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Andi Biedermann im Porträt

Ein harter Arbeiter mit dem falschen Namen

Er ist hauptberuflich Sänger, Inhaber eines eigenen Musikstudios in Chur und auch noch einer der zwei Gründerväter der Liechtensteiner Rockband Androbb: Der Triesener Andi Biedermann - der alles andere als bieder ist. Wie kam er zu seiner Berufung?

Christian Imhof am 07. November 2019

Während er im vergangenen Jahr noch hin und wieder auf den Bühnen im In- und Ausland gesichtet worden ist, ist es 2019 doch etwas ruhiger um den Gesangslehrer geworden, also allerhöchste Zeit mal nachzuhaken, wie seine Projekte laufen.

Andi Biedermann ist inzwischen ein Experte, wenn es um die Weiterentwicklung der gesanglichen Fähigkeiten geht, doch selbst hat er das Singen für sich erst relativ spät entdeckt, nämlich als 18-Jähriger. Dies verwundert ein wenig, denn die Musikalität wurde ihm eigentlich in die Wiege gelegt: «Ich war schon als Kind musikalisch veranlagt. Mein Papa war Klavierlehrer und Dirigent der Operettenbühne Vaduz und seit 1997 des Opernverein Vaduz.» Ein etwas traumatisches Erlebnis veranlasste ihn für einen Moment, das Mikrophon zur Seite zu legen: «Ich habe als Kind Klavier gespielt und sehr gerne gesungen, bis man mir im Kindergarten gesagt hat, ich solle nicht so laut singen und mich dann alle ausgelacht haben.»

 Anschliessend entwickelte Biedermann Schamgefühle beim Singen und konzentrierte sich jahrelang mehr auf das Klavier. Als 16-Jähriger habe er dann angefangen unterwegs auf seinem Roller seine Lieblingsmusik mitzusingen, weil ihn da ja niemand hören konnte. Das freie Singen unter dem Helm löste bei ihm einen Knopf und mit 18 beschloss Biedermann in einen Chor einzusteigen und später auch selbst Gesangslektionen zu besuchen.

Der lange Weg in die Selbstständigkeit

«Meine berufliche Laufbahn ist wirklich ein grosses Durcheinander.», sagt Andi Biedermann heute. «Ich habe zuerst eine Lehre als Fernseh-Radioelektriker gemacht und während meiner Studienzeit und dem Aufbau meiner Selbstständigkeit bis Juli 2017 noch Teilzeit als Techniker gearbeitet.» Ausserdem habe er berufsbegleitend die BMS in Vaduz absolviert, um anschliessend ein Fernstudium als Tontechniker anzustreben.

Sein Wunsch Berufsmusiker zu werden, wurde in dieser Zeit immer stärker, so dass er Musik an verschiedenen Einrichtungen zu studieren begann. «Ich schloss das Grundstudium an der WIAM in Winterthur ab, liess mich anschliessend in den USA zum Speech Level Singing Instruktor ausbilden und hole jetzt meinen Master an der Kalaidos Fachhochschule nach.» Er sagt von sich, dass er ein Mensch sei, der sich gerne weiterbilde, da er nicht gerne an Ort und Stelle stehen bleiben möchte.

Endlich Gesangslehrer

«Ich glaube die Selbstständigkeit anzustreben ist zu Beginn in allen Branchen nicht einfach. Es braucht seine Zeit bis man sich, vor allem bei grosser Konkurrenz, etabliert hat.» erklärt der 37-Jährige. Glücklicherweise sei die Resonanz auf sein Angebot so gross, dass er meistens über Monate hinweg ausgebucht sei. Er wolle sich deswegen auf gar keinen Fall beklagen, aber neben dem Unterrichten werde es immer schwieriger Zeit für Musikjobs und seine Band Androbb zu finden. «Androbb wurde leider in meiner Prioritätenliste immer weiter nach hinten degradiert. Die ersten Jahre gab es in meiner Freizeit nichts anderes als meine Band. Jedoch benötigen die Selbstständigkeit und auch die Weiterbildungen sehr viel Zeit, was es schwierig macht mit der gleichen Energie eine Band zu betreiben. Deshalb wurde es auch über Jahre hinweg sehr still, mit Ausnahme von drei Konzerten innerhalb der letzten zwei Jahre.»

