«Kommen Sie nicht nach Rapperswil-Jona»: Das ist die Aufforderung der St.Galler Kantonspolizei für kommenden Samstag. Vermutlich läuft das unter Gewaltprävention, obschon Gewalt bei Coronakundgebungen bisher nie ein Thema war.
Keine Bewilligung für eine Kundgebung: Diesen Entscheid fällte der Stadtrat von Rapperswil-Jona kürzlich. Mit derselben Begründung wie zuvor Altdorf und Schaffhausen: Man gab freimütig zu, dass man die an sich auch aktuell explizit erlaubten politischen Kundgebungen wohl nicht im Griff haben werde, weil zu viel Menschen teilnehmen werden. Was an sich ja schon eine Aussage ist.
Die Kantonspolizei St.Gallen geht – sicherlich völlig berechtigt – davon aus, dass sich kundgebungswillige Menschen von einer fehlenden Bewilligung nicht abhalten lassen und dennoch am Samstag nach Rapperswil-Jona pilgern werden. Deshalb «appelliert» sie nun an die Menschen und fordert sie in einer Mitteilung auf, nicht nach Rapperswil-Jona zu kommen und weist sie darauf hin, «dass Kundgebungsteilnehmende mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen.»
Das ist an sich schon juristisches Glatteis. Auf welcher Grundlage will man Leute strafrechtlich verfolgen, die sich in einer Stadt aufhalten, in der zufällig auch gerade eine Kundgebung stattfindet, in die man rein zufällig gerät? Aber wie sehr die Polizei in diesem Land am Rechtsstaat hängt, ist bereits an den massenhaften Wegweisungen mit Maximaldauer in der Stadt St.Gallen ersichtlich geworden.
Man müsse «mit Personen- und Fahrzeugkontrollen» rechnen, schreibt die Kantonspolizei. Als ob das die Leute, die seit 14 Monaten an der Verhältnismässigkeit der Coronapolitik zweifeln, abschrecken könnte. Bussen, Verzeigungen, Weigweisungen: Das ganze Paket wird angedroht. Aber auch hier: Wen mag es noch beeindrucken? Das beste Argument der Kantonspolizei sind vermutlich die befürchteten «Verkehrsbehinderungen» an diesem Tag. Aber die herrschen in Rapperswil-Jona im Grunde ständig. Und schliesslich fahren auch Züge.
Vollends ironisch wird es, wenn die Polizei an die «Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger» appelliert. Die Teilnahme an einer Kundgebung gegen die Coronamassnahmen ist ja gerade ein Teil der Eigenverantwortung von Bürgern. Ein Einsatz gegen die Unverhältnismässigkeit, gegen Kollateralschäden durch die Massnahmen. Zu behaupten, man nehme mehr Verantwortung wahr, wenn man nicht nach Rapperswil-Jona fährt, ist ziemlich abenteuerlich.
Der Verein «Stiller Protest», der die nicht bewilligte Kundgebung beantragt hatte, spricht davon, dass «der Souverän entmachtet und die Grundrechte sowie die politische Freiheit mit Füssen getreten» werden. Bis heute gebe es keinen Nachweis darüber, dass es im Freien zu einer Gefährdung oder gar Ansteckungen durch Covid-19 kommt. Und weiter: «Es wäre ein grundlegendes Recht jedes Schweizer und jeder Schweizerin, sich anlässlich einer Kundgebung über die Gefahren des Covid-19 und des PMT-Gesetztes zu informieren.»
Dieser Stellungnahme vorausgegangen war ein Gespräch mit den zuständigen Behörden in Rapperswil-Jona, das ergebnislos verlief. Es blieb beim Verbot einer Kundgebung. Nun bemüht sich der Verein um ein Verschiebedatum, nur: Die offizielle Begründung der Stadtbehörden hat kein Ablaufdatum. Man kann immer mit dem angeblichen Schutz der Sicherheit und der Gesundheit argumentieren. Selbst ohne echte Argumente.
Was empfiehlt «Stiller Protest» bezüglich Samstag? Man appelliere «an die Vernunft und die Eigenverantwortung jedes Menschen», heisst es.
Was man so oder so lesen kann.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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