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Gastbeitrag

Bitte etwas freundlicher!

Der Umgang untereinander hat sich seit Corona-Zeiten stark verändert. Viele Menschen haben Angst. Es wird den Menschen Angst gemacht. Täglich. Diese Angst ist bei einigen deutlich sichtbar. Und spürbar. Und viele Menschen sind durch Corona unfreundlich geworden.

Madleina Manetsch am 26. Oktober 2021

Die Maskenpflicht und die Coronamassnahmen machen vielen Menschen schlechte Laune. Die Stimmung in der Öffentlichkeit wirkt zunehmend gereizt. Und manche Menschen werden sogar aggressiv.

Es gibt Menschen, die nehmen bei jeder Begegnung den anderen als Ansteckungsgefahr wahr. Dabei sind wir alle Menschen mit Bedürfnissen. Wir sollten die kleinen Nettigkeiten nie vergessen. Mit etwas Freundlichkeit zeigen wir den Mitmenschen unsere Verbundenheit.

Manche Menschen, die eine unfreundliche Begegnung machen, schiessen oft mit gleicher Wut zurück. Ist das klug? Ich weiss es nicht.

Mir ist aber meistens klar, dass diese Unfreundlichkeit nichts mit einem selbst zu tun hat. Das Gegenüber hat vielleicht Druck im Job. Oder schon am Morgen Beziehungsstress gehabt. Vielleicht ist dieser Mensch auch mit seinem Leben überfordert.

In der vergangenen Woche hatte ich gleich mehrere unfreundliche Begegnungen. Manchmal sind solche Situationen unvermeidbar. Je nach Situation.

Frau R. und ich waren ein gutes Team. Jahrelang durfte ich Frau R. pflegen, betreuen und begleiten. Der Lebenskreis von Frau R. hat sich nun geschlossen. Sie verstarb im Spital und wurde auch dort aufgebahrt. Ein würdiger Abschied ist für mich sehr wichtig.

Ich besitze kein Covid19-Zertifikat. So vermutete ich bereits, dass Abschied nehmen nicht ganz so einfach wird.

Ich rief das Spital an und wollte mich informieren. Was ich tun kann, respektive was für mich nicht möglich ist. Ohne Zertifikat. Absurd. Aber es ist nun so.

Die Dame am Apparat war sehr freundlich. Sie hatte eine angenehme Stimme.

Aber die gleiche Dame wurde schnell unfreundlich und ihre Stimme änderte sich schlagartig. Weil ich diesen einen Satz sagte : «Ich besitze kein Covid19-Zertifikat.»

Ich hörte nur noch eine hysterische Stimme, die wiederholte sich : «Nein, so kommen Sie nicht rein. Nein, das geht nicht. Ohne Zertifikat kommen Sie nicht rein. Nein!»

Als wäre Kaya Yanar in seiner Hakan-Türsteher-Rolle am Apparat. Der dauernd «Ey, du kommst hier net rein!» sagt.

Kaya Yanar ist aber auch dann sympathisch. Die Dame wurde immer unfreundlicher.

Ich arbeite im Gesundheitsdienst. Wir, die Ungeimpften, müssen uns testen lassen. Zweimal in der Woche. Die Geimpften dürfen sich testen lassen. Wenn sie wollen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich versuchte der Dame am Telefon etwas zu erklären. Nämlich, dass ich einen negativen Test vorweisen kann. Aber nicht in Form eines Covid19- Zertifikates. Endlich beruhigte sie sich. Etwas. Genervt sagte sie mir, ich soll mit ihrer Kollegin reden. So wurde ich mit dem Covid19-Testzentrum Personal vom Spital verbunden.

Dort wiederholte sich die gleiche Diskussion nochmals. Zuerst freundlich. Dann plötzlich unfreundlich.

Ich muss mich nochmals testen lassen, hiess es. Der Test, den ich besitze, ist nicht gültig, um das Spital zu betreten.

Ich darf meine Kundschaft, die fast nur aus betagten Risikogruppen besteht, pflegen und betreuen. Mit dem Covid19-Test. Der gleiche Test gilt aber nicht, wenn ich den Aufbahrungsraum eines Spitals betreten will. Logik ? Wohl keine, wie immer. In der Coronakrise.

Ich beendete das sinnlose Gespräch. Es war unangenehm.

Warum ? Weil ich kein Covid19-Zertifikat besitze? Weil ich nicht geimpft bin? Weil ich eine andere Ansicht habe? Weil ich nach einer Logik suche? Weil alles noch dümmer wird? Fragen, die ich nicht beantworten kann.

Bei allem Verständnis: Alles lass ich mir auch nicht gefallen. Meine Gesprächspartner können sich nicht alles erlauben,

Wenn jemand seine Wut an mir auslässt; ich versuche das nicht persönlich zu nehmen und am besten alles gleich vergessen.

Auf keinen Fall sich anstecken lassen. Sonst sind am Ende zwei Menschen mies drauf.

Ein würdiger Abschied von Frau R. war mir dennoch möglich. Später, im Krematorium.

Da wurde ich übrigens von einem sehr freundlichen Herrn empfangen. Unabhängig von meinem Impfstatus.

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Autor/in
Madleina Manetsch

Madleina Manetsch (*1973), Fachfrau Gesundheit EFZ, arbeitet in der Langzeitpflege und - betreuung in einer privaten Spitex im Kanton Zürich.

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