logo

Erfinderische Designerin

Ausserrhoderin erfindet Kleider, die mitwachsen

Kinder wachsen schnell aus ihren Kleidern. Manuela Gübeli aus Speicher hat eine Lösung gefunden - und kurzerhand ein eigenes Kleiderlabel gegründet.

Stefan Millius am 25. Juni 2018

«Chleiderei» nennt sich die Firma von Manuela Gübeli. Die Frau aus Speicher hat in diesem Frühsommer ihre erste Kollektion mit Kinderkleidern auf den Markt gebracht. Es sind allerdings keine herkömmlichen Kleider - sie wachsen gewissermassen mit den Kindern mit. Im Interview sagt Gübeli, wie das funktioniert und welche Ziele sie damit verfolgt.

Manuela Gübeli, wie sind Sie zur «Chleiderei» gekommen?

Ich bin «eine bunte Hündin». Ich habe Gesundheits- und Krankenschwester gelernt, aber schnell gemerkt, dass darin aufgrund des starren Systems nicht meine Zukunft liegt und hab dann ein Wirtschaftsstudium mit anschliessendem Masterstudium absolviert. Zurzeit arbeite ich zu 70 Prozent im Management und bin Mitglied der Direktion von Raiffeisen Schweiz als Projektmanagerin. Ich bin ein nachhaltig denkender und handelnder Mensch und habe bei meiner nun fünfjährigen Tochter festgestellt, dass ich jedes Jahr neue Kleider kaufen sollte, weil die alten nicht mehr gingen. Da habe ich meine alte Nahmaschine meiner verstorbenen Oma hervorgeholt und begonnen, einfache Rockverlängerungen selber zu nähen. Mittlerweile ist das Konzept marktreif.

Sie versprechen, dass die Kinderkleider «mitwachsen». Wie funktioniert das genau? Und wie lange ist ein Kinderkleid denn auf diese Weise tragbar?

Der Rock ist modulartig aufgebaut, so dass bei Wachstum ohne weitere Hilfsmittel und binnen etwa einer Minute die Verlängerung angebracht werden kann. Kaum sichtbar, aber gut durchdacht ist das Oberteil, damit die Proportionen beim Wachstum noch stimmen. Das Kleid wächst so über mindestens drei Jahre mit.

Haben Sie sich dabei von bereits bestehenden Ideen inspirieren lassen?

Ein englisches Unternehmen hat ein Prinzip, bei welchem man ein Stück Stoff dazwischen nähen sollte. Das ist mir persönlich schon zu kompliziert. So habe ich nach einer einfacheren Lösung ohne Hilfsmittel gesucht. Zudem kann die Verlängerung fürs nächste Kind wieder entfernt werden.

Gibt es ein Konzept dieser Art Ihres Wissens bereits in der Schweiz?

In der Schweiz gibt es meines Wissens kein derartiges Konzept. Gemäss Patentrecherche auch weltweit nicht, zumindest gibt es kein angemeldetes Patent. Ich selbst lasse aus Kostengründen die Patentierung allerdings auch. In China gibt es ein Unternehmen, welches ebenfalls mitwachsende Kinderkleider herstellt, deren Design sieht man «das Gebastel» allerdings an. Auch das wollte ich optimieren. Die Kinder sollen sich in der Kleidung wohlfühlen; denn nur wenn das Kleid zum Lieblingskleid des Kindes mutiert, trägt es das Kind auch über die Jahre.

Manuela Gübeli

Manuela Gübeli gibt ihrer «Chleiderei» fünf Jahre Zeit für den Aufbau.

Sie lassen unter fairen Bedingungen produzieren, wie Sie selbst sagen, allerdings im Ausland, in Deutschland und Polen. Ist die Schweiz als Produktionsort einfach zu teuer?

Ich habe Offerten in der Schweiz eingeholt, da es für mein nachhaltiges und ethisches Anliegen optimal wäre, lokale Arbeitsplätze zu berücksichtigen. Die Preise sind aber leider derart hoch, dass ich nicht mehr marktfähig wäre. Auch so bin ich bereits im oberen Preissegment angesiedelt, da die europäische Produktion und der Einkauf von 100 Prozent Bio-Baumwolle um einiges teurer ist als Ressourcen im asiatischen Raum. Damit das Kleid auch über die geforderten Jahre hält, müssen auch die Verarbeitung, die Stoffe und Prints ein hohes Qualitätsniveau aufweisen.

Wie kommen die Kleider bisher an bei Eltern und Kinder? Haben Sie bereits Rückmeldungen?

Einzelne positive Rückmeldungen durfte ich bereits entgegen nehmen. Dies vor allem bei nachhaltig denkenden Personen. Ich stelle jedoch fest, dass sich viele Menschen nicht bewusst sind, wieviel Rohstoffe sie verbrauchen und wieviel textilen Abfall sie produzieren, wenn sie ihren Kindern jährlich neue Kleidung kaufen. Auch das ist ein Ziel der Chleiderei; durch Blogbeiträge über die Missstände in der Textilindustrie aufzuklären.

Ihre Kleider sind wie bereits erwähnt eher im höherpreisigen Segment anzusiedeln. Gibt es dafür überhaupt einen Markt angesichts der vielen Billigketten?

Das wird sich herausstellen. Aber – wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Zudem hat mein Unternehmen nicht einen rein ökonomischen Sinn, sondern auch einen ethisch-gesellschaftlichen. Ich habe mir einen Zeitraum von fünf Jahren gegeben, dann ziehe ich Bilanz.

Highlights

Nach Kommentar von Stefan Schmid

Interessenkonflikt beim Tagblatt-Chefredaktor?

am 07. Mai 2024
Lehrperson filmte heimlich

Nach den Übergriffen an der St.Galler «Flade» sagt Psychologe: «Wenn man nicht ernst genommen wird, kommt ein Gefühl von Ohnmacht auf»

am 08. Mai 2024
Lage entspannt sich wieder

Nach Missbrauchsskandal der Kirche sagt Thomas Franck: «Es gab sehr viele Kirchenaustritte, aber nicht so viele, wie ich persönlich befürchtet habe»

am 05. Mai 2024
DG: DG: Politik

Fragmentierung ist nicht das Problem, sondern das Wesen der digitalen Gesellschaft.

am 06. Mai 2024
Banker-Saläre

Es ist völlig in Ordnung, wenn Sergio Ermotti 14 Millionen Franken Lohn erhält

am 03. Mai 2024
Mangelndes Interesse?

Weil das Umfeld nicht vergessen werden darf: In St.Gallen sollen Angehörige psychisch Kranker ein Gehör finden

am 07. Mai 2024
20 Jahre Jubiläum

Bianca Mosimann feiert das Jubiläum ihres Coiffeurgeschäfts in St.Gallen: «Es war eine gute Zeit, und ich würde keinen Tag davon missen wollen»

am 06. Mai 2024
Zoomer Agency

Funktioniert Werbung überhaupt noch? Die St.Galler Werbeagentur sagt: «Hochwertiger Content auf TikTok geht oft unter»

am 09. Mai 2024
Serie «Warbird»

Nach einem Einsatz über Augsburg musste ein Bomber im Rheintal zur Landung ansetzen

am 08. Mai 2024
Serie «Warbird»

Der «Death Dealer»: Erster amerikanischer Bomber landet in der Schweiz

am 05. Mai 2024
Positive Dynamik fortsetzen

So sieht die neue St.Galler Departementsverteilung aus

am 08. Mai 2024
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.