Ich hasse 'to do'-Listen. Obwohl ich laufend selber solche schreibe. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass wir auch in unserem Gartenbuch und in diesem Gartenbrief schon solche Texte verbrochen haben: Arbeiten im Januar, Arbeiten im August etc. Schande über uns!
Der Garten ist keine Arbeitsbeschaffungsmassnahme – oder sollte mit Vorteil nicht als solche oder zumindest nicht nur als solche wahrgenommen werden. Viel wichtiger und definitiv weiterführender wären dagegen 'not to do'-Listen, Selbstermahnungen, was man eigentlich nicht tun sollte. Genau darum geht es in diesem Editorial.
Was man im Gartensommer nicht tun sollte…
• Den grünen Abfallkübel füllen, die grüne Abfalltonne und wie sie sonst noch in unseren ordentlichen Ländern heissen mag: Ich sehe mit ungläubigem Erstaunen, wie viele Gärtnerinnen und Gärtner (in dieser Reihenfolge) ihren wöchentlichen Ehrgeiz darin erfüllt sehen, die Abfalltonne möglichst noch kurz vor dem Abholtermin zu füllen, natürlich inklusive Pressen und Stampfen. Mehr gibt mehr. Es darf ja nicht leer sein, wofür ich zahle. Diesem falschen Ehrgeiz fallen dann zur Not auch leicht abstehende Äste und noch nicht ganz verblühte Stauden zum Opfer. Es könnte ja sein, dass ich in zwei Wochen zu wenig Platz habe… Denken Sie bitte daran, dass auch verblühte Stauden schön aussehen können und dass auch leicht abstehende Äste (sie erst recht) Sonnenlicht in Pflanzenenergie umwandeln können. Und ein leicht mit Un- und Beikraut bedeckter Garten-Boden ist nicht grundsätzlich des Teufels…
• Den Rasen düngen: Zähneknirschend gebe ich zu, dass ich belehrt wurde, dass man den Rasen, wenn er denn schön sein soll (soll er das?) 2 bis 3x im Jahr düngen sollte. Aber der Hochsommer ist nun wirklich die denkbar ungünstigste Zeit dafür – das gilt übrigens auch für noch so biologischen und xmal zertifizierten Rasendünger, der den grünen Gartenersatz (denn das ist der Rasen) grün halten soll. Nebenbei: Die beste Methode, auch ohne Rasendünger einen fast perfekten Rasen zu pflegen, ist der Mähroboter. Dank seinem permanenten Mähwerk bleibt alles Material vor Ort, im Rasen, eine Art grünes Perpetuum mobile. Oder umgekehrt gesagt: Dank dem Rasenroboter wird kein organisches Material und damit auch kein Nährstoff abgeführt, der dann wieder künstlich ersetzt werden muss.
• Den Rasen ansehen: Die allerbeste Methode, um den sommerlichen Frieden mit dem Rasen zu finden, besteht darin, ihn gar nicht zu beachten… Er ist gar nicht so wichtig! Er ist am schönsten, wenn man ihm keine ungebührliche Aufmerksamkeit schenkt. Er ist verlorene Liebesmüh. Und auch die Gundelreben hier und da im langweiligen Grassalat können den Rasenagnostiker oder die Rasenstoikerin nicht aus der Ruhe bringen. Was, Sie glauben mir nicht? Probieren Sie es einfach aus und probieren Sie den aufrechten Gartengang, den Blick auf die Sträucher und Bäume, sogar auf den Himmel gerichtet. Genau, der Himmel, gesehen von bequemem Gartenstuhl ist der perfekte Rasenersatz!
• Giessen: Warum ist es bei Gärtnern und Gärtnerinnen (ja, in diesem Falle ganz bewusst in dieser Reihenfolge) nur so wahnsinnig beliebt, zur frühen Morgenstunde oder spätabends stolz mit dem Schlauch der Morgensonne oder dem Sonnenuntergang die Show zu stehlen. Den Stolz verstehe ich natürlich: Die Gartenfreunde und Gartenfreundinnen haben gelernt, dass man mit Vorteil nicht in der Mittagshitze den Pflanzendurst löscht. Aber das alles muss weitgehend nicht sein. Giessen im Sommer ist wirklich nur nach wochenlanger Trockenheit notwendig: Seit dem Frühling haben die Pflanzen unzählige Saugwurzeln gebildet und sind auch in unvorstellbare Tiefen und Weiten eingedrungen. Giessen hält Pflanzen nur von ihrer eigenen Arbeit ab. Also: Nicht selber arbeiten, sondern die Pflanzen arbeiten lassen.
