Ein Witz, aber ein schlechter. Medien rufen nach Hilfe, weil die Pandemie die Inserate weiter einbrechen liess.
Die wenigen überlebenden Medienhäuser in der Schweiz krähen nach Staatshilfe. Der Markt der Tageszeitungen ist, mit Ausnahme NZZ, fest in der Hand von CH Media und Tamedia. Den «Blick» kann man kaum mehr ernst nehmen. Und dann gibt es natürlich «Die Ostschweiz».
Das ist kein unberechtigtes Eigenlob, aber zurück zum Anfang. Seit Jahren schrumpft der Anzeigenmarkt, online lassen sich die meisten Medien von Google und Facebook die Einnahmen wegschnappen. Und durch die Pandemie ist das Inseratevolumen zusätzlich und drastisch geschrumpft.
Ihr Hilferufe begründen die Medien damit, dass sie als sogenannte vierte Gewalt staatstragende Aufgaben hätten, die Demokratie am Laufen hielten, mit kritischer Berichterstattung Politiker und Behörden begleiten würden.
Hört sich gut an, ist aber leider nur Geschwätz. Denn auch in dieser Pandemie haben die grossen Medien krachend versagt. Kritische Berichterstattung, Aufklärung über gravierende Mängel, Plattform für Auseinandersetzungen verschiedener Meinungen? Nichts davon haben sie eingelöst. Stattdessen gab es eine geradezu nordkoreanische Jubelarie.
Der Bundesrat? Eine Versammlung von führungsstarken Helden. Gesundheitsminister Alain Berset: «der richtige Mann am richtigen Ort», schleimte das Schweizer Fernsehen. BAG-Sprecher Daniel Koch? «Mr. Corona», ein Riesentyp, geradezu Kult. Erst in jüngster Zeit, als es darum geht, wer wo und warum seinen Neustart schneller beginnen kann, machen sich die Medien zu Sprachrohren von Lobbygruppen und kritisieren die Landesregierung.
Vorher war es erbärmlich, was sie leisteten. Sie machten sich zum willfährigen Organ, zum Ausführungsgehilfen von Bundesrat und Bundesamt für Gesundheit. Amtliche Staatswissenschaftler wie Marcel Salathé dominierten und personifizierten die Meinung der Wissenschaft.
Ausnahmen, das unterscheidet uns immerhin von Nordkorea, bestätigen die Regel. Sonst aber: Hofberichterstattung wie im Mittelalter. Verzicht auf jegliche Kritik. Dabei wurde schnell offenkundig: Wer zu spät reagiert, den bestraft das Leben und der Virus. Die Schweiz hat viel zu spät reagiert. Wer nicht genügend Schutzmaterial, Masken, Desinfektionsmittel vorrätig hat, den bestraft der Virus. Die Schweiz hat hier unvorstellbar versagt, obwohl genügend Vorgaben vorhanden waren und der lausige Zustand der Vorräte mehrfach harsch kritisiert wurde.
Wer die Landesgrenzen spät schliesst, den bestraft das Leben. Deshalb gab es vor allem im Tessin und in Genf überproportional viele Tote. Wer die Hochrisikogruppe, Alte mit Vorerkrankungen, nicht schnell und umfangreich schützt, verursacht dort unnötige Todesfälle. Und wer schliesslich von Passivität mit einem Schlag auf Hyperaktivität umstellt, mit beiden Füssen auf die Bremse steht, der verursacht Multimilliardenschäden in der Wirtschaft und ein Kurzarbeiterheer von sagenhaften 40 Prozent aller Schweizer Arbeitnehmer.
Dabei gab es und gibt es genügend warnende Stimmen. Aber zum Beispiel der Herzchirurg Peter Vogt, der Asien und ausgerechnet den Ausgangsort der Pandemie, Wuhan in China, als weitgereister Gastdozent gut kennt, lief mit seinen Warnungen nicht nur beim Bundesrat oder den BAG-Bürokraten ins Leere. Als er sich entschloss, an die Öffentlichkeit zu gehen, tat er das in der «Mittelländischen Zeitung». Grosses Lob für dieses kleine Blatt, das sich etwas getraute, was die grossen Medien unterliessen. Auch hier in «Die Ostschweiz» wurde der Corona-Skandal kritisch begleitet.
Schon alleine die Frage, was eigentlich 600 wohlbezahlte Bürokraten im Bundesamt für Gesundheit den lieben, kurzen Sesselfurzerarbeitstag lang so machen, hätte schon längst beleuchtet werden müssen. Denn das ist für ein kleines Land wie die Schweiz eine gigantisch aufgeblähte Behörde. Eine, deren Aufgaben soll sein, die Kosten des Gesundheitssystems im Griff zu behalten. Die Schweiz hat das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt. Tolle Arbeit.
Es fehlte an Schutzkleidung, Schutzmasken, Desinfektionsmitteln und Medikamenten. In einem Ausmass, dass man von Grobfahrlässigkeit sprechen muss und durchaus sich überlegen könnte, das einzuklagen. Leider ist sowohl der Regierende wie der Beamte faktisch von jeder persönlichen Haftung freigestellt. Aber es gibt wenigstens eine Staatshaftung.
Aber all diese Kritik, all diese Warnungen, all diese Analysen fanden fast ausschliesslich nicht in den grossen Massenmedien statt. Die also in ihrer angeblich für die Demokratie unverzichtbaren Funktion als kritische vierte Gewalt auf ganzer Linie versagt haben. Was ihre Forderung, nun genau deswegen staatliche Unterstützung bekommen zu müssen, ins Reich der Lächerlichkeit verweist.
«Die Ostschweiz» ist die grösste unabhängige Meinungsplattform der Kantone SG, TG, AR und AI mit monatlich rund einer halben Million Leserinnen und Lesern. Die Publikation ging im April 2018 online und ist im Besitz der Ostschweizer Medien AG.
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