Die Marke «Möhl» ist schweizweit bekannt. Als Konsument weiss man, was man bekommt. Was kann man da als Geschäftsleiter noch falsch machen? Im Gespräch mit Michael Artho von der Mosterei Möhl AG mit Sitz in Arbon.
Michael Artho, abgesehen von der ganzen Corona-Situation, was beschäftigt Sie aktuell als Vorsitzender der Geschäftsleitung am meisten?
Wir sind zwar im Ostschweizer Detailhandel gut vertreten. Dennoch geniessen unsere Konsumentinnen und Konsumenten den grösseren Teil der Möhl Apfelsäfte in der Gastronomie. Insofern mussten wir aufgrund der nun doch andauernden Schliessung der Restaurants, Ausflugsbetriebe und Kantinen den Betrieb massiv herunterfahren. Hier war es uns während der ganzen Zeit ein wichtiges Anliegen das gesundheitliche und soziale Wohl unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherzustellen. Andererseits liegt es auf der Hand, dass die gegenwärtige Situation – wie für die meisten Wirtschaftszweige – mit diversen unternehmerischen Herausforderungen verbunden ist. Trotzdem, oder gerade deswegen haben wir aber den Kopf nicht in den Sand gesteckt. Vielmehr haben wir mit einer gesunden Portion Zuversicht den Blick nach vorne gerichtet und intensiv an der Zukunft unserer Marken gearbeitet. Rechtzeitig auf den Frühling und den bevorstehenden Neustart in der Gastronomie dürfen sich unsere Konsumentinnen und Konsumenten auf einen frischen und neuen Auftritt unserer Apfelsäfte sowie die eine oder andere Innovation freuen.
«Möhl» ist seit Langem eine bekannte Marke. Andere Getränkehersteller würden sich wünschen, nur schon einen Teil dieser Bekanntheit zu haben. Wo wurden die massgeblichen Weichen gestellt?
Wir verstehen uns weniger als reiner Getränkehersteller. Den wahren Kern unserer Identität sehe ich vielmehr in unserem Wirken als Mosterei. Einem Handwerk mit einer langen Tradition – gerade bei uns in der Ostschweiz –, dem die Familie Möhl seit nun fünf Generationen mit einer beeindruckenden Leidenschaft und Weitsicht nachgeht und die auf den gesamten Betrieb ausstrahlt, so auch auf mich. So werden viele Werte, die hinter dem Erfolg stehen auch durch die Familie Möhl vorgelebt. Zum Beispiel die konstante Nähe zu Kunden, Konsumenten, Mitarbeitern und Obstlieferanten oder der Fokus auf die nachhaltige Entwicklung von starken Marken wie «Shorley» oder «Möhl Saft vom Fass», bei welchen punkto Qualität keine Kompromisse gemacht werden.
Am Ende vom Tag geht es darum unser Versprechen gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten einzulösen: «Möhl – Das Beste aus dem Apfel».
Man hat ein bekanntes Produkt. Man verfügt über die notwendigen Absatzkanäle. Was kann man da grundsätzlich noch falsch machen?
Den grössten Fehler den man in der Konsumgüterbranche machen kann, ist nichts zu machen. Was heute ist, ist morgen anders. Man muss ständig dranbleiben und sich anpassen. Viele verbinden die Mosterei Möhl mit «langer Tradition» oder «Beständigkeit». Ich finde aber, dass in Tat und Wahrheit bei der Familie Möhl die «Veränderung» selbst eine Tradition hat. Dies wird ersichtlich, wenn man sich vor Augen führt, wie sich die Landschaft der Mostereien in den letzten 20 Jahren verändert hat. Viele bekannte Namen gibt es nicht mehr, aber die Mosterei Möhl konnte sich als eine der wenigen bis heute erfolgreich behaupten und wird es auch in Zukunft.
Lag man mit einer Neuentwicklung oder einer strategischen Planung auch einmal komplett daneben?
Wie überall passieren auch bei uns Fehler, oder man schätzt ein Potential anders ein als es tatsächlich ist. Wichtig ist, dass man aus diesen Erfahrungen lernt. Dass wir heute da sind wo wir stehen, zeigt aber, dass die wegweisenden Entscheide die Richtigen waren.
Sie verarbeiten Naturprodukte. Inwiefern ist dies für die gesamte Planung jeweils mit unsicheren Faktoren verbunden?
Allem Voran stehen hier natürlich die Schwankungen der Erntemengen vom Mostobst. Diese können Herausforderungen bergen. So haben wir gegenwärtig sehr volle Lager aufgrund einer grösseren Ernte im letzten Herbst und einem sehr tiefen Ausstoss aufgrund der Corona-Situation.
Andererseits bereitet die Arbeit mit Naturprodukten viel Freude und Abwechslung. So ist in jedem Herbst der bunte Betrieb rund um die Obstsilos und die Pressen bei uns in Arbon ein Erlebnis, das auch viele Besucherinnen und Besucher anzieht.
Erst kürzlich wurde mit dem Möhl Cider Clan wieder ein neues Produkt lanciert. Eines, dass auch bereits international ausgezeichnet wurde. Wie wichtig ist ganz allgemein der internationale Markt für «Möhl»?
Punkto Absatz steht bei uns der heimische Schweizer Markt klar im Vordergrund. Aber gerade bezüglich des Segmentes der «Cider» spielt für uns der internationale Markt eine wichtige Rolle als Quelle der Inspiration, da die Entwicklungen in der Schweiz noch wenig fortgeschritten sind. So hat Christoph Möhl während seinen Reisen in andere Länder viele Ideen sammeln dürfen, welche zur Entwicklung vom Möhl Cider Clan beigetragen haben.
Sie haben anfangs die Innovationen angesprochen. Wird demnach bereits an der Entwicklung eines nächsten Produktes gearbeitet?
Ja. Wir werden in Kürze mit einer Innovation auf den Markt kommen und diverse weitere Ideen sind bereits fortgeschritten – Sie dürfen gespannt sein. Innovationen spielen eine immer wichtigere Rolle in der Belebung von erfolgreichen Marken.
Wie läuft eine Produkteentwicklung in der Regel ab? Steht am Anfang eine Marktanalyse? Oder kann sie auch einfach durch ein Bauchgefühl heraus angestossen werden?
Ich muss ehrlich zugeben, dass wir weniger mit umfangreichen Zahlenanalysen arbeiten. In meiner langjährigen Erfahrung in der Getränkeindustrie habe ich es einige Male erlebt, dass man glaubte auf dem Papier ein vermeintlich grosses Konsumpotential gefunden zu haben, dieses dann aber in der Realität nicht vorhanden war.
Produkteideen entstehen bei uns vielfach aus einer Experimentierfreudigkeit heraus – oder aber aus Beobachtungen und Gesprächen mit Kunden und Konsumenten. Und ja, am Ende spielt auch das Bauchgefühl eine wichtige Rolle.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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