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«An den Folgen der Massnahmen gestorben»

Eine Todesanzeige aus der Ostschweiz berührt das ganze Land

Mit 91 Jahren ist in Romanshorn Marta Städler verstorben. Ihr Tod löst eine Debatte aus, nachdem die Todesanzeige in den sozialen Medien kursiert. Die Familie hält fest, sie sei nicht an Corona verstorben, «sondern an den Folgen der sehr streng ausgelegten Coronamassnahmen.»

Stefan Millius am 11. Dezember 2020

Dass eine Todesanzeige auf Facebook publiziert und dann rasant geteilt wird: Das hat Seltenheitswert. Im Fall von Marta Städler, geboren am 24. Mai 1929 und verstorben am 4. Dezember 2020, ist das aber der Fall. Verstorben ist sie im Altersheim Holzenstein in Romanshorn. Die Familie von der Schwester über Nichte bis zu Gottenkind, beschränkt sich in der Todesanzeige nicht auf die üblichen Redewendungen. Sie gibt neben ihrer Trauer auch einer gewissen Wut Raum.

Denn es sei «trotz vieler Anfragen unsererseits» an das Leitungsteam des Altersheims nicht gelungen, «die überaus enge Verbindung, die wir ein Leben lang pflegten» aufrecht erhalten zu können. Sprich: Die Familie wurde - wie so viele in dieser Zeit - von der betagten Frau ferngehalten. In den meisten Fällen, das ist zu betonen, ist den entsprechenden Einrichtungen kein Vorwurf zu machen. Sie folgen nur den Direktiven von Bund und Kantonen. Und sie leben in der Angst, dass ein «Fehltritt» Folgen haben könnten. Deshalb werden die Regeln eher restriktiver als lockerer ausgelegt.

Die Situation habe Marta Städler über Wochen hinweg belastet. In den letzten zwei Stunden ihres Lebens sei es dann wenigstens noch möglich gewesen, bei ihr zu sein, «ihre Hand halten und Sie hinüberbegleiten.» Das sei aber viel zu wenig Zeit gewesen nach all diesen vielen schönen und intensiven Jahren.

Auf Facebook ist der Tenor klar und deutlich: Das Schicksal wird bedauert und das Vorgehen - einige sprechen von Isolation - verurteilt. Viele Kommentatoren nutzen die Gelegenheit auch, ähnliche Vorfälle aus ihrer eigenen Familie oder dem weiteren Umfeld zu schildern.

Todesanzeige

Die Todesanzeige, die zu reden gibt.


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Stölzle /  Brányik
Autor/in
Stefan Millius

Stefan Millius (*1972) ist freischaffender Journalist.

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