Weihnachten ist das Fest der Geschenke, der Lichter. Das Fest der Familie. Naja, nicht wirklich.
Solange man dem Fest mit Kinderaugen entgegenstrahlt, sind sicher die Geschenke ein Hauptgrund für die vorweihnachtliche Freude. So lange findet nämlich auch eine selbstgebastelte Karte mit Hörnli drauf noch Anklang als Präsent an Eltern und Gottis. Wenn man dann mit zunehmendem Alter selbst in den alljährlichen Geschenkestress kommt, verschwindet ein Teil der Magie. Herauszufinden, was die Liebsten sich wünschen, oder was zu mindestens ein Glücksgefühl auslösen könnte, ist noch schwieriger, als die Lichterkette zu entwirren. Geschenke, sind oft stressig und daher wohl nicht der Grund.
Die genannte Lichterkette wäre vor einigen Jahrhunderten der Anlass zum Fest gewesen – heute auch nicht mehr. Damals sollte das Licht helfen, den Winter zu überstehen. Doch, obwohl Lichter auch in den heutigen Traditionen und Dekorationen omnipräsent sind, so stehen sie doch nicht im Zentrum, und auch das Jesuskind in seiner Krippe rutscht vermehrt aus dem Scheinwerferlicht.
Und die Familie? Da leider nicht jede:r ein warmes Verhältnis zu seiner Verwandtschaft pflegt, freuen sich auch nicht alle über das «Fest der Familie». Daher ist sie wohl auch nicht der unumstrittene Grund zur Feier, doch sie hat noch am meisten Potenzial. Denn Familie definiert sich heutzutage immer weniger über Blut und mehr über Zusammenhalt.
Doch vielleicht gibt es ihn auch einfach nicht mehr, den einen Grund. Das Fest wurde zur Routine, eben zur Tradition. Damit es mit der Zeit mitgehen konnte, musste es sich verändern und das immer wieder, auch in der Zukunft. Für jede:n einzelne:n von uns kann sich der Grund jährlich anpassen und muss nie derselbe sein. Da waren es die Geschenke, hier die Freude am Kitsch und dort vielleicht das Verlangen nach dem Gefühl einer heilen Welt. Das Einzige, was der Grund jährlich miteinbeziehen sollte, ist die Überlegung «Wieso mache ich das mit?» und dass man neben dem Geschenkestress trotzdem wieder etwas Magie und Freude findet – auch wenn es bedeutet, das vierte Jahr in Folge Polarexpress zu schauen.
Johanna Lichtensteiger (*2002) stammt aus dem Kanton Thurgau. Nach der Kantonsschule legt sie aktuell ein Zwischenjahr ein, um Arbeitserfahrung zu sammeln.
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