbau für das neue Kinderspital in Zürich. Die anspruchsvollen Vorgaben der renommierten Architekten Herzog & De Meuron sind für unsere Fachspezialisten eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, die natürlich auch zusätzliche Motivation für das ganze Team bedeutet. Doch auch andere Unternehmen realisieren zunehmend höherwertige Objekte mit dem Werkstoff Holz. Heute ist es sicher so, dass Bauten mit Holz wegen der fast unbegrenzten Möglichkeiten der Verarbeitung gewählt werden, die Nachhaltigkeit dann einfach noch als zusätzlicher Benefit dient.
Diverse Entwicklungen der Vergangenheit machen es möglich, dass Holz inzwischen auch in Bereichen zum Einsatz kommen, die früher undenkbar gewesen wären. Wo aber stösst man mit dem Material nach wie vor an klare Grenzen?
Wenn der Werkstoff Holz richtig eingesetzt wird, kann er praktisch überall verwendet werden. Aktuell gibt es ja bereits Hochhäuser, die mit Holz realisiert werden. Auch Bauten aus anderen Werkstoffen greifen heute in Bereichen wie der Bauphysik, dem Schallschutz oder Brandschutzkonzepten zunehmend auf Fachingenieure des Holzbaus zurück.
Aktuell leiden wir bei der Holzbeschaffung unter einer schlechten Verfügbarkeit bei gleichzeitig förmlich explodierenden Preisen. Wieviel diese Marktsituation auf eine höhere Nachfrage zurückzuführen ist oder der zunehmenden Spekulation mit dem Rohstoff Holz geschuldet ist, ist aktuell schwierig zu beurteilen. Die Situation ist insbesondere für produzierende Unternehmen alarmierend und muss im Interesse aller Betroffenen dringend wieder normalisiert werden. Die sehr positive Entwicklung des Einsatzes vom Werkstoffs Holz bei den geplanten grossen Bauvorhaben wird sonst unweigerlich gebremst.
Gibt es auch in Ihrer Branche grössere Umwälzungen und Veränderungen, mit denen Sie sich aktuell oder in naher Zukunft befassen müssen?
Die Holzbranche ist seit jeher sehr traditionell strukturiert. Es gibt in der DACH-Region viele Familienunternehmen, die von Generation zu Generation weiter betrieben werden. Die rasch wachsenden Möglichkeiten für Produkte aus dem Werkstoff Holz werden aber zunehmend auch für industrialisierte Unternehmen aus anderen Branchen attraktiv, so dass zunehmend nicht mehr ähnlich strukturierte Unternehmen aus der Nachbarschaft miteinander konkurrieren, sondern man sich auf einmal mit grossen internationalen Industrieunternehmen messen muss. Diese Konstellation ist für die traditionellen Familienbetriebe eine sehr grosse Herausforderung und bedingt eine Fokussierung auf geeignete Nischenmärkte, wenn man auch in Zukunft erfolgreich bestehen möchte.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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