Der Altstätter Markus Buschor ist Bildhauer. Er arbeitet nicht nur mit Holz, sondern wagt sich unter anderem auch an die Materialien Eis oder Stein. Jede seiner Figuren erzählt eine einzigartige Geschichte. So auch sein «Lisali».
Markus Buschor startet seine Karriere als Lehrer. Da er in seinem Job aber zu wenig mit Handwerk zu tun hat, entschliesst er sich, einen neuen Weg einzuschlagen. Er kündigt seine sichere Stelle Job und beginnt eine Bildhauerlehre in Brienz. Während vier Jahren ist er im Berner Oberland ansässig. Buschors Ausbildung in der «Schnätzi» – so nennt man die Bildhauerschule – war sehr praxisorientiert. «Man war von Anfang an am Material und hat nicht noch lange die Theorie gebüffelt, bevor man sich an die Materie wendete», erinnert sich Buschor. Dieser Aspekt gefiel ihm. Denn schon vor der Schule fertigte der Rheintaler während seiner Freizeit mehrere Schnitzereien an. Seine erste Arbeit war eine Holzbrosche in Form eines Schmetterlings. Danach widmete er sich einer Traube, die er samt Rahmen aus einem Stück Holz erstellte. Und schliesslich schuf er als drittes Werk eine gotische Truhe aus Holz und darauf sogar ein ganzes Himmelbett. «Diese Werke haben mir damals wahrscheinlich auch geholfen, auf der Schule angenommen zu werden.»
Die Ausbildung in der «Schnätzi» von 1989 bis 1992 umfasste unter anderem die Fächer Modellieren, Heraldik (Wappenkunde), Fachrechnen und technisches Zeichnen. Zusätzlich standen die Gebiete Ornamentik, Tierfigurist und Menschenfigurist zu Auswahl. Die «Schnätzi» ist die einzige Schule in der Schweiz in der man die Ausbildung zum Holzbildhauer absolvieren kann. Sie bietet jeweils bis zu 24 Lehrlingen einen Ausbildungsplatz, also rund sechs Personen pro Schuljahr.
Die Arbeit
Der Künstler schätzt es sehr, dass bei seiner Tätigkeit sowohl drinnen wie auch im Freien aktiv sein kann. Auch die Balance zwischen «sich Zeit nehmen» und dem Termindruck reizt ihn an seiner Arbeit. «Ich will mit meinen Werken Freude übermitteln», erklärt er. Das spürt man auch, wenn Buschor über seine Figuren spricht. Eine, die ihm besonders ans Herz gewachsen ist, ist «Lisali», eine Arbeit, die 2014 fertiggestellt wurde und Buschor seither in seinem Atelier begleitet. In den Bergen aufgewachsen sei sie. Und ihre Proportionen mit zu grossen Händen und zu grossen Füssen seien bewusst verzerrt. «Wie es viele ältere Leute tun, hat sie die Arme verschränkt», erzählt Buschor.
Die «Familienmitglieder»
Immer wieder neue Figuren werden zum Leben erweckt und damit der «Familienkreis», wie es Buschor ausdrückt, erweitert. Sie alle haben ihre ganz eigene Geschichte. Die einen erblickt man an Bahnhöfen oder gar in Verkehrskreiseln. «Toni, die Figur die jetzt in Berneck steht, hat sogar seine eigene Facebook-Seite», lacht Buschor. «Ich habe bereits so viele ‘Kinder’, dass ich mich leider auch nicht immer an die verschiedenen Namen erinnern kann.» Ziel sei es, jeder Figur einen eigenen Charme und Charakter zu verleihen. «Ich erschaffe keine ‘Zombies‘. Welche Emotionen der Kunde aber mit den Figuren und Skulpturen verbindet, das überlasse ich ganz ihm. Jeder interpretiert wieder etwas anderes hinein.»
Das Material
Buschor arbeitet gerne mit Eichenholz. «Die Maserung des Holzes lenkt nicht von der Form der Figur ab. Zudem ist es auch sehr wetterbeständig. Mit der Zeit verfärbt sich das Holz im Freien, es bekommt eine natürliche Patina und der Zersetzungsprozess beginnt», so der Künstler. Und dieser sei entscheidend. Denn: «Wenn sich nichts zersetzt, kann auch nichts Neues entstehen.» Weitere Holzarten, die sich gut zum Schnitzen eignen würden, seien das Lindenholz oder die Arve. «Die eigentliche Form skizziere ich jeweils sehr rudimentär», beschreibt Buschor die Anfangsphase. Er definiert, wo die wesentlichen Bestandteile entstehen sollen. Danach macht er sich an das Handwerk. Wenn es sich um eine komplexere Umsetzung handelt, hat Buschor vorgängig auch schon eine Form mit Ton, Plastilin oder einer Art Wachs modelliert.
Die Freiheit
Die Arbeiten entstehen entweder im Atelier in Altstätten oder in einer Werkhalle in Oberriet, welche sich für grössere Werke – wie aktuell «Raum der Stille», das in Diepoldsau platziert werden wird – anbietet. In der Werkhalle bietet Buschor auch Führungen für Vereine und Schulen an. Damit gewährt der Künstler spannende Einblicke in seine leidenschaftliche Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die wohl mit vielen Freiheiten aber auch mit gewissen Risiken verbunden ist. Gerade der Weg in die Selbständigkeit müsse nach der Schule gut überlegt sein. «Ich habe es gewagt und es ist geglückt. Und dafür bin ich enorm dankbar.»
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund 300'000 Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG, ein Tochterunternehmen der Galledia Regionalmedien.
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.