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Hoffnungsträgerinnen und -träger im Gespräch

«Die Gender-Diskussion bringt mich auf die Palme»

Welche Kräfte werden die verschiedenen Parteien der Region schon bald prägen? In einzelnen Interviews stellen wir die Hoffnungsträgerinnen und -träger vor. Heute: Michèle Strähl-Obrist (*1980), FDP-Politikerin aus Weinfelden.

Marcel Baumgartner am 02. August 2022
  • Zivilstand: verheiratet / zwei Kinder

  • Ausbildung/Beruf: lic. iur., LL.M. Tax, selbständige Rechtsanwältin

  • Partei und Funktion: Kantonsrätin TG (FDP), Mitglied Stadtparlament Weinfelden, Präsidentin FDP Weinfelden

  • In der Partei seit: 2005

  • Hobbies: Zeit mit meiner Familie und meiner Hündin verbringen, Skifahren, Krimis lesen

Hatten Sie schon immer eine Nähe zu der Partei, in der sie heute aktiv sind? Oder standen Sie dereinst auf einer anderen Seite?

Während meiner jugendlichen Selbstfindungsphase wankte ich zwischen ganz links und ziemlich rechts. Wobei ich die linken Positionen wohl weitgehend deshalb vertrat, um die Diskussionen am Familientisch mit meinem Vater, welcher der SVP angehörte, zu befeuern.

Gab es einen bestimmten Auslöser, der bei Ihnen das Interesse für die Politik geweckt hat? Was war die Motivation, sich in einer Partei zu engagieren?

Das rechtswissenschaftliche Studium, insbesondere die Vorlesungen im Staatsrecht, verstärkten mein Interesse an der Politik. Es wurde mir bewusst, wie wichtig die verschiedenen Parteien für das Funktionieren unseres Staatssystems sind. Dies wird leider zunehmend verkannt. So habe ich mich entschieden, dass ich mich nach Abschluss des Studiums und der Rückkehr in den Thurgau einer Partei anschliessen werde. Nach erfolgter Evaluierung war für mich klar, dass die liberalen Positionen der FDP am besten auf mich passen.

Wenn Sie Ihre Partei mit einer Schulnote bewerten müssten, wie würde die Benotung ausfallen?

5,5. Mir geht es wohl wie vielen: Ich kann mich zwar mit vielen, aber nicht mit sämtlichen Parteipositionen identifizieren.

Was benötigt es, damit diese Bewertung dereinst noch besser ausfällt?

Die zunehmende Regulierungsdichte müsste noch mehr bekämpft und die Bürokratie konsequent abgebaut werden.

Was sind Ihre persönlich wichtigsten Kernanliegen? Wofür möchten Sie sich einsetzen?

Ein wichtiges Kernanliegen ist die Verhinderung der Überregulierung und der Abbau der Bürokratie, damit sich sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft eigenverantwortlich entfalten kann. Ebenso wichtig sind mir aber die Einhaltung der rechtsstaatlichen Prinzipien, wobei die Pandemie gezeigt hat, dass dies nicht mehr selbstverständlich ist. Und schliesslich bin ich überzeugt, dass der Gesellschaftsfrieden nur aufrechterhalten werden kann, wenn auch ein sozialer Ausgleich zu Gunsten der Schwächeren erfolgt.

Welche politischen Ambitionen haben Sie? In welcher Funktion würden Sie dereinst gerne aktiv sein?

Meine Ämter, sei dies das Kantonsratsmandat oder mein Amt als Stadtparlamentarierin, machen mir grosse Freude. Es wäre natürlich schön, wenn ich meine politische Leidenschaft einst auf Bundesebene ausüben könnte.

Kommt es vor – ob im politischen Umfeld oder auch privat –, dass Sie eine extreme Position einnehmen, weil Sie Freude an der Debatte haben?

Als Rechtsanwältin ist es mein Beruf, auch extreme Positionen zu vertreten, welche nicht immer den eigenen Positionen entsprechen. Hierzu braucht es die Freude an der Debatte, andernfalls man kaum erfolgreich sein kann.

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie merken, dass Sie falsch liegen?

Ich bin belehrbar und lasse mich von Argumenten auch gerne überzeugen, sofern sie besser als die eigenen sind.

Stichwort «Diversität»: Gibt es einen Film, den Sie mögen, obwohl er bei dieser Thematik gegen einige Grundsätze verstösst?

Wenn ich Filme schaue, dann sind das Krimis oder Dokumentarfilme. Bei Spielfilmen kann ich leider nicht mitreden.

Möchten Sie eine neue Bekanntschaft in erster Linie von Ihren Qualitäten oder von Ihrer politischen Stossrichtung überzeugen?

Mir liegt es fern, in meinem privaten Umfeld zu politisieren oder meine Freunde und Bekannten von meinen politischen Ansichten zu überzeugen. Bei Freundschaften und Bekanntschaften zählt für mich einzig die Persönlichkeit, völlig unabhängig der Parteifarbe.

Gibt es in der jüngsten Vergangenheit der Schweiz einen politischen Meilenstein, der Ihnen so gar nicht in den Kram passt?

Die Gender-Diskussion, insbesondere was die Sprache mit ihren Sternchen, Punkten und Strichen anbelangt, bringt mich auf die Palme. Diese Diskussion bringt uns meines Erachtens in der effektiven Thematik der Gleichstellung keinen Schritt weiter.

Welche drei Punkte stehen aktuell ganz oben auf Ihrer politischen Pendenzenliste?

Derzeit beschäftigt mich auf kantonaler Ebene die Einführung einer Hundeleinenpflicht im Wald samt der entsprechenden Strafbestimmung, welche einmal mehr einer Überregulierung gleichkommt. Eine weitere Thematik sind die hohen jährlichen Überschüsse der Gemeinden und des Kantons, welche in der Politik Gelüste wecken und in nicht wirklich notwendigen Staatsausgaben enden. Und schliesslich steht im Kanton Thurgau die Änderung des Polizeigesetzes an, welches der Polizei weitreichendere Kompetenzen einräumen soll. Die vorgeschlagenen Änderungen widersprechen meines Erachtens teilweise dem Bundesrecht, was im Rahmen der politischen Arbeit zu korrigieren ist.

Und welche drei Punkte stehen auf der privaten Liste?

Die Ferienplanung ist leider immer am Schluss meiner Pendenzenliste. Und schliesslich wäre es schön, wenn ich die Zeit finden würde, um wieder einmal unseren Haushalt «auszumisten».

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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