• Sich über kleine Blattschäden und einzelne Läuse aufregen: Der Frühling, der Pflanzenstart ist vorbei, räumt jetzt bitte auch Eure Gartensorgen weg! Was wächst, das wächst und ist schon weitgehend gewachsen. Pflanzen, Pflanzenkrankheiten und auch tierische Gartenbewohner und Insekten sind nicht per definitionem Deine Feinde. Für dieses fast schon biblische Gärtnern (die andere Wange hinhalten) sollte man sich immer daran erinnern, dass eine Pflanze in der Regel in der Lage ist, bis zu 30 oder 40% der Blattfläche (der Blattflächenverluste) locker mit intensiverer Energieproduktion auf restliche Fläche zu kompensieren.
• Grosse Zucchini ernten: ich weiss, jetzt werde ich etwas kleinlich und detailversessen. Aber mehr bedeutet auch im Nutzgarten nicht immer mehr. Ernten Sie die Zucchini jung und frisch und nicht alt und gross. Natürlich misst sich der Gartenstolz in auch in Kilogramm – aber man muss dann ja die Riesendinger auch gerne essen…. Und das ist bei den mördergrossen Zucchinigranaten nur ganz selten eine Freude.
• Laub rechen und (noch schlimmer!) Laub blasen: Natürlich (das Wort kommt übrigens von 'Natur'…) fällt schon jetzt hier und da ein beschattetes, überwachsenes Blatt zu Boden, nach einem Sommersturm liegen Astteile gleichmässig im Garten verstreut. Aber muss wirklich jedes Blatt mit dem Laubbläser weggeblasen werden? Und könnte der Rechen nicht auch mal seine wohlverdiente Sommerruhe geniessen? Sauberkeit im Garten ist – mit Verlaub gesagt – eine Tugend, die sich leicht in ihr Gegenteil umkehren kann.
• Nicht pflanzen: Das ist jetzt ganz schwierig, weil ich zum Ende hin und aus verkaufstechnischen Gründen natürlich die Perspektive ändere. Zu meiner Entlastung muss ich sagen, dass die doppelte Verneinung von unserem Betriebsleiter Robert stammt, und der ist nun mal Bayer: net nix pflanzen, oder so ähnlich. Auf gut Deutsch will Robert uns allen also folgenden Ratschlag geben: Bitte im Sommer nicht nicht pflanzen. Endlich also ist eine zentrale Gartenarbeit auch im Sommer erlaubt: Natürlich darf und soll man auch im Hochsommer pflanzen. Und dann – Gipfel aller Gärtnerfreuden! – zu Beginn sogar noch etwas giessen. Im warmen Sommerboden fühlen sich die Wurzen gleich pudelwohl und gehen auf ihre abenteuerliche Erkundungsfahrt, auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen. Der überirdische Sommerstress ist für die Pflanzen eben nicht nur eine Bürde, sondern ein natürlicher Antrieb. Eine im Hochsommer gepflanzte Pflanze steht bereits im nächsten Jahr so selbstbewusst im Garten, als hätte sie ihn immer schon bewohnt.
Also pflanzt, Leute! Oder wie sich Robert übersetzt ins Hochdeutsche ausdrücken würde: Im Sommer ist es unglaublich wichtig, nicht nichts zu pflanzen, damit der Gärtner nicht zu sehr dem Müssiggang frönen muss und am Ende noch von der Gartenleere (ist das nicht ein anderes Wort für Rasen?) aufgefressen wird…
Das wollen wir natürlich nicht.
Pflanzt weiter.
Herzliche Grüsse
Markus Kobelt
Markus Kobelt ist Gründer und zusammen mit seiner Frau Magda Kobelt Besitzer von Lubera.
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