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Gastbeitrag zum CO2-Gesetz

Eine Reise von der direkten Demokratie in die Planwirtschaft

Der heutige Klimawandel ist eine vom Menschen verursachte Realität. Die Schweiz ist mitverantwortlich. Es handelt sich um ein planetarisches Problem, also braucht es auch planetarische Massnahmen und Lösungen. 

Arturo Romer am 28. Mai 2021

Das vorliegende neue CO2-Gesetz ist ein Kind der Ideologie, der Weltuntergangsstimmung und der Abzockerei. Klimatisch hat es keine messbare Wirkung. Die Mehrheit verliert viel Geld, eine kleine Minderheit profitiert von saftigen Subventionen. Von Marktwirtschaft ist keine Rede. Die Schweiz nimmt seit Jahrzehnten am Kampf gegen den Klimawandel teil: wissenschaftlich, energetisch, ökologisch und ökonomisch. Wir verfügen schon heute über eine gute und strenge Gesetzgebung. Die Befürworter dieses neuen planwirtschaftlichen CO2-Gesetzes wollen nicht nur den Klimawandel bekämpfen. Sie streben auch nach einem radikalen politischen Systemwechsel: von der direkten Demokratie in die Planwirtschaft.

Nach langem Hin und Her hat das Parlament am Ende der Herbstsession 2020 das neue CO2-Gesetz genehmigt. Dieses Gesetz ist ein Katalog von Geboten, Verboten, Steuern, Abgaben, Geldverschwendung und Subventionen. Alles muss vom Konsumenten, vom Steuerzahler und von der Wirtschaft bezahlt werden. Eine gigantische Geld-Umverteilungsmaschine. Das Volk muss demokratisch entscheiden können, ob es Unsummen von Franken in eine Klimapolitik stecken will, die ihre Ziele nie erreichen wird. Dieses Gesetz führt die Schweiz von der Marktwirtschaft und von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit weg in die Planwirtschaft. Das neue CO2-Gesetz kostet unglaublich viel und bringt physikalisch-klimatisch praktisch nichts. Die Schweiz ist auch ohne dieses neue CO2-Gesetz klimapolitisch sehr vorbildlich, ein weltweites Beispiel schon seit vielen Jahren. Und die Schweiz hat schon heute sehr strenge Gesetze in Sachen Energie und Umwelt.

Extreme Haltungen wie Klimawandel-Leugnung und Klimawandel-Hysterie sind beide fehl am Platz. Ein Klimawandel findet tatsächlich statt. Die schweizerischen CO2-Emissionen betragen 0.1% (1 Tausendstel) der weltweiten! Massnahmen wie z.B. die unglaublich teure, unrealistische und ineffiziente “Gletscherinitiative” sind die falsche Antwort. Solche Massnahmen können den Klimawandel nicht im geringsten Masse verändern, weder national noch weltweit. Doch eines ist sicher: sie führen uns in die Armut. Unsere Gletscher werden leider trotz höchster Anstrengungen und immenser Kosten im Jahre 2100 wohl mehrheitlich geschmolzen sein, selbst wenn wir Schweizer ab morgen kein CO2-Molekül mehr emittieren. Auch der Permafrost wird in wenigen Jahrzehnten im ganzen Land verschwunden sein. Es braucht globales Denken, gesunden Menschenverstand, Realismus, Wahrheit, Mass, Machbarkeit, Bildung, Forschung, Wissen, Entwicklung, Innovation, Nachhaltigkeit, Verantwortung, internationale Zusammenarbeit, international verbindliche Regeln und tragbare Massnahmen in jedem Lebensbereich.

Dem Klimawandel kann man auf zwei Arten begegnen: durch CO2-Reduktion einerseits und durch Klimawandel-Anpassung andererseits. Die Klimawandel-Anpassung bietet viele Chancen: Realisierung von dezentralisierten Wasserreserven für bevorstehende Trocken- und Dürrezeiten, Verstärkung der Wasserkraft, Geländeverstärkungen in noch sehr zahlreichen geographischen Situationen ähnlich wie Bondo GR, Wegsanierungen in vielen Berggebieten, Wiederbewaldung, Grünflächen in Städten, Gebäudesanierungen landesweit, usw. Die kleine Schweiz kann leider weder den eigenen noch den weltweiten Klimawandel messbar beeinflussen. Das heisst nicht, dass wir passiv bleiben dürfen. Die Schweiz nimmt aktiv am weltweiten Kampf gegen den Klimawandel teil. Wir haben das Pariser Klima-Abkommen ratifiziert. Wir haben schon viel gemacht und werden sicher noch viel machen müssen, heute und morgen.

