«Für eine Welt, in der es keinen Hunger mehr gibt und in der selbst die ärmsten Menschen ein gesundes, würdiges und selbstbestimmtes Leben führen können.» Das ist das hehre Ziel von Swissaid. Schöne Worte, schöner Schein.
Die Hilfsorganisation mit Sitz in Bern gibt jedes Jahr rund 20 Millionen Franken aus, um diese Ziele zu erreichen. Ein Viertel davon stammt vom Bund, also vom Schweizer Steuerzahler. Dreiviertel werden als Spenden eingeworben.
Aber leider steht vor der Hilfe für die Ärmsten und Hungernden bei Swissaid die Selbsthilfe. Also die Hilfe für sich selbst. Denn alleine im Hauptquartier in Bern werkeln rund 50 Angestellte an der Verbesserung der Welt. Sie denken dabei allerdings erst einmal an sich selbst. So verdiente die vierköpfige Geschäftsleitung im Jahr 2021 rund 575'000 Franken. Spesen, Reisen und weitere Kleinigkeiten nicht inbegriffen.
Für die Löhne der weltweit über 200 Angestellten, für Administration. Fundraising und allgemeinen Werbeaufwand gehen schon mal 8 Millionen Franken drauf. Da bleiben dann noch 12 Millionen für die 9 «Projekte» überall auf der Welt. Allerdings gehen davon nochmals rund ein Drittel für die Löhne der lokalen Mitarbeiter weg.
Kann man wenigstens sagen, dass die Tätigkeit von Swissaid, soweit sie sich nicht mit sich selbst beschäftigt, segensreiche Auswirkungen hat? Insgesamt gebe es jährlich weltweit rund 350'000 «Begünstigte», dazu kämen noch 100'000 Menschen dazu, die mit «Nothilfeprojekten» unterstützt würden. Das bedeutet: pro Geholfenem sind das gerade mal 45 Franken. Ob damit ein gewichtiger Beitrag für ein würdiges und selbstbestimmtes Leben geleistet wird?
Noch mehr Fragezeichen poppen auf, wenn man sich die Einsatzgebiete anschaut. Da wäre mal der Tschad, wo Swissaid seit 1965 tätig ist. In 6 «Projekten» werden 1,6 Millionen Franken verpulvert, Pardon, investiert. Dennoch war, ist und bleibt der Tschad eines der ärmsten und korruptesten Länder der Welt, auf allen entsprechenden Statistiken auf den allerletzten Plätzen anzutreffen.
Schlimmer noch: als Swissaid es 2017 wagte, mal einen kritischen Bericht über die korrupte Herrschaftsclique des Tschad und ihre Verbandelungen mit internationalen Firmen bei der Ausbeutung der Ölreserven zu veröffentlichen, krebste die Hilfsorganisation eilig zurück. Das Regime hatte seine Muskeln spielen lassen und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es solche Kritik überhaupt nicht nett fände. Um dann die lokalen Mitarbeiter zu «schützen», wurde der Report eilig geschönt, weichgespült und abgeschwächt.
Wie sagte der damalige Präsident von Swissaid so heuchlerisch: «Von Zensur würde ich nicht reden. Für mich ist die Darstellung des Tschad als eines der korruptesten Länder etwas einseitig. Das deckt sich nicht mit meinen Beobachtungen. Es gibt Länder, die viel rücksichtsloser mit ihrer Bevölkerung umgehen.» Dass Transparency International das entschieden anders sieht und Tschad als das korrupteste Land der Welt bezeichnet, was interessiert das Swissaid.
Ein zweiter bedenklicher Fall ist Nicaragua. Offenbar hat Swissaid eine Vorliebe für ärmste, korrupte Staaten, die von einer Herrschaftsclique ausgebeutet werden, der das Schicksal der eigenen Bevölkerung völlig egal ist. Hier ist Swissaid seit 1981 tätig, also kurz nach der sandinistischen Revolution, die unzählige Revolutionstouristen aus Europa und auch der Schweiz anzog, die dort Kaffee pflückten und überhaupt ihre Solidarität zum Ausdruck brachten.
