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Gastkommentar

Die neue Welt mit Corona

Überall wird geschrieben und diskutiert, dass sich die Welt aufgrund der Corona-Krise verändert hat und weiter verändern wird. Doch wie sieht diese neue Welt aus? Ein Gastkommentar des St.Galler Unternehmers Josip Sunic.

Josip Sunic am 18. Juni 2020

Die Realität, die nun herrscht, wird von den Massenmedien in deren Berichterstattung verschwiegen. Zu Beginn der Krise hat der Bundesrat verkündet, dass drastische Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus unabdingbar sind. Ebenso hat er souverän und zuversichtlich das Versprechen abgegeben, dass er das Volk und die Wirtschaft dabei unterstützen wird, die direkten und indirekten Schäden, welche durch die angeordneten Massnahmen entstehen, unbeschadet zu überstehen.

Fakt ist, dass wirtschaftliche Schäden nicht nur durch das Coronavirus, sondern durch die Massnahmen des Bundesrates entstanden sind. Ob diese gerechtfertigt, ungerechtfertigt, übertrieben oder willkürlich waren - darum geht es hier nicht. Auch nicht darum, was ein Menschenleben den Staat und in letzter Instanz den Steuerzahler kosten darf.

Zinslose Kredite für alle Unternehmen. Kurzarbeitsentschädigung für alle, auch jene, die sonst keinen Anspruch darauf haben. Der Bundesrat liess sich über Monate hinweg medial feiern, weil schnell und konsequent Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft präsentiert wurden. Für die unbürokratische Umsetzung derselben wurden zusätzlich mediale Medaillen und Trophäen an Behörden und Banken verteilt.

Die Realität sieht aber anders aus. Die zinslosen Kredite sind nur im ersten Jahr zinslos, danach müssen die Unternehmen Zinsen bezahlen. Wie hoch diese ausfallen werden, ist noch offen. Die Unternehmen waren gezwungen, sich zu verschulden, um vom Staat angeordnete Erwerbsausfälle zu stopfen. Nicht mit Einnahmen, sondern mit Schulden, auf die Zinsen bezahlt werden müssen. Die Dunkelziffer von Unternehmen, die im willkürlichen Auswahlverfahren keine Kredite erhalten haben, ist haarsträubend.

Ich persönlich kenne mehrere dutzend Unternehmer, die trotz Erfüllung sämtlicher Kriterien einen negativen Entscheid erhalten haben. Unter anderem, weil sie noch nie zuvor einen Kredit hatten und die Bank deshalb die Zahlungsmoral nicht kennt. Ebenso wächst täglich die Anzahl der Unternehmen, die nun strafrechtlich verfolgt werden, weil sie zum Beispiel den Umsatz nicht umsatzsteuerbereinigt deklariert haben und sich somit höhere, umsatzabhängige Kredite «erschlichen» haben sollen. Die Banken können zudem eine vorzeitige Amortisierung verlangen, auch wenn der Bund mit einer Laufzeit von 5 Jahren wirbt. Wenn der Bund anschliessend noch von Bürgschaften zurücktritt, sitzen die Banken auf faulen Blankokrediten, die umgehend fällig werden. Der Konkurs aufgrund einer Überschuldung, sobald die nächste Revision ansteht, ist da nur noch ein Tropfen auf dem heissen Stein.

Unzählige Gesuche für Kurzarbeitsentschädigungen wurden abgelehnt. Diese Zahlen werden nicht publiziert. Allen Betroffenen steht der übliche Rechtsweg offen, der Monate oder Jahre in Anspruch nimmt und mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Am 20. Mai wurde zudem die Kurzarbeitsentschädigung für Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung in nahezu heimlicher Manier gestrichen. Ob dieser Entscheid wieder aufgehoben wird, steht erst im Herbst zur politischen Debatte.

Am Ende der Wertschöpfungskette steht der Arbeiter, der 80% von seinem üblichen Lohn erhält und folglich 20% Kosten einsparen muss, bei unverändert hohen Lebenshaltungskosten. Auch dieser verschuldet sich, um zu überleben. Sei dies durch die Aufnahme von Krediten oder dem Nichtbegleichen von Rechnungen.

Die neue Welt mit Corona gespicktem Szenario wird so aussehen, dass uns die Realität, vor der man nach wie vor die Augen verschliesst, wohl oder übel einholen wird. Der wirtschaftliche Schaden beträgt bereits jetzt mindestens 10% des BIP, was über 70 Milliarden Schweizer Franken entspricht. Langfristig wird der finanzielle Schaden das Doppelte bis Dreifache betragen. Inflation und Wertverluste von Investitionsgütern nicht eingerechnet. Gelder, die Unternehmen für die Bezahlung von Löhnen fehlen, was nicht nur die Unternehmen, sondern auch deren Mitarbeiter zu Leidtragenden macht. Diese werden daraufhin entlassen, damit die Unternehmen Zinsen bezahlen und Darlehen amortisieren können. Unternehmen und Privatpersonen mit Reserven mussten diese anzapfen, um Erwerbsausfälle auszugleichen und werden folglich weniger investieren, was sich wiederum direkt auf die Wirtschaft auswirkt.

Unternehmer, allem voran jene mit Einzelfirmen, und auch Arbeiter werden gezwungen sein, ihre privaten Immobilien zu liquidieren, entweder freiwillig, um Löcher zu stopfen oder unfreiwillig, weil die Tragbarkeit nicht mehr gegeben ist. Die Finanzkrise 2008 lässt grüssen. War das die grossartige Lösung des Bundesrates und seiner Chefbeamten? Operation gelungen, Patient gestorben…

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Autor/in
Josip Sunic

Josip Sunic (*1990) ist Gründer des Schweizer PC-Herstellers Prime Computer AG sowie des Startups AppArranger AG, einer Buchungsplattform für Dienstleistungen. Daneben ist er Mitglied des Expertenkomitees von Startfeld, dem Ostschweizer Förderverein für Startups.

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