Wie kein zweites Konsumgut eignet sich das Auto bestens, seinen eigenen Rang in der Gesellschaft zu demonstrieren.
Ich entstamme einer Generation, welche mit dem Automobil aufgewachsen ist. Wie eine andere Errungenschaft des 20. Jahrhunderts, das Fernsehen, war das Auto gewissermassen einfach schon da und wurde von den Eltern und uns Kindern als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens akzeptiert und schätzen gelernt.
Selbstverständlich gilt es auch die Kehrseite der Mobilität zu erwähnen:
Sich häufende Staus, Unfälle, Umweltverschmutzung, zunehmende Knappheit der fossilen Energie und damit verbunden, Umweltkatastrophen wie im Golf von Mexiko.
Wir Konsumenten sind an dieser Situation nicht unschuldig, sondern vielmehr aktiv mitbeteiligt. Durch unsere stetige Nachfrage nach Erdölprodukten wie Benzin beleben wir die Aktivitäten der Erdölunternehmen wie etwa BP.
Die erfolgreiche Suche und Förderung des schwarzen Goldes ist ohne Zweifel mit steigenden Risiken verbunden, an denen wir als Nachfrager auch partizipieren.
Gleichzeitig gilt aber auch: Die Ära der benzingetriebenen Autos neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Mit Hochdruck arbeiten weltweit die Ingenieure der grossen Automobilproduzenten an der Entwicklung sparsamer, leichter und vor allem elektrisch angetriebener Autos.
Diese Entwicklung wird das Autofahren, wie wir es bisher kannten, verändern: Nahezu lautlos werden wir uns von A nach B bewegen, mit der Zeit werden sich die Leistungen der Batterien erhöhen und damit eine grössere Reichweite erlauben. Die Fussgänger werden sich hüten müssen vor leise heranfahrenden Autos. Die Ohren der Anwohner von bisher lauten Strassen werden aufatmen, die Luftverschmutzung durch benzingetriebene Motoren wird sinken. Die Tankstellen werden schrittweise vom Benzinausschank zum Stromlieferanten umstellen müssen.
Das Automobil bietet uns zahlreiche Vorteile und Annehmlichkeiten. Wir können uns zu jeder Tages- und Nachtstunde von A nach B bewegen, sitzen im Trockenen, die Heizung entwickelt angenehme Wärme, die bisweilen garstige Witterung bleibt draussen. Blech, Glas und Gummi vermitteln vor allem zu später Stunde Sicherheit. Nicht ohne Grund flüchten Prominente, Sportler oder Politiker gerne ins Auto, um den aufdringlichen Medien zu entfliehen.
Für viele bedeutet das Auto jedoch weit mehr als ein Transportmittel: Es ist Ausdruck des persönlichen Lebensstils, der eigenen Persönlichkeit und des eigenen sozialen Status. Seit es Autos gibt sind die Leute bereit, viel Geld in die Ausstrahlung eines Autos der gehobenen Preisklasse zu investieren. Die Botschaft ist immer dieselbe: Man ist schliesslich jemand und vermag es, sich ein teures Auto zu leisten.
Wie kein zweites Konsumgut eignet sich das Auto bestens, seinen eigenen Rang in der Gesellschaft oder auch nur den Schein davon zu demonstrieren. Koste es, was es wolle, muss das Umfeld beeindruckt werden. Fehlt das nötige Kleingeld, ist es dem Auto überhaupt nicht anzusehen, dass es nicht gekauft, sondern geleast wurde und die Bank der wahre Eigentümer ist! Wenn die anderen auftrumpfen, gilt es, mitzuhalten – auch wenn man sich das geliebte Automobil am Mund absparen muss.
Ich höre von jungen Männern, die als Gruppe einen sehr teuren, pechschwarzen Audi leasen, weil einer allein dies nicht könnte.
Eine immer raffiniertere Werbung sorgt dafür, dass das Auto auch innerhalb der jungen Generation weiterhin attraktiv und begehrenswert bleibt. Ich höre von jungen Männern, die als Gruppe einen sehr teuren, pechschwarzen Audi leasen, weil einer allein dies nicht könnte. Am Wochenende gilt es dann, die jungen Damen zu beeindrucken. Schliesslich strahlt ein teures Auto immer auch finanzielle Möglichkeiten aus.
Die meisten Autobesitzer und Möchtegern-Besitzer scheinen nicht rechnen, nicht eiskalt kalkulieren zu können. Der automobile Auftritt ist teurer als sich die meisten träumen lassen. Aber es geht eben um Emotionen und jeder flüstert sich nur zu gerne zu, dass man schliesslich nur einmal lebe und sich ansonsten nichts gönne.
Zur happigen Leasinggebühr gesellen sich die Kosten für Treibstoff, Vollkasko-Versicherung, Wartung, Wagenwäsche usw. Im Durchschnitt reicht ein Franken für einen zurückgelegten Kilometer längst nicht mehr. Fazit: Das Aufschneiden, das Erzielen von Prestige war eben immer schon kostspielig.
Ivana Mijailovic (*1993) ist Schauspielstudentin und Model. Sie lebt in Männedorf (ZH).
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.