Ein Thurgauer Comedian auf deutschen Bühnen: Timo Michels tritt bei der Sendung «Standup 3000» auf. Im Gespräch erzählt der Ostschweizer, was ihn mit Michael Mittermeier verbindet.
**Am schönen Bodensee geboren, arbeitest du mit vielen Zürchern beim Radio. Hand aufs Herz: Wie sehr musst du dich als Ostschweizer beweisen? **
Es hält sich tatsächlich in Grenzen. Der Sender hat ein grosses Einzugsgebiet, welches nicht nur die «Züridütsch-schnorrenden-Menschen» erreicht. Gefühlt arbeitet bei uns die halbe Schweiz - ausser die Romandie, die umgehen wir gekonnt. Wer will denn noch ausserhalb der damaligen obligatorischen Schulzeit französisch sprechen (lacht).
Nun bist du zum ersten Mal bei Standup 3000 dabei. Für einen Thurgauer eine ansehnliche Leistung – schliesslich wird die Sendung auch in Deutschland gezeigt. Schweizer schaffen es ja nicht oft so weit. Eine besondere Ehre für dich?
Ich war schon sehr überrascht, als die Anfrage der Produktionsfirma kam. Man fliegt ja nicht so oft zu seinen Comedy-Auftritten. Das Tolle am Ganzen ist: In Deutschland sind die Schweizer alle gleich, egal, ob Thurgauer oder Zürcher. CHHHH bleibt CHHHHH!
Viele sagen ja, dass sich der deutsche vom schweizerischen Humor unterscheidet. Wie nimmst du das wahr?
Meiner Meinung nach «geht» in Deutschland viel mehr. Die Deutschen sind irgendwie leichter zu erheitern. In der Schweiz ist das Publikum kritischer und beäugt alles ganz genau. Diese Tatsache ist an sich nicht schlecht – für dich als Künstler aber extrem schwierig. Denn Komik lebt schliesslich nicht von den Blicken, sondern von den Lachern.
Wo hast du das besonders gespürt?
Bei der Aufzeichnung von Standup3000 bin ich zusammen mit Michael Mittermeier in der Sendung. Als wir Schweizer den Auftritt auf Schweizerdeutsch vor dem deutschen Publikum absolvierten, meinte er backstage mit seinem bayrischen Dialekt zu mir: «Poah, des würd’ mich jetzt anscheissen, des is’ ja richtig hart. Meinst, die verstehen des?». Da ist der Thurgauer Dialekt wieder ganz nützlich – der ist näher am «Schwaben» als der Zürcher (lacht).
Ein Punkt für die Thurgauer. Passt du deine Witze und das Programm eigentlich an, je nachdem, wo du unterwegs bist?
Ich probiere schon, regionale Aspekte miteinzubeziehen. Manchmal wünschen auch die Veranstalter explizit etwas, was auf die Veranstaltung zugeschnitten ist. Was in Deutschland immer zieht, sind Jokes über Ostdeutsche, also beispielsweise Dresden. In der Schweiz klappen diese Momente immer gut mit dem eigenen Thurgauer- oder auch dem Appenzeller Dialekt.
Wie bist du privat – ebenfalls eine kleine Rampensau oder geniesst du es, mal nicht so viel reden zu müssen?
Privat liebe ich es lustig und heiter. Viele Dinge, welche auf der Bühne von mir gespielt oder in eine Standup-Nummer verpackt werden, habe ich tatsächlich erlebt. Ich höre aber auch gerne zu oder schaue mir andere Comedians an. Sowas finde ich immer extrem entspannend - denn selber zu lachen, bis die Tränen kommen, ist einfach das Beste! Und wenn bei einem Lied die Tränen kullern, realisiert man, dass wir auch in dieser oftmals harten Welt noch etwas fühlen.
Humor kann auch schnell in die falsche Richtung ausarten, wie in den Sozialen Medien zu sehen ist - wenn beispielsweise Comedians Witze über andere reissen. Darf sich Humor alles erlauben – oder ist bei dir auch mal Schluss?
Darüber wird häufig diskutiert und gestritten. Ich finde, die Witzigkeit darf nie vorbei sein. Witzigkeit ist für mich aber nicht gleich Humor. Da gibt es für mich klare Grenzen, welche andere Comedians im In- und Ausland teilweise überschreiten. Oftmals wird mit dem Leid anderer ein Pointen-Feuerwerk gezündet, das den Deckmantel «Humor» benutzt. Viele Comedians pushen sich selber damit, um mediale Aufmerksamkeit zu erlangen. Aber ist man als Bühnenmensch wirklich happy, wenn sich das Publikum nur noch an die inhaltlich schlechten Dinge der Performance erinnert? Es gibt nichts dagegen einzuwenden, «auf die Kacke zu hauen» - aber immer mit Stil und Charme.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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