Es war nicht besonders überraschend, aber immerhin deutlich: Der Verlag Ringier peitscht seine redaktionellen Truppen zur Staatshörigkeit. Das sollte ein deutliches Zeichen für den 13. Februar 2022 sein: Wollen wir die PR-Maschinerie des Bundes mit Steuergelder alimentieren?
Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Der «Nebelspalter», «Die Ostschweiz» und eine Reihe kleinerer Medien machten zur Jahreswende darauf aufmerksam, dass sich das, was vielen klar, aber nie deutlich dokumentiert war, nun belegen lässt: Ringier, einer der führenden Verlage in der Schweiz und weltweit mit Presseerzeugnissen vertreten, unterstützt den Staat in der Coronasituation nicht zufällig, sondern ganz offiziell per Beschluss der Chefetage. Es gab Anweisungen an die Redaktionen, die Beschlüsse des Bundesrates nicht zu kritisieren, sondern zu vertreten. Das zeigt ein internes Video, in dem Ringier-CEO Marc Walder diese Linie offen ausspricht. Verbunden mit der Bitte, seine Aussage nicht nach aussen zu tragen.
Das war übrigens nicht besonders geschickt: Wer in einer kleinen Runde explizit dazu auffordert, etwas nicht weiterzusagen, der ruft regelrecht dazu auf, genau das zu tun.
Erstaunlich: Für einmal haben sogar Medien über den ohnehin schon kritischen Kreis hinaus die Meldung verbreitet, beispielsweise «20 Minuten». Eine Zeitung, die in Sachen Corona höchstens marginal kritischer ist als Ringier, aber immerhin: Die TX Group, Herausgeberin der Gratiszeitung, schien es wohl als eine gute Gelegenheit zu sehen, dem direkten Gegner eins auszuwischen.
Wobei «20 Minuten» auch noch einen obligaten Experten einführt, der auf eine Studie aufmerksam macht, die zeigen soll, dass sich die Medien in den letzten zwei Jahren durchaus kritisch verhielten. Das Papier ist der Beleg dafür, dass wissenschaftliche Auswertungen manchmal nichts mit der erlebten Realität zu tun haben. Zu behaupten, wir hätten in dieser Zeit eine diverse Medienlandschaft gehabt, die den Gewalten kritisch auf die Finger schaute, ist ziemlich abenteuerlich, wenn man die Dauerbeschallung mit offiziellen Zahlen, Behauptungen und Prognosen anschaut.
Das alles ist ein Stück Vergangenheitsbewältigung, die aber für die Gegenwart beziehungsweise die nahe Zukunft relevant ist. Zeitungen, die sich ganz offiziell der Unterstützung des Bundesrats und seiner Ämter verschrieben haben, sollen von eben diesem Staat durch das neue Mediengesetz sehr viel Geld erhalten. Dieses Wechselspiel ist so direkt und offensichtlich, dass es niemand übersehen kann. Die These, dass die zahnlose Coronaberichterstattung auch mit der Hoffnung auf Subventionen zu tun hat, war immer ziemlich naheliegend, nun ist sie sehr direkt protokolliert. Volkes Mund war schon immer schlauer als Studien von Wissenschaftlern, und dort heisst es: Man beisst nicht die Hand, die einen füttert.
Der besagte Experte von «20 Minuten» versucht allerdings, die Sache zu drehen. Die Tatsache, dass der Journalist Philipp Gut, der das Video mit Marc Walder öffentlich machte, an vorderster Front gegen die Mediensubventionen kämpft, deute darauf hin, dass es sich bei der Story um «Abstimmungspropaganda» handeln könnte. Eine eigentümliche Auslegung. Die Frage muss sein: Stimmt es, was da steht und zu sehen und zu hören ist? Angesichts des Videoausschnitts mit Originalaussagen steht das ausser Frage. Wer die Quelle des «Leaks» ist, ist nebensächlich, die Fakten sprechen Bände. Dass Gut Interesse daran hat, dass das Enthüllte nach aussen dringt, ist keine Frage, nur ist das nebensächlich. Es ändert nichts an der Deutlichkeit des Videos und den Aussagen, die darin fallen.
Die Mediensubventionen, die am 13. Februar 2022 zur Abstimmung stehen, sind das Feuerzeug, das eine ausgelegte Lunte zum Brennen bringt. Die bereits jetzt offensichtliche Nähe der vierten Gewalt zum Staat würde zementiert, indem die finanzielle Abhängigkeit der Medien perfekt wäre.
Die entscheidende Frage ist: Geniessen die Zeitungen, die von diesem Geld profitieren wollen, unsere Glaubwürdigkeit? Trauen wir es ihnen zu, dass sie im Sinn der Bürgerinnen und Bürger, der Steuerzahler, arbeiten? Dass sie die Wahrheit suchen und nicht etwa eine bestimmte Linie durchpressen wollen? Die Antwort ist nun zumindest in einem konkreten Fall klar: Das ist nicht der Plan. Stattdessen gibt es bei Ringier eine Direktive an die Redaktionen, die zweite Gewalt, die Exekutive, zu unterstützen, und zwar grundsätzlich und nicht, weil sie richtig liegt. Es scheint Walder und Co. nicht zu interessieren, ob das, was beschlossen wird, Sinn macht, es wird einfach verbreitet. Dies vorbei an der ersten Gewalt, dem Volk. Diese soll dafür bezahlen, dass es danach im Zweifelsfall auch mal angelogen wird, wenn es «nötig» sein sollte – weil die Exekutive das gern so hätte.
Es ist ein «no brainer», wie der Engländer gerne sagt. Subventionen für Medien, damit diese danach die Kommunikationsaufgabe des Staates übernehmen: Niemand kann das wollen.
Transparenz: «Die Ostschweiz» unterstützt als Verlag und in der Person mehrerer Verantwortlicher das Referendum gegen das Mediengesetz aktiv.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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