Grafik Klimawandel

Die Klimawissenschaft ist zweifellos äusserst komplex. Oft hört man auf der Strasse den pseudowissenschaftlichen Spruch, dass sich das Klima auch in der Vergangenheit immer wieder verändert hat. Das ist nur die halbe Wahrheit. Während der Kaltperioden (lies «Eiszeiten») der mittleren Dauer von 90’000-110’000 Jahren war die CO2-Konzentration der Atmosphäre zirka 180 ppmv (ppmv = „part per million volume, 1 ppmv = 1 Kubikzentimeter pro Kubikmeter). Während der Warmperioden der mittleren Dauer von 20’000 bis 40’000 Jahren waren es zirka 280 ppmv. Seit dem Beginn des industriellen Zeitalters hat die Menschheit durch fossile Verbrennungsprozesse große Mengen von Treibhausgasen (vor allem CO2) in die Ozeane und in die Atmosphäre ausgestossen.

Die Welt (speziell die Entwicklungs- und Übergangsländer) hat noch einen riesigen und berechtigten Energiehunger. Und man sei sich bewusst: das heutige Weltenergiesystem kann nicht über Nacht in ein CO2-freies Energiesystem verwandelt werden. Heute (Jahr 2021) beträgt die CO2-Konzentration der Atmosphäre zirka 412 bis 414 ppmv, d.h. 47%-48% mehr als während der vorindustriellen Zeit. Die heutige Gesamtlage der Menschheit ist immer noch katastrophal. Ohne Energie gibt es keine Lebensqualität und keine Lebenswürde. Der fossile Energieanteil am weltweiten Primär-Energieverbrauch beträgt immer noch rund 80% bis 85%.

Es muss schweizerisch und weltweit ehrlich, objektiv, sachlich, solidarisch und verantwortlich kommuniziert, geplant und gehandelt werden. Auch die Massmedien (Zeitungen, Zeitschriften, TV, Radio, Internet, usw.) müssen diesen Tatsachen offen und ehrlich Rechnung tragen. Sie schüren hingegen mehrheitlich nur Angst, Panik und Weltuntergangsstimmung, ohne objektiv über die planetarische Energiesituation und über die planetarische Lebenssituation (Armut, Hunger, Wassermangel, Analphabetismus, Bevölkerungswachstum, Krankheiten, Fanatismus, Terrorismus, Glaubenskriege, Flüchtlinge, Meeresverschmutzung, Klima, usw.) der Menschheit zu berichten.

Mit dem am 13.6.2021 zur Abstimmung vorliegenden CO2-Gesetz werden definitiv die Weichen in die Planwirtschaft gestellt. Haben wir die traurige Geschichte des 20. Jahrhunderts schon vergessen? Das neue CO2-Gesetz legt ungerechte und unsoziale Massnahmen fest. Der einzige intelligente Weg hin zur angestrebten 100%-igen Dekarbonisierung ist nur möglich über Bildung, Forschung , Entwicklung, Effizienz, Kooperation und Innovation. Gefragt sind nachhaltige Massnahmen, nicht eine planlose und ideologische Symbolpolitik. Dieses abzockerische und unrealistische CO2-Gesetz ist ein Schritt in die falsche Richtung. Hinsichtlich Klimaschutz ist es komplett ineffizient. Daher sage ich ein eindeutiges Nein zu diesem neuen CO2-Gesetz.

Stölzle /  Brányik
Autor/in
Arturo Romer

Prof. Dr. Arturo Romer (*1944( absolvierte sein Studium als promovierter theoretischer Physiker an der Universität Freiburg. Nach verschiedenen Stationen habilitierte er sich für das höhere Lehramt und wurde dann an das Liceo cantonale in Locarno berufen, wo er lange Jahre wirkte, zuerst als Mathematik-Professor und in der Folge als Rektor. Im Jahre 1990 ist Arturo Romer in die Energiewirtschaft übergetreten. Von 1996 bis 2015 hielt Professor Romer zahlreiche Gastvorlesungen an vielen inländischen und ausländischen Universitäten.

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