Ähnlich sieht es bei der Liechtensteiner Rockband übrigens auch mit neuem Material aus. Sie seien zwar schon an der Planung des vierten Albums, da sie aber inzwischen nur noch zwei bis drei pro Monat, anstatt wie früher pro Woche daran arbeiten, brauche es eben enorm viel Zeit und er könne nicht sagen, ob die neue CD 2020 oder gar 2021  erscheine.

Formatio und Tonbox

Seit August 2017 gibt der vielbeschäftigte Mann neben Gesangslektion auch noch an der Formatio Triesen praktisch allen Klassen von der Primarschule über die Sek bis zu den Obergymnasium Musikunterricht und das sei eine spannende Aufgabe, die ihn erfülle: «Die Arbeit macht mir sehr viel Spass, da es im Vergleich zum Einzelunterricht eine andere Herausforderung ist und somit auch eine Abwechslung bedeutet. Da mir sehr schnell langweilig wird, habe ich so die Möglichkeit zwei Berufe parallel auszuüben und mich mit mehreren Themen aus der Musik zu beschäftigen.», sagt Biedermann, doch wenn er sich entscheiden müsste, wäre es doch ziemlich sicher der Einzelunterricht, da er da seine grössten Stärken habe.

Neben dem pädagogischen Auftrag und dem Gesangsunterricht in Schaan, hat sich vor gut einem Jahr noch zusätzlich in der Bündner Hauptstadt eine Tür geöffnet. Andi Biedermann, wurde Geschäftsführer des Musikstudios Tonbox in Chur. Auf hier sei es ähnlich wie mit seiner Tätigkeit als selbstständiger Gesangslehrer. Am Anfang brauche es Zeit, so dass sich das Studio in der Region und darüber hinaus einen Namen schaffen könne. Erste Achtungserfolge haben sich bereits eingestellt, denn der Bündner Rapper Gimma war auch schon bei ihnen zu Gast. Er hat einen akustischen Song gemeinsam mit dem Sänger Beglinger von seinem Top 10-Album «Kartellmusik» in der Tonbox Chur eingespielt. «Wir konnten schon sehr tolle Projekte realisieren mit Künstlern die international tätig sind, aber auch mit Musikern aus der Region. Es läuft immer besser und wir sind immer noch sehr froh über die Entscheidung die Chance genutzt zu haben.», sagt Biedermann, der in Chur tatkräftig von seinem Kollegen Ryan Michel unterstützt wird.

Von Liechtenstein ins Bündnerland

Die Tonbox zu übernehmen, sei ein glücklicher Zufall und kein Kalkül gewesen. Ursprünglich stand der Gedanke im Raum, sein Vocal Studio nach Chur zu expandieren. «Ich hatte sehr viele Anfragen aus der Region Chur, jedoch war der Weg nach Schaan für viele aus Graubünden doch zu weit. Somit entschloss ich mich dazu ein bis zwei Abende pro Woche in Chur zu unterrichten.» Da diese Entscheidung einschlug wie eine Bombe und sein Unterricht über Monate hinweg komplett ausgebucht war, sah Biedermann sich in der ältesten Stadt der Schweiz nach einer Bleibe um. «Zur gleichen Zeit sah ich ein Inserat, dass ein Betreiber für ein sich noch im Bau befindliches Tonstudio gesucht wird. Das sprach mich sofort an und ich machte umgehend Nägel mit Köpfen. Mit meinem Geschäftspartner Ryan habe ich dann im Januar 2018 die Tonbox in Chur eröffnet. Glücklicherweise kann ich nun auch dort meine Gesangsschüler betreuen und brauche keine separaten Räumlichkeiten mehr.»

Der Liechtensteiner, der so wöchentlich ins Bündner Exil flüchtet, scheint glücklich mit dem Lauf der Dinge, denn auch wenn seine Band Androbb nicht mehr aktiv wie in jungen Jahren ist, so wird er doch in Kürze seine Jugendliebe Melanie heiraten und weiterhin dafür schauen, dass Talente wie die Bündner Sängerin Any Sabadi ihre tollen Stimmen weiter ausbauen und verfeinern können.

Andi Biedermann

Andi Biedermann in Aktion.

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Autor/in
Christian Imhof

Christian Imhof ist freier Journalist, Musiker und Gründer des Kulturmagazins Qultur.

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