So wollte Franziska Portmann für ihren Bügelservice werben – erfolglos.
Eine Illustration im Stil der 60er-Jahre: So wollte Franziska Portmann ihren neuen Bügelservice im Mitteilungsblatt der Gemeinde Mörschwil bewerben. Die Gemeinde lehnte das Inserat aber ab. Eine so traditionelle Darstellung einer Hausfrau verstosse gegen die Richtlinien der Gemeinde.
Franziska Portmann aus St.Gallen beschloss vor Kurzem, neben ihrem Job im Gesundheitswesen ein eigenes kleines Business aufziehen. Ihre Idee: Ein Bügelservice für Leute mit wenig Zeit.
Ihr Partner Andreas Müller wollte das Vorhaben mit einem Inserat im Mitteilungsblatt der Gemeinde Mörschwil unterstützen. Dafür liess er sich etwas Besonderes einfallen, inspiriert dazu hatte ihn eine Entdeckung: «Ich habe kürzlich alte Haushaltswerbungen gesehen, die mir gefielen.» Seine Tochter, von Beruf Grafikerin, gestaltete eine Anzeige, die sich an die heute noch bekannten Werbemotive aus den 60er-Jahren anlehnt. Müller reichte die Vorlage am Freitag, 9. April 2021 per E-Mail zur Veröffentlichung ein.
Und so sah das aus:
So wollte Franziska Portmann für ihren Bügelservice werben – erfolglos.
Bei der Gemeinde Mörschwil als Herausgeberin des Mitteilungsblatts teilte man die Begeisterung der Familie über das Resultat allerdings nicht. «Aufgrund unserer internen Richtlinien können wir das Inserat in diesem Design leider nicht berücksichtigen», schrieb eine Sachbearbeiterin am Mittwoch, 14. April zurück.
Der ziemlich fassungslose Andreas Müller hakte sofort nach. «Man sagte mir dann am Telefon, dass die Darstellung einer Hausfrau heute offensichtlich ein sittliches Unding darstelle», so Müller zu «Die Ostschweiz». Er sei «sprachlos ob dieser Zensur.»
Überprüfen, ob sein Inserat wirklich gegen die Richtlinien der Gemeinde verstösst oder nicht, konnte Müller allerdings nicht. Und auch sonst niemand. Denn sie sind nirgendwo festgehalten. «Es existieren keine schriftlichen Publikationsrichtlinien, die wir Ihnen zustellen könnten», schreiben Gemeindepräsidentin Martina Wäger und die Redaktorin des Mitteilungsblattes in einer gemeinsamen Antwort auf die Anfrage von «Die Ostschweiz». Solche brauche es ihres Erachtens auch nicht, «jedes Inserat wird im Einzelfall beurteilt.»
Nicht publiziert würden aber «insbesondere diskriminierende, sexistische oder rassistische Inserate». Dass die Leserschaft diesbezüglich sensibel sei, habe sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, zuletzt im Zusammenhang mit einem Inserat zur Fasnacht.
Im Fall des Bügelservice wittert man im Mörschwiler Gemeindehaus ganz konkret einen Fall von Sexismus: «Die abgebildete Frau zeigt eine Hausfrau im Stile der 60er-Jahre – und damit in jener Zeit, in welcher die Frau zuhause hinter den Herd beziehungsweise das Bügelbrett gehörte.» Das Inserat verfestigt nach Ansicht der Gemeinde die typische Rollenverteilung und werte die Frau «als Arbeiterin im Haushalt» ab. Dies vor allem im Zusammenspiel mit dem Slogan «Damit Ihnen mehr Zeit für die wichtigen Dinge bleibt».
Das Inserat sei «aus unserer und aus Sicht der von uns gefragten Personen sexistisch und die Ablehnung des Inserates ist nach unserem Dafürhalten vertretbar», heisst es weiter.
Anders hätte es aber offenbar ausgesehen, wenn sich Franziska Portmann für das Inserat selbst an ein Bügelbrett gestellt hätte. Denn im Mail der Gemeinde an Andreas Müller heisst es: «Wir sind der Ansicht, dass ein Durchschnittsleser nicht erkennt, dass das Inserat die Frau hinter dem Bügelservice darstellen soll.» Offenbar ist man in Mörschwil der Meinung, auf diese Weise hätten sich wenigstens nicht gleich alle Frauen vom Bügelbrett betroffen fühlen müssen.
Die Ironie daran: Das Inserat zeigt durchaus die Anbieterin des Bügelservice, wenn auch in einer Illustration. «Die Darstellung auf dem Inserat gibt unverkennbar meine Partnerin wieder», so Andreas Müller. Ob es zu einem wesentlich anderen Frauenbild geführt hätte, wenn sich Franziska Portmann auf einem Foto am Bügelbrett stehend präsentiert hätte, ist ohnehin eine andere Frage.
Übrigens: Im Gegensatz dazu hat die Energieagentur St.Gallen in der aktuellen Ausgabe des Mörschwiler Mitteilungsblattes wohl alles richtig gemacht. Zum Thema Energiesparen in der Küche wird nämlich ein Mann am Herd gezeigt. Korrekter geht es kaum. Und es entspricht mit Sicherheit den Richtlinien. Die es nirgends schriftlich gibt.
Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.
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