Veganer werden von anderen belächelt. Nach wie vor halten sich viele Vorurteile rund um den Veganismus. Die Romanshorner Unternehmerin Manuela Frei hat «the sage» ins Leben gerufen und will zwar nachhaltig leben – dabei aber auch möglichst gesund, wie sie im Interview erklärt.
Manuela Frei, Sie sind vor einigen Jahren auf die vegane Lebensweise umgestiegen. Wie haben Sie zuvor gelebt?
In Bezug auf die Ernährung habe ich mich wohl typisch schweizerisch ernährt. Also viele Milchprodukte, Eier und auch Fleisch gegessen. Auch wenn ich nie ein grosser Fleischesser war, gehörte es fast täglich dazu. Ansonsten habe ich einfach nicht wirklich darauf geachtet, welchen Einfluss mein Konsum auf die Umwelt und mich selbst hatte. Ich war also alles andere als achtsam.
Wann kam Ihnen die Idee, den Online-Handel «the sage» ins Leben zu rufen?
Die Idee kam irgendwann zwischen 2018 und 2019, als ich immer wieder Mühe hatte, nachhaltige und gleichzeitig vegane Produkte zu finden. Ich verbrachte einige Stunden an Recherche für die banalsten Alltagsprodukte. Irgendwann kam mir der Gedanke, dass das auch anderen so ergehen muss. Da es also keinen Ort für mich gab, wo ich bequem einkaufen konnte und der meinen persönlichen Kriterien entsprach, musste ich es wohl selbst in die Hand nehmen (lacht).
Wie ist das Geschäft seither angelaufen?
Gestartet bin ich im März 2019 mit nur 10 bis 15 Produkten. Die ersten Bestellungen kamen aber relativ bald. Seitdem sind die Nachfragen sowie mein Sortiment stark gewachsen und umfasst nun über 200 Produkte.
Wie leben Sie jetzt? Salopp gefragt: Trifft man Sie nie in einer Migros oder Coop an?
Aber natürlich! Es ist ein grosser Irrtum, dass Menschen, die Zero Waste anstreben, komplett nachhaltig und plastikfrei leben. Mir persönlich geht es darum, möglichst nachhaltig zu sein, aber dabei auch gesund leben zu können. Sprich: Unverpackte Produkte sind nicht immer oder nur sehr begrenzt zugänglich. Es geht für mich einfach darum, das umzusetzen, was für einen selbst möglich ist. Zero Waste ist ein langer Prozess, der nicht von heute auf morgen geschieht. Noch gute Produkte wegzuschmeissen, auch wenn sie aus Plastik sind, entspricht nicht dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Beim Veganismus ist es so, dass es im Coop oder Migros mittlerweile sehr viele und auch gute Alternativen für fast alles gibt. Es ist heute also sehr einfach, vegan zu leben.
Sie haben es anfangs angesprochen: Die vegane Lebensweise braucht unter anderem viel Zeit. Einige steigen deshalb wieder um, weil es ihnen zu mühsam ist, alle Inhaltsstoffe zu überprüfen.
Anfangs braucht es Zeit, das ist so. Aber es ist wie bei allen Umstellungen: Hat man die neuen Abläufe und Produkte erstmal in seinen Alltag integriert und seine neuen Lieblingsprodukte gefunden, geht es ganz leicht. Oder wer muss schon lange seine Lieblings-Chips im Laden suchen? (lacht) Zudem tragen heute viele vegane Lebensmittel das V-Label, da genügt ein kurzer Blick.
Von Bambuszahnbürsten über Zungenreiniger aus Kupfer bis hin zu natürlichen Deos: Das Sortiment ist sehr umfangreich. Welche Produkte sind dabei die beliebtesten?
Das ist bunt gemischt. Aber ganz oben dabei sind Haushaltsprodukte wie Sprühflaschen oder Silikonbeutel. Aber auch die Rasierhobel und Kaugummis sind sehr beliebt.
Die Produkte können – aus logischen Gründen – nicht mit den Discounter-Preisen mithalten. Auf die Dauer könnte also die vegane Lebensweise teuer werden.
Wer vegan, nachhaltig und bewusst lebt, der lebt nicht zwangsläufig teuer. Viele der Produkte in meinem Shop erscheinen erstmals eher teuer. Rechnet man es aber auf den Zeitraum der Verwendung hoch, kommt man oft sogar günstiger. Gute Beispiele dafür sind die Wasserflaschen oder Rasierhobel. Wer Wasser aus dem Hahn trinkt und keine Plastikflaschen kauft, lebt günstiger. Der Rasierhobel ist teurer als handelsübliche Rasierer, jedoch kosten die Klingen nur einen Bruchteil. Ich persönlich spüre den Konkurrenzkampf also nicht so. Für mich geht es immer um bewussten Konsum; Wer bewusst konsumiert und auf Qualität setzt, lebt normalerweise automatisch günstiger als Schnäppchenjäger.
Oftmals denkt man sich als Kunde, man kauft etwas «Gutes», um hinterher zu erfahren, dass eben doch Tierversuche oder ähnliches mit dabei waren. Wie umgehen Sie solche «Fallen»?
Alle Produkte sind entweder von einem offiziellen Vegan-Label zertifiziert oder entsprechen den festgelegten Richtlinien, welche man jederzeit auf der Website nachlesen kann. Bevor ich ein neues Produkt in den Shop aufnehme, frage ich diese Punkte bei den Herstellern nach und hinterfrage kritisch.
Was denken Sie: Wird der bewusste Umgang mit Lebensmitteln und Produkten künftig mehr zunehmen?
Ja. Dass wir nachhaltiger und sorgsamer mit unserer Umwelt umgehen müssen, ist unumgänglich. Das wird mittlerweile auch immer mehr Menschen bewusst.
Welche Ziele verfolgen Sie in der nächsten Zeit mit «the sage»?
Gerne möchte ich ein Lager einrichten, wo Kunden aus der Umgebung ihre Pakete abholen und gebrauchtes Verpackungsmaterial retournieren können. Dies spart den Versandweg und weitere Ressourcen.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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