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Gastkommentar

Der Ringier-Skandal wird immer mehr zur Staatsaffäre

Wie wird Bundesrätin Simonetta Sommaruga nach dem Ringier-Skandal am 21. Januar in der «Arena» dem Volk erklären, weshalb die Schweiz den Verlegern Milliarden zuschaufeln soll? – Ein Gastkommentar von Bruno Hug.

Bruno Hug am 05. Januar 2022

Im Bild: Ausriss aus dem Magazin «Interview» von Ringier mit dem Gespräch zwischen Bundesrat Alain Berset und dem Musiker Stefan Eicher.

Das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien», das am 13. Februar zur Abstimmung kommt, wird seit dem neuesten Ringier-Skandal doppelt fragwürdig. Man weiss heute, dass Konzernchef Marc Walder seinen Redaktionen in Sachen Corona weltweit Regierungstreue aufzwang.

Walder sagte im Februar 2021 in einer Videokonferenz gegenüber der Schweizerischen Management-Gesellschaft: «Wir haben in allen Ländern, wo wir tätig sind, […] auf meine Initiative hin, gesagt: Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die (Corona-) Krise kommen.»

Journalistischer Irrweg

Dazu schrieb die NZZ am 3. Januar 2022: «Die Vorstellung, aus Corona ein Spezialthema zu machen, bei dem die journalistischen Prinzipien nicht gelten, ist ein Irrweg». Und der Tages-Anzeiger kommentierte am 4. Januar: Ringiers journalistisches Verständnis sei «Gift für die Demokratie» und untergrabe die Glaubwürdigkeit der Medien.

Das ist definitiv so, denn Walders Aussagen belegen, dass sein Haus zumindest bei Corona – und wo sonst noch? – faktisch keinen Journalismus macht, sondern das Sprachrohr von Bundesbern ist.

Woher bekam Ringier 150'000 Masken?

Genauso bedenklich ist, wie der Ringier-CEO seine journalistische «Bankrotterklärung» (NZZ) als Corona-Musterknabe schönreden wollte. Er führte aus: «Wir haben jedem unserer 3'000 Mitarbeiter eine Schachtel mit Masken geschenkt, als diese noch Mangelware waren.»

Da fragt man sich: Woher bekam Ringier 150'000 Masken, als diese «Mangelware waren»? Etwa von seinem Freund Alain Berset? Also von jenem Mann, den Ringier mit dessen Fremdgeher-Affäre bis zum Geht-nicht-mehr schützte und den er kürzlich in seinem neuen Heft «Interview» – inmitten einer gesellschaftlichen Krise – faktisch als Hampelmann in Pyjama-artigem Anzug mit Fasnachtshütlein auftreten liess? Bei so viel Kumpanei, bei der ein Magistrat für seinen Freund auch noch seine Amtswürde versenkt, wird einem schlecht.

Aus Journalisten werden Marionetten

In der NZZ verkündete der Ringier-Chef, der mit dem von ihm gelenkten Milliarden-Konzern nach Bundes-Subventionen lechzt und gleichzeitig jährlich rund 100 Millionen Gewinn macht, weiter: «In unserem Code of Conduct (übersetzt: Verhaltenskodex) steht klar, dass die Redaktionen erstens die Hoheit über die Berichterstattung haben und zweitens auch die publizistische Verantwortung dafür tragen.»

Das sind Fake-News, die durch das beschriebene Video als solche belegt sind: Wer seinen Journalisten diktiert, wie sie zu schreiben haben, entmündigt sie. Ringiers Redaktionen haben eben gerade nicht die «Hoheit» über ihre Arbeit. Chef Walder hat diese und macht seine Angestellten damit zu Marionetten.

Unerträgliche Komplizenschaft

Die Verbrüderung von Staat und Medien ist bedenklich, und, ja, «Gift für die Demokratie». Im Internet greifen sich die Menschen an den Kopf. Leserinnen und Leser fühlen sich betrogen. Und all jene, die den Medien nicht mehr trauen, fühlen sich darin bestätigt.

Ich setze mich seit Jahren gegen das unsägliche, diskriminierende und Steuergeld verschwendende Mediengesetz ein, über das am 13. Februar abgestimmt wird. Die Medien mit Steuergeld noch näher an den Staat zu binden, beschädigt unsere Demokratie. Und Millionäre, Milliardäre und Aktionäre zu subventionieren, ist tief befremdend.

Der Weg zur Staatsaffäre

Politiker, Parlamentarier und Verleger, die nach dem Ringier-Skandal immer noch für das «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» weibeln, werden Unverständnis ernten. Man darf also gespannt darauf sein, wie Medienministerin Simonetta Sommaruga es am 21. Januar in der «Arena» argumentiert, weshalb die Steuerzahler steinreichen Medienkonzernen und begüterten Verlegern jedes Jahr Millionen zuschieben sollen.

Noch schlimmer wird alles, wenn man weiss, dass die Hunderten von Subventions-Millionen nicht den Kleinverlagen, sondern zu rund 70 Prozent den Grossverlegern des Landes zufliessen würden. (Siehe Artikel Faktencheck Frau Bundesrätin)

Die Ringier-Skandal wird – inklusive Bersets Pyjama-Auftritt in Walders farbigen Illustrierten – immer mehr auch zur Staatsaffäre.

Bruno Hug ist Mitglied des Komitees www.medien-massnahmenpaket-nein.ch, Präsident des Verbandes Schweizer Online-Medien und Verleger des Online-Verbundes Portal24.

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Autor/in
Bruno Hug

Bruno Hug ist Verleger von linth24.ch und Präsident Verband Schweizer Online-Medien (VSOM). Er wohnt in Rapperswil-Jona.

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