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Szenarien der Zukunft

Die Physiotherapie für Zuhause

Mit künstlicher Intelligenz Menschen therapieren – wie greifbar ist dieses Szenario wirklich? Wird die Technik richtig angewandt, könnte sie für viele eine Entlastung bedeuten.

Manuela Bruhin am 13. Dezember 2021

Wer schon einmal eine Physiotherapie machen musste, der weiss: Es ist zeitaufwendig. Häufig mehrmals die Woche müssen die verschiedenen Übungen durchgeführt werden, damit sich der Erfolg einstellt. Ein Physiotherapeut vor Ort gibt die entsprechende Hilfestellung. Wie zeitgemäss ist aber eine solche Therapie vor Ort noch? Schliesslich hat die Coronakrise verdeutlicht, dass mit der entsprechenden Anleitung vieles in den eigenen vier Wänden möglich ist.

Könnte man also mit künstlicher Intelligenz die Menschen therapieren? Dieser Frage ist Guido Schuster, Direktor des ICAI (Interdisciplinary Center for Artificial Intelligence), auf den Grund gegangen. Was bisher futuristisch tönt, könnte in einigen Jahren durchaus Wirklichkeit werden. «Die bisherigen Auswertungen zeigen, dass es machbar ist», sagt er.

Guido Schuster hat selber einige Physiotherapien hinter sich – und weiss, dass sich bei den Übungen häufig Fehler einschleichen, die schliesslich verhindern, dass sich der Erfolg einstellt. «Man kann es sich wie im Fitnessbereich vorstellen: Da sorgt ein Personaltrainer dafür, dass jede Übung optimal durchgeführt wird», so Schuster weiter.

Mit Hilfe diverser Kameras werden die Bewegungen der Patienten erfasst und mit dem Datensatz der korrekt ausgeführten Übungen verglichen. Über den Monitor erhält der Patient schliesslich eine Rückmeldung. Ein grüner Balken gibt an, dass die Haltung korrekt ist. Blinkt es rot, war man beispielsweise nicht zu tief in der Hocke. So kann die Übung selbstständig, ohne Fachperson, durchgeführt werden. «Auch für ältere Menschen wäre die Technik ein Vorteil», fasst es Schuster zusammen. «Denn die Verbesserungen würden sich dadurch recht schnell einstellen.»

Die grosse Herausforderung bei der Umsetzung bestand insbesondere darin, die dreidimensionale Struktur richtig zu erkennen und auszuwerten. Denn die Statur eines jeden Menschen unterscheide sich – das mit den Kameras richtig erfassen zu können, sei nicht ganz einfach. Doch das Ergebnis sei vielversprechend. «Das Potenzial in diesem Bereich ist sehr gross. Können die Leute die Übungen richtig durchführen, hätte das zur Folge, dass weniger weiterführende Behandlungen oder gar Operationen gebraucht werden.» Nun folgen diverse klinische Studien. Für Schuster ist aber bereits jetzt klar, dass es «extrem wahrscheinlich» ist, dass in weniger als zehn Jahren solche Methoden der künstlichen Intelligenz für die Physiotherapie angewendet werden können.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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