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Zeyer zur Zeit

Blöd, blöder, Sozialdemokrat

Wenn Monsterbanken ein Problem sind, ist dann ein noch grösseres Monster die Lösung? Zunächst sahen das SVP, die Grünen und die SP nicht so. Aber dann ...

«Die Ostschweiz» Archiv am 06. April 2023

Thomas Aeschi hat eine blendende Idee. Mit einem Vorstoss in der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) verlangte er, dass der Bundesrat mit einer Gesetzesrevision verhindern sollte, dass es zukünftig weiterhin Banken wie die CS oder die UBS gebe, die «too big to fail» seien. Deren Grösse also eine staatliche Rettung nötig machen würde, wenn die Bank wankt.

Was ja sowohl bei der UBS wie bei der CS der Fall war und ist. Die bestehenden sogenannten systemrelevanten Banken sollten dazu verpflichtet werden, sich durch Verkauf oder Stilllegung von Geschäftsbereichen so gesundzuschrumpfen, dass sie wie alle anderen Firmen auch bankrottgehen könnten und dann halt abgewickelt würden.

Diese vernünftige Motion fand auch tatsächlich eine Mehrheit. Sowohl die SVP wie die Grünen wie die SP stimmten ihr zu. Damit hätte das Parlament in seiner Sondersession darüber abgestimmt. Bei Zustimmung wäre das das Ende der «too big to fail»-Monsterbanken in der Schweiz gewesen, wie der «Tages-Anzeiger» richtig schreibt.

Nur hatte diese Motion einen kleinen Schönheitsfehler, zumindest für die SP: der Urheber Aeschi ist der SVP-Fraktionschef im Nationalrat. Obwohl die SP in der WAK zunächst zugestimmt hatte, wurde es plötzlich hektisch. Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, nicht unbekannt dafür, dass sie schneller spricht, als denkt, stellte urplötzlich einen Rückkommensantrag, es sei nochmals über Aeschis Motion abzustimmen.

Diesmal waren die Genossen dagegen, nur noch die SVP und die Grünen votierten dafür; Motion abgeschmettert, sie wird im Nationalrat nicht zur Debatte gestellt. Ausgerechnet die SP als Helferin der Grossbanken, der Monsterbank UBS?

Auf Anfrage gab Badran eine sackschwache Erklärung zum Besten: Bei der ersten Abstimmung hätten sie und ihre Kollegen gemeint, dass Aeschi nur die neue Monsterbank UBS im Visier habe. Darum habe die Linke zunächst zugestimmt. Doch dann habe sie plötzlich gemerkt, dass Aeschis Vorstoss nicht nur die UBS betreffen würde.

Sondern natürlich auch die übrigen sogenannten systemrelevanten Banken. Dazu gehören Raiffeisen, die Postfinance – und die Zürcher Kantonalbank (ZKB). «Die Zürcher Kantonalbank ist ein Fels in der Brandung», lässt sich Badran zitieren. «Sie auch noch zu zerlegen, ist ungefähr das Letzte, was wir in dieser Bankenkrise brauchen können.»

Damit zeigt die Genossin einmal mehr, dass sie von Finanzpolitik, Banken und Marktwirtschaft wirklich keine Ahnung hat. Denn natürlich war es von Anfang an klar, dass Aeschis Vorstoss sich auf alle Monsterbanken der Schweiz bezieht, die eine Staatsgarantie haben und deren Manager deshalb noch ungenierter misswirtschaften können. Nicht nur bleiben sie dabei völlig haftungsfrei, führt ihr Versagen die Bank in den Abgrund – wie im aktuellen Fall Credit Suisse – dann kommt der Staat und haut sie mit Steuergeldern wieder raus. Das gilt insbesondere für die ZKB.

Natürlich wäre eine Zerschlagung solcher Monster, das Zersäbeln dieser Dinosaurier, eine sinnvolle Methode, eine Wiederholung der ewigen Bankenrettungen in höchster Not zu verhindern.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Banken dazu zu zwingen, endlich genügend Eigenkapital vorzuhalten. Es kann doch nicht sein, dass in der Volkswirtschaft normalerweise mit Eigenkapitalquoten von mindestens 30, eher 50, häufig auch 100 Prozent gearbeitet wird, während Banken nur minimalen Anforderungen genügen müssen – und die noch mit allen Tricks der kreativen Buchhaltung umgehen.

Oder gleich von den Regulatoren die Mittel in die Hand bekommen. Nicht zuletzt deswegen gibt es im CS-Schlamassel ein Riesengeschrei – mit rechtlichen Folgen – um das Abschreiben sogenannter Zwangswandelanleihen von 16 Milliarden auf null.

Was bewirkte denn nun der geniale parteitaktische Schachzug von Badran? Die SP hat sich’s nochmal überlegt und will ums Verrecken keinem auch noch so vernünftigen Vorschlag zustimmen – wenn er den falschen Absender hat.

Selber ist aber weder Badran noch die SP auf eine intelligente Idee gekommen, wie man das «too big to fail»-Problem lösen könnte. Da geistern bloss Witzvorschläge herum wie der, die Postfinance zu einer Art schweizweiter Kantonalbank zu machen. Und in der Kommission wurden dann hektisch bloss Alibivorschläge verabschiedet. Duftmarke: Der Bundesrat solle in einem Bericht «regulatorische Handlungsoptionen für systemrelevante Banken» aufzuzeigen.

Also Pipifax nach der Devise: schön, haben wir drüber geredet. Was passiert nun eigentlich, nach Meinung der SP, wenn das Übermonster UBS, die weltweit mit Abstand grösste Bank im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt ihres Hauptstandorts, mal ins Straucheln gerät? Wenn dieser Riesendinosaurier umfällt und einen Riesenkrater, ungefähr so gross wie die Schweiz, hinterliesse?

Da hat die Schnellschwätzerin Badran wohl nur ein Gegenmittel zur Hand: hoffentlich passiert das nicht in meiner Amtszeit ...

Eigentlich unfassbar. Hier hätte es die reale Chance gegeben, auch von der SP seit Jahren erhobene Forderungen umzusetzen und die systemrelevanten Dinosaurierbanken auf ein verträgliches Mass gesundzuschrumpfen. Zudem hat die SP bislang keine sinnvollen eigenen Vorschläge anzubieten.

Also kann sich selbst Badran im ersten Anlauf der Sinnhaftigkeit des Vorschlags der SVP nicht entziehen und stimmt dafür. Nach scharfem Nachdenken kommt ihr dann in den Sinn: wäre super, aber Himmels willen, die Idee ist ja von der SVP. Vielleicht steckt da sogar der Gottseibeiuns aus Herrliberg dahinter. Nein, das geht natürlich nicht, muss abgewürgt werden.

Die Vermutung, dass Badran und Genossen dafür von der Bankenlobby geschmiert wurden, ist völlig abwegig und lachhaft. Das ist gar nicht nötig, die sind selbst und von alleine so blöd.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
«Die Ostschweiz» Archiv

«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.

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