Jährlich eine Million Franken lässt Swissaid nach Nicaragua fliessen. Das Land wird seit Jahren vom degenerierten, korrupten ehemaligen Revolutionär Daniel Ortega diktatorisch regiert, wobei ihm seine durchgeknallte Gattin als Vizepräsidentin und eine mitprofitierende Gefolgschaft hilft. Proteste lässt Ortega brutal zusammenschiessen. Deshalb haben die meisten NGOs, selbst der Vatikan das zweitärmste Land der Region (nach Haiti) längst verlassen. Nicht so Swissaid. Sie will Kleinbauern in agrarökologischen Anbaumethoden unterrichten. Als ob die nicht ein paar viel wichtigere Probleme hätten.
Zum schönen Schein gehört auch, dass Swissaid behauptet, so schlank wie möglich aufgestellt zu sein, die Länderverantwortlichen würden jährlich ein Mal, höchstens zweimal von der Schweiz aus das Einsatzgebiet besuchen. Der Chauffeur an der Karibikküste Kolumbiens erzählt so nebenbei anderes. Er sei mit Swissaid gut im Geschäft, alleine in den ersten Monaten dieses Jahres hätte er vier verschiedene Besucher aus der Schweiz herumgefahren. Die hätten so sinnvolle Dinge gemacht wie eine Hutfabrik besuchen oder Strandhotels.
Aber es geht auch umgekehrt. Die kolumbianische Länderverantwortliche Walquiria Perez gebietet normalerweise in Bogotá im mehrstöckigen Swissaid-Bürogebäude über ein rundes Dutzend Mitarbeiter. Zurzeit ist sie aber in der Schweiz, um hier ausgewählten Schulklassen vorzuschwärmen, was für sinnvolle Dinge Swissaid in Kolumbien so tue. So hatte eine Klasse im Schulhaus Neuwiesen über 4000 Franken für Swissaid gesammelt, womit sie sich einen Besuch von Perez verdient hatte: «In einem der Dörfer konnten wir dank eurem Einsatz eine ökologische Vanilleplantage aufbauen.»
Dass Swissaid in Kolumbien allerdings sehr viel Geld für Dinge wie eine «Ausbildungswerkstatt der Netzwerke zur Prävention und Aufdeckung von Gewalt» ausgibt, wo die Teilnehmer fit gegen «neue Maskulinitäten» gemacht werden und man sich am Schluss im Ringelreihen an den Händen hält, im Kreis um einen Tisch mit Kerzen, um sich gegenseitig Kraft zu geben, das hat sie sicher nicht erzählt. Dabei gibt das nicht Kraft, sondern man schwitzt ungemein in der karibischen Hitze, nachdem ein Psychologe und eine Kursleiterin einen langen Tag gewirkt und unterwiesen haben.
So ist Swissaid auch in der Schweiz rührig in der Selbstvermarktung. Weniger aktiv ist allerdings der Co-Präsident Fabian Molina. Der SP-Nationalrat überlegt sich gerade in seinen Sommerferien, ob er als Bundesrat kandidieren will. Daneben kümmert er sich um den Weltfrieden, die Abschaffung der NATO, den Kosovo und nimmt auch schon mal im Schwarzen Block an einer unbewilligten Demonstration teil. Da ging es schliesslich darum, dass «Zürich stabil Nazifrei» bleiben solle.
Wohltönende Worte, fragwürdige Hilfsprojekte, Hilfe in erster Linie als Selbsthilfe im wahrsten Sinne des Wortes, Reisetourismus, ein leicht abgehobener Präsident, der sich um die ganze Welt, nur nicht um seine Stiftung kümmert: während die Eidgenossenschaft doch den einen oder anderen Grund hat, sich zu feiern, ist bei Swissaid keiner zu erkennen.
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