Christian Hettkamp ist Schauspieler am Theater St.Gallen. Seit dem 13. März gilt für ihn Kurzarbeit, da alle Aufführungen und Proben abgeagt worden sind. Als festangestellter Kulturschaffender ist er in einer privilegierten Situation.
Herr Hettkamp, proben Sie noch?
Nein, da ich fest am Theater St.Gallen engagiert bin, und der laufende Betrieb seit dem 13. März eingestellt wurde, sind auch die Vorstellungen und Proben, in denen ich mitgewirke, auch eingestellt.
Eine Existenzbedrohung oder wurde Kurzarbeit für Sie beantragt?
Es ist eine Verunsicherung da, klar… Die hat sich dann ein wenig gelöst, denn es wurde tatsächlich Kurzarbeit, und Kurzarbeitentschädigung beim Amt für Wirtschaft und Arbeit beantragt. Somit hat die Situation für uns einzelnen Mitarbeiter wohl keine Auswirkungen, was ein Segen ist… Ich bin da sehr dankbar! Aber für die Kollegen, die freiberuflich unterwegs sind, schaut es ganz anders aus, denen muss dringend geholfen werden.
Was tun Sie jetzt mit der vielen Freizeit?
Ich versuche, das Ganze auch trotzdem positiv zu sehen und mache Dinge, die ein wenig liegengeblieben sind, wie: den Stapel Bücher lesen, der danach schreit gelesen zu werden, gehe joggen - natürlich alleine - und mache mein Workout, räume den Estrich auf und entdecke lustige Dinge, wie alte Theaterbilder und Tagebucheintragungen, die mich zum Schmunzeln bringen, und auch zum Staunen, was man so alles für Gedanken hatte… Dann habe ich mir die ganze Staffeln von «Game of Thrones» nochmal angeschaut. Na ja und Netflix ist dann doch ein wahrer Freund…(lacht). Mit meinen Freunden halte ich Face-Time-Gruppentelefonate ab, in denen wir uns mit einem Kaltgetränk zuprosten, und uns darüber lustig machen, dass wir alle zuwachsen. Und ich bin natürlich im virtuellen kontakt mit Familie und Freunden. Ansonsten kann ich ganz gut mit mir sein, komme Gott sei Dank gut klar mit mir…
Was vermissen Sie zurzeit am meisten?
Das ist schon der soziale Kontakt! Und das Proben am Theater ist einfach eine grosse Freude. Aber das kommt ja auch wieder und dann mit noch mehr Freude. Wir zeigen den Zuschauern dann schöne neue tolle Geschichten, denn die vermisse ich auch! Ich freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen! Meinen Kaffee in einem schönen Café in St.Gallen zu mir zu nehmen und die Zeitung zu lesen, das vermisse ich ebenfalls es sehr.
Und was nicht?
Die Hektik und den Stress.
Ihr persönlicher Tipp gegen Stubenkoller?
Auf alle Fälle mal - alleine - an die Luft gehen. Sich kleine Aufgaben stellen und die angehen! Oder mal wieder mit Leuten telefonieren oder schreiben, die man lange nicht gehört hat. Dies, weil der virtuelle-soziale Kontakt einen davon abhält, zu vereinsamen! Fast das Wichtigste, weil das ist was zählt, das Miteinander, denn das müssen wir mitnehmen, in die Zeit nach Corona…
Nach der Schauspielausbildung in Hamburg war Christian Hettkamp an der Kampnagel-Fabrik, am Altonaer Theater Hamburg, an der Landesbühne Niedersachsen, am Münchner Volkstheater sowie am Theater Regensburg engagiert. 2002 erhielt er den Bayerischen Theaterpreis, 2004 spielte er bei den Kreuzgang-Festspielen Feuchtwangen den Hamlet und im selben Jahr kam er ans Theater St.Gallen. Hier ist er nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Sprachcoach und Regisseur tätig. Ausserdem erteilt er Schauspielunterricht und bereitet Kandidaten auf die Aufnahmeprüfung an Schauspielschulen vor.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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