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Karin Keller-Sutter zur Abstimmungsfrage

Die Frage der Transparenz: Ein kleiner Makel einer perfekten Kandidatin?

Als Ständerätin wurde die Politik von Karin Keller-Sutter selten kritisiert. Nicht überall auf Anklang stiess ihre Haltung, als es um mehr Transparenz im Ständerat ging. Sie war gegen die völlige Offenlegung des Abstimmungsverhaltens.

Stefan Millius am 10. Oktober 2018

«Diese Ständeräte sollte man sich merken - und bei nächster Gelegenheit abwählen». Das schrieb der Weltwoche-Journalist Alex Baur im November 2012. Es folgte eine lange Liste von Namen, die mehr als die Hälfte des Ständerats umfasste.

Was war geschehen? Die aufgelisteten Ständeräte hatten sich vor sechs Jahren gegen die Offenlegung ihres Stimmverhaltens bei Abstimmungen gewehrt. Mit Erfolg. Das sei ein Votum «auf das Recht der Politiker, die Wähler ungestraft anlügen zu dürfen und dabei noch gedeckt zu werden», schrieb Baur sichtlich erzürnt.

Tatsächlich ist der Ständerat in gewisser Weise eine demokratische Dunkelkammer. Thema war das immer wieder, aber vor allem in Zusammenhang mit Pannen. Bis 2014 stimmten die Ständeräte noch per Handmehr ab, und mehr als einmal überforderte das die Stimmenzähler. 

Dann wurde die elektronische Abstimmung eingeführt. Damit wäre es ein Leichtes gewesen, volle Transparenz zu schaffen bei allen Abstimmungen. Und prompt kam 2017 ein weiterer Vorstoss in diese Richtung.

Aber wieder wehrte sich der Ständerat erfolgreich dagegen. Namenslisten gibt es deshalb weiterhin nur in bestimmten Fällen, nämlich bei Gesamtabstimmungen, Schlussabstimmungen und Abstimmungen mit qualifiziertem Mehr. Ebenfalls öffentlich gemacht werden muss das Stimmverhalten, wenn mindestens zehn Mitglieder das fordern.

Die Bilanz daraus: Bürgerinnen und Bürger haben damit nach wie vor keinen vollständigen Aufschluss über das Stimmverhalten «ihrer Ständeräte» bei allen Abstimmungen.

Karin Keller-Sutter kämpfte nach 2012 auch dieses Mal an vorderster Front gegen die völlige Offenlegung. Ihr Argument als Mitglied des Ratsbüros: Anhand von Namenslisten könnten «die Gründe für das Abstimmungsverhalten nicht nachvollzogen werden.» Und es seien wohl vor allem die Medien, die sich solche Listen wünschen, um Rankings zu erstellen, nicht das Volk.

Zudem verhindere man mit der aktuellen Lösung erfolgreich, dass die Parteien bei den Politiker eine «Parteidisziplin einfordern.» Man wolle sich diesbezüglich nicht dem Nationalrat annähern, wo sich Parteien gegenüber stehen. Mit anderen Worten: Es ist besser, wenn die Parteien nicht nachschauen können, was ihre Ständeräte so tun.

Nachdem das Ganze 2012 noch einigen Wirbel auslöste, blieb es 2014 relativ still, und heute scheint die Frage niemanden mehr zu beschäftigen. Eine Kritik an der Person von Karin Keller-Sutter lässt sich daraus ohnehin schwerlich zimmern. Denn allein war die St.Galler Ständerätin damit nicht: Die parlamentarische Initiative der Staatspolitischen Kommission wurde mit einer einzigen Gegenstimme abgelehnt. Der Ständerat wollte in seiner grossen Mehrheit ganz einfach nicht - und KKS mit ihm.

Seit der Verkündigung der Bundesrats-Ambitionen hat sich Alex Baur auf Twitter übrigens noch nicht dazu geäussert, ob er Keller-Sutter nach sechs Jahren verziehen hat und nun ihre Kandidatur gutheisst.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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