Neue Kundengelder und das florierende Wertschriftengeschäft beflügeln die Thurgauer Raiffeisenbanken: Das bessere Halbjahresergebnis widerspiegelt die Neupositionierung der 14 Genossenschaften als Universalbanken. Sie betreiben mit 41 Standorten nach wie vor das dichteste Filialnetz im Kanton.
Reto Inauen, Verbandspräsident der Thurgauer Raiffeisenbanken, erläuterte das Halbjahresergebnis sämtlicher Genossenschaften mit einem deutlich höheren Geschäftserfolg von über 41 Millionen Franken und einer ebenfalls gestiegenen Bilanzsumme von fast 16.5 Milliarden Franken. An der Halbjahresmedienkonferenz am Freitag, 13. August 2021, sagte Inauen, dass alle Kennzahlen gestei-gert wurden. Den Durchführungsort in der Raiffeisenbank in Bischofszell begründete er mit der Fusion der Raiffeisenbank Zihlschlacht-Muolen-Bischofszell und der Raiffeisenbank Amriswil-Dozwil-Sommeri zur Raiffeisenbank Amriswil Bischofszell. Dies habe zu einer Verschlankung der Organi¬sation und einer effizienteren Ausschöpfung der Potenziale geführt, hingegen zu keiner Veränderung im Geschäftsstellennetz, betonte Inauen und gratulierte den beiden Raiffeisenbanken zur erfolgreichen Fusion.
Vermögensverwaltung ausgebaut
Der eigentliche Treiber des besseren Ergebnisses sei der Kommissionserfolg aus dem Wertschriftengeschäft, sagte Inauen. Die Vermögensverwaltung entwickle sich bei den Thurgauer Raiffeisenbanken kontinuierlich hin zu einem immer wichtigeren Ertragsfaktor: «Der Erfolg aus dem Wertschriften- und Handelsgeschäft macht mittlerweile fast 20 Prozent des Geschäftserfolgs aus.» Deutlich zugenommen hätten die verwalteten Vermögenswerte, die in den Depots der Thurgauer Raiffeisenbanken liegen, worin Inauen noch Potenzial sieht: «Die Anzahl Depots ist im ersten Halbjahr sprunghaft auf erstmals über 25‘000 gestiegen, und die verwalteten Depotvolumen sind um fast 14 Prozent gewachsen. Die Thurgauer Raiffeisenbanken dürfen rund 2.5 Milliarden Franken Kundenvermögen in Depots verwalten.»
Wenige Wertberichtigungen
Inauen freute sich, dass die Thurgauer Raiffeisenbanken in der Pandemiezeit ihre Stellung als verlässliche Partner der Wirtschaft festigen konnten. «Trotz riesigen Verwerfungen hat die Thurgauer Wirtschaft auch das erste Halbjahr gut gemeistert. Unsere Wertberichtigungen, die traditionell sehr tief sind, betreffen auch in dieser herausfordernden Zeit nur Einzelfälle und bewegen sich in einem vertretbaren Rahmen.» Der Solidaritätsgedanke der genossenschaftlich organisierten Raiffeisen-banken sei und bleibe gerade in der jetzigen Zeit besonders wichtig.
Herausforderndes Zinsgeschäft
Die Kundengelder sind laut Inauen nochmals deutlich gestiegen, und zwar stärker als die Kundenausleihungen. Die Hypothekarforderungen bildeten nach wie vor das wichtigste Kerngeschäft. Die Erträge aus dem Zinsgeschäft seien dank dem Wachstum trotz Tiefzinsumfeld und der tieferen Margen praktisch unverändert geblieben. Das Aufwand-Ertragsverhältnis habe konstant auf ungefähr 50 Prozent gehalten werden können, was im Branchenvergleich ein überdurchschnittlich guter Wert sei und von einer weiterhin grossen Kostendisziplin bei den Thurgauer Raiffeisenbanken zeuge.
Verbesserte Vermögenssituation im Thurgau
Matthias Geissbühler, leitender Anlagespezialist von Raiffeisen Schweiz, erläuterte die Entwicklung der Wirtschaft und der Börsen, des Immobilienmarktes und der Vermögen der Thurgauerinnen und Thurgauer. Er betonte, dass den Thurgauer Raiffeisenbanken der Wandel von Hypothekar- zu Universalbanken besonders gut gelinge. Nach einer kurzen, aber heftigen Rezession habe eine starke Erholung eingesetzt. «Aus Anlegersicht hat die Krise überraschend wenig Spuren hinterlassen», sagte Geissbühler. Auch der Immobilienmarkt habe sich sehr robust gezeigt: «Im Kanton Thurgau verteuerten sich Einfamilienhäuser 2020 um ein Prozent, während die Preise für Eigentumswohnungen um 5.3 Prozent gestiegen sind. In beiden Segmenten wurden in der Krise somit neue Höchststände erreicht.» Diese Preisentwicklung habe sich auch in diesem Jahr fortgesetzt. «Die Vermögenssituation der Thurgauerinnen und Thurgauer hat sich also – trotz Corona-Krise – unter dem Strich weiter verbessert. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pandemie nachhaltige Spuren hinterlassen hat», gab Geissbühler zu bedenken. Er rechne mit höherer Staatsverschuldung, weniger Potenzialwachstum und moderateren Renditen auf den Finanzmärkten, die mehr Schwankungen unterliegen dürften.
Zum Bild: Freuen sich, dass der Thurgau insgesamt auf Erholungskurs ist: Reto Inauen, Thurgauer Raiffeisen-Verbandspräsident, und Matthias Geissbühler, leitender Anlagespezialist von Raiffeisen Schweiz.
Roman Salzmann ist Inhaber und Geschäftsführer der salcom.biz in Bischofszell. Zuvor war er unter anderem Wirtschaftsredaktor und Kommunikationsleiter eines Konzerns. Heute betreut er für verschiedene Ostschweizer Unternehmen die Kommunikationsarbeit.
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