So, Pflicht erfüllt: Mit den Kids Connyland besucht, viel Geld liegen gelassen. Aber auch viel gelernt. Zürcher kommen hier ein bisschen runter vom Rössli.
Der gläubige Muslim muss einmal im Leben nach Mekka pilgern, die feurige Katholikin nach Rom. Aber wohin geht der Schweizer? Der Schweizer geht ins Connyland. Das Land der Seelöwen, der Zuckerwatte, der Achterbahn.
Wir sind dieses Jahr nicht ins Ausland gefahren. In Zürich zählen wir damit zur bescheuerten Minderheit, so haben es uns die Kinder erklärt.
Damit meine Nachkommen mir dereinst nicht ins offene Grab spucken, mache ich dafür schöne Tagesausflüge. Letzte Woche zum Beispiel ins Connyland.
Bei diesem Spasspark gibt es als Eltern eigentlich nur zwei Regeln. Erstens muss man immer Glacè kaufen, zweitens immer Zuckerwatte. Am Ende hat man zweihundert Franken ausgegeben.
Zuerst gingen wir in ein Zelt, in dem junge Menschen jonglierten. Die drei Artisten forderten uns immer wieder auf, ihnen zu applaudieren. Nach einer Stunde Klatschen kriegte ich Blasen an den Händen. Ich verstand auch nicht, warum ich bei allen Tricks in Ekstase geraten muss.
Ich schreibe doch auch nicht: Jetzt lachen! Jetzt vor Vergnügen auf die Schenkel klopfen! Und so toll waren die Kunststücke gar nicht. Schön war aber die Lüftung im Zelt. Draussen herrschten 34 Grad, drinnen war es angenehm. Nur das Klatschen nervte. Und die laute Musik.
Ich habe noch nie so viele Schweizer Familien gesehen wie an diesem heissen Tag. Viele Familien waren sehr dick. Ihnen muss die Hitze besonders zugesetzt haben. Sie liefen langsam. Ich sah eine Frau mit riesiger Oberweite. Da ist Samantha Fox nichts dagegen. Neben ihr lief der Mann, ebenfalls gefährlich dick. Auch das ist eine Art kulturelle Aneignung, dachte ich mir versöhnend. Die griechische Küche, die italienische und die amerikanische.
Warum erzähle ich das? Bestimmt nicht, um mich lustig über andere zu machen. Nein, das Connyland unterscheidet sich so schön von den Zürcher Attraktionen. Im Connyland laufen die Menschen so herum, wie H&M oder C&A sie erschaffen hat. Kein Schickimicki.
Normalerweise kann man bei solchen Menschenansammlungen immer wieder Ehestreitigkeiten belauschen. Die Frau zischt, der Mann schleift die Tochter am Boden entlang und der Junge schreit, dass Gläser zerschellen können. Ich liebe solche Szenen.
Connyland ist aber irgendwie Happyland. Das musste ich beim Autoscooter erfahren. Ich war der einzige, der kleine Mädchen mit brutalen Frontalcrash schockte. Alle anderen fuhren vorsichtig und versuchten Zusammenstösse zu vermeiden.
Ich habe nun meine Schweizer Pflicht erledigt. Connyland ist erledigt, jetzt kommt noch die zweite Schweizer Mekka-Pflicht: Swissminiatur.
Beni Frenkel (*1977) ist Journalist und Autor. Er lebt in Zürich.
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