Marcel Bürgi – Sänger und Streetworker.
Marcel Bürgi ist Schweizer Liedermacher, Streetworker und Jugendarbeiter. Mit seinen Liedern möchte er vor allem Menschen am Rande der Gesellschaft erreichen. Zu diesen gehörte er einst selbst auch. Und ein Klavierverkäufer hat sein Leben verändert.
Ein Gespräch über seine nicht einfache Kindheit und Jugend, den Glauben an Gott und sein neues Leben in St. Gallen.
Marcel Bürgi, Sie sind Liedermacher und überzeugen mit authentischen Mundarttexten. Wann fing die Liebe zur Musik bei Ihnen an?
Mit fünf Jahren wurden meine Eltern Mitglieder der Heilsarmee. Es hat mir sehr gefallen, dort zu singen und die positive Resonanz hat mich einmal mehr gestärkt, immer weiter zu machen.
Ihr Traum war es Rockstar zu werden. Weshalb dieser Wunsch?
Zuerst wollte ich ein einfacher Liedermacher sein, der den Menschen Hoffnung gibt. Irgendwann veränderte sich dieser Traum und ich wollte ein berühmter Rockstar werden, der überall beliebt ist und sich alles kaufen kann.
Haben Sie ein Vorbild?
Ja, Jon Bon Jovi.
Als Jugendlicher gerieten Sie dann immer mehr auf die schiefe Bahn. Was ist damals passiert?
Das fing schon in der Kindheit an. Ich war nie gut in der Schule, hatte nicht viele Freunde und wurde dadurch zum leichten Mobbing-Opfer. Je älter ich wurde, desto schlimmer wurde meine Situation. Ich verlor meine Wohnung, weil ich die Miete nicht zahlen konnte, was sich dann auch herumgesprochen hatte. Mit den Drogen konnte ich meine Probleme etwas ausblenden. Ich habe einfach vor mich hingelebt, ohne eine Perspektive vor Augen zu haben. Wenn ich heute zurückblicke, kann ich nur noch den Kopf schütteln.
Was war der Tiefpunkt in Ihrem Leben?
Der Tiefpunkt war, als ich gemerkt habe, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin und mein Leben keinen Sinn mehr gemacht hat. Meine Probleme haben sich gehäuft. Es fing mit den 120000 Fr. Schulden an. Dann habe ich meine Wohnung und die Arbeit verloren. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens.
Ab wann ging es dann in Ihrem Leben wieder bergauf und wer half Ihnen dabei?
Ich war damals so verzweifelt und habe keinen anderen Ausweg mehr gefunden, als mir das Leben zu nehmen. Eine innere Stimme hat mich jedoch daran gehindert. Ein paar Monate nach diesem Erlebnis vertraute ich mich einem Klavierverkäufer an. Es stellte sich heraus, dass er auch Seelsorger war. Er hat mich in dieser Zeit sehr unterstützt und mir vieles beigebracht.
Wie zentral ist der Glaube an Gott bis heute in Ihrem Leben?
Ich glaube bis heute, dass diese innere Stimme Gott war. Mein Glaube ist sehr stark geworden und ich bin der festen Überzeugung, dass Gott mich bis an mein Lebensende beschützen wird.
Marcel Bürgi – Sänger und Streetworker.
Seiter arbeiten Sie als Streetworker, Jugendarbeiter und Musiker. Wie kamen Sie dazu?
Ja das tue ich bis heute. Ich fing an, Lieder über die Liebe, Hoffnung und Glauben zu schreiben. Wie ich es als kleiner Junge schon machen wollte. Ein Pfarrer fragte mich dann für ein musikalisches Projekt an und war so begeistert über meinen Umgang mit Jugendlichen, dass er mich als Kinder und Jugendarbeiter anstellte. Acht Jahre später fing ich an, als Streetworker für die Heilsarmee zu arbeiten und suchte Menschen mit Drogenproblemen auf.
Was ist für Sie das Zentrale an dieser Tätigkeit?
Ich möchte Menschen, die keine Hoffnung im Leben sehen, helfen und denen das Gefühl geben, dass sie wertvoll sind und es schaffen können. Es gibt so viele verschiedene Persönlichkeiten und Geschichten, wodurch ich auch eine Menge lerne. Ich bin so dankbar, dass ich damals den Klavierverkäufer kennen gelernt habe, der mich auf die richtige Bahn gelenkt hat. Mittlerweile weiss ich, dass ich auch anderen Mut machen kann und sie von mir lernen können.
Im Herbst 2009 hatten Sie dann sogar einen Auftritt im Schweizer Fernsehen? Wie kamen Sie dazu?
Damals suchte die Redaktion der Sendung «die größten Schweizerhits» junge Talente und ich war eines dieser Talente und bekam einen Auftritt in dieser Sendung. Vor allem als am nächsten Tag Peter Reber anrief, um mir zum gelungenen Auftritt zu gratulieren. Das war schon ein sehr schönes Erlebnis und hat mich sehr stolz gemacht.
Was sind Ihre aktuellen Projekte?
Ich arbeite an einer neuen CD und das erste Mal auf Hochdeutsch. Das ist natürlich eine Herausforderung, da ich normalerweise immer Mundart oder englische Musik gemacht habe. Des Weiteren schreibe ich an einem autobiographischen Roman, der irgendwann in 100 Jahren rauskommen soll (lacht). Für die Heilsarmee arbeite ich weiterhin 80%. Zu guter Letzt, betreibe ich unter anderem ein Tonstudio für Jugendliche.
Seit 2 Jahren wohnen Sie in St. Gallen. Was hat Sie in die Ostschweiz verschlagen?
Eine wunderschöne und liebe Frau. Ich habe mich verliebt und es zog mich mit aller Macht zu ihr, in die Ostschweiz nach St. Gallen. Wir haben 2017 geheiratet.
Wie haben Sie sich hier eingelebt und was gefällt Ihnen an der Ostschweiz besonders gut?
Ich kannte die Ostschweiz vorher nicht wirklich gut. Am Anfang hatte ich schon Mühe. Vorher wohnte ich im beschaulichen Aarau. Mittlerweile fühle ich mich richtig wohl und ich freue mich, die Gegend hier unsicher zu machen. Das Tolle an der Ostschweiz ist, dass man sehr schnell in den Bergen, aber auch am schönen Bodensee ist. Ich kann mich daran gewöhnen. Nur nicht an den Dialekt. Aber lassen wir das (lacht).
Nadine Linder war Redaktorin von «Die Ostschweiz».
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