Markus Ritter
SP-Bundesrat Alain Berset gerät aufgrund neuster Medienberichte in Bedrängnis. Wir haben bei Mitte-Nationalrat Markus Ritter und SVP-Nationalrätin Verena Herzog um eine Einschätzung der Lage gebeten. Und die sieht nicht rosig aus für den amtierenden Bundesrat.
Die Luft wird für Bundesrat Berset von Woche zu Woche dünner. Neuste Enthüllungen setzen ihn noch stärker unter Druck. Dass sich die bürgerlichen Parteien aktuell so ruhig verhalten, hat womöglich einen unschönen, wenn auch nachvollziehbaren Grund. Wir haben darüber berichtet.
Es gilt die Unschuldsvermutung. Sollte Alain Berset aber von dem Informationsaustausch zwischen seinem Departement und Ringier gewusst haben, wie schwerwiegend wäre dieses Vergehen?
Verena Herzog: Sollte BR Berset tatsächlich davon gewusst haben, was ich mir kaum vorstellen kann, dann müsste er sich bei der Schweizer Bevölkerung und im Bundesratskollegium entschuldigen und sofort zurücktreten. Das Vertrauen in den Staat darf nicht noch mehr demoliert werden. Hat er nichts davon gewusst, liegen seine Führungsfähigkeiten im Argen und sind eines Bundesrats unwürdig.
Markus Ritter: Auf politischer Ebene ist es die Aufgabe der Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte den Sachverhalt zu klären. Dies gilt auch für die Frage, ob und in welchem Ausmass Bundespräsident Alain Berset von einer möglichen Amtsgeheimnisverletzung gewusst hat. Auf Grund des Berichtes der GPK kann eingeschätzt werden, ob weitere Untersuchungsmassnahmen auf politischer Ebene notwendig sind. Auf Grund der Berichte kann die Rolle von Bundespräsident Alain Berset in diesem Zusammenhang beurteilt werden.
Markus Ritter
Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zum aktuellen Stand?
Verena Herzog: Der aktuelle Stand ist noch so unklar, dass noch viel Arbeit von der Geschäftsprüfungskommission, der Geschäftsprüfungsdelegation und den eingesetzten ausserordentlichen Staatsanwälten zu bewältigen ist. Die seriöse Presse würde besser schweigen bis handfeste Resultate vorliegen. Mutmassungen und das Thema «köchelen» hilft niemandem, schon gar nicht der Vertrauenswürdigkeit des Staates.
Markus Ritter: Strafrechtlich ist das Parlament nicht zuständig. Politisch liegt die Aufsichtspflicht aber beim Parlament bzw. bei den beiden Geschäftsprüfungskommissionen. Meine Informationen stammen bisher nur aus den Medien. Der Inhalt der Berichterstattung rechtfertigt aber, dass das Parlament seine Aufsichtspflicht wahrnimmt.
Verena Herzog
Es gibt Politiker, die Berset auch bei einem allfälligen klaren Verstoss im Amt belassen möchten, um die SP bei den Gesamterneuerungswahlen im Herbst zu schwächen. Legitim?
Verena Herzog: Dieses Thema schadet der SP ohnehin und man sollte nicht um der Wählerzahl Willen eine Einzelperson «zu Kreuze» tragen.
Markus Ritter: Bundespräsident Alain Berset ist bis Ende 2023 für den Bundesrat gewählt. Am 13. Dezember 2023 wählt das Parlament den Bundesrat für die Amtsdauer 2024 bis 2027. Bundespräsident Alain Berset entscheidet, ob er sich der Wiederwahl stellt und wann er zurück tritt.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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