Sogenannte Zoonosen werden uns in Zukunft häufiger beschäftigen, so die Warnung von Experten. Doch wie leicht können also Krankheiten von Tieren auf den Menschen überspringen, wie es beim Corona-Virus derzeit passiert ist? Und weshalb werden solche Märkte nicht einfach geschlossen?
Ein Virus, welches die gesamte Welt in Atem hält. Doch wo nahm das Corona-Virus seinen Anfang? Im Fokus steht dabei ein Tiermarkt in der Provinz Wuhan in China. Hier werden auf engstem Raum und unter widrigsten Umständen unter anderem Fledermäuse, Schlangen und Schuppentiere verkauft.
Noch ist nicht abschliessend geklärt, welches Tier genau der Träger des Virus ist. Möglich wären Fledermäuse, als Zwischenwirt waren zuerst Schlangen in Verdacht, dann Schuppentiere. Sicher ist hingegen, dass das Virus von einem Tier auf den Menschen übertragen wurde.
Das Corona-Virus ist nicht die erste Krankheit, das aus der Tierwelt stammt und die Menschen krank macht. Und werden solche Tiermärkte nicht definitiv geschlossen, wird es wohl auch nicht die letzte Seuche sein. Denn: «Grundsätzlich ist es möglich, dass verschiedene Erreger zwischen Menschen und Tieren ausgetauscht werden», sagt die Tierärztin und Direktorin des Walter Zoos, Karin Federer.
Versteckte Krankheiten
Ein Beispiel dafür seien die Salmonellen. Ein Bakterium, dass gerade bei den Reptilien häufig vorkommt, so Federer. «Hier treffen wir spezielle Hygiene-Massnahmen, damit das Infektionsrisiko bei Besuchenden und den Tierpflegern möglichst gering ist.» Das heisst im Klartext: Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden, damit Händewaschen und Händedesinfektion im Alltag regelmässig gemacht werden. Tiere, welche in Kontakt mit Besuchenden kommen, zum Beispiel bei Tierbegegnungen, werden getestet und, wenn nötig, gegen das Bakterium behandelt.
Im Gegensatz zum Mensch haben infizierte Reptilien meist keine offensichtlichen Probleme mit der Krankheit. Gelangen die Bakterien aber zu gefährdeten Menschen, können sie krank werden. Das gleiche Problem machen Hepato-Viren, welche zur Hepatitis führen können. Zoomitarbeiter, die mit den Schimpansen in Kontakt kommen, müssen dagegen geimpft sein. Federer: «Hier läuft also der Schutz andersherum. Unsere Schimpansen müssen vor dem Virus geschützt werden.»
Komplexe Zoonosen
Derzeit ist der Walter Zoo geschlossen. Vor der Weisung des BAG jedoch habe man darüber diskutiert, wie beispielsweise die Schimpansen vor dem Corona-Virus geschützt werden können. Denn dieses ist noch zu unerforscht, um die Folgen einer Übertragung von Menschen auf die Schimpansen abschätzen zu können. Eine Infektion ist laut Federer aber mit grosser Wahrscheinlichkeit möglich. «Die Pfleger müssen daher seit Mitte März Schutzmasken und Handschuhe tragen, wenn sie in Kontakt mit den Affen sind.»
Tiermärkte im Fokus
Doch weshalb werden solche Wildmärkte wie besagter in Wuhan nicht einfach geschlossen? Wie verschiedene Reportagen beweisen, reihen sich bei solchen Käfige an Käfige, die Tiere wie Schlangen, Fledermäuse und Fische haben kaum Platz, werden lediglich als Ware behandelt. Ein riesiges Leid – sowohl für die Tiere wie auch den Rest der Welt, wie die derzeitige Lage eindrücklich beweist.
«Nach wie vor ist der illegale Tierhandel leider ein riesiges Thema», fasst es Federer zusammen. Bereits Sars, Mers und Ebola sind zoonotische Erkrankungen. Menschen infizieren sich normalerweise, so die Meinung von Experten, über den Kontakt mit Bushmeat, also Fleisch von Wildtieren. Nebst dem Fleisch für den Verzehr gibt es unzählige weitere Produkte, welche auf dem Schwarzmarkt kursieren. «Produkte mit Nashörnern sind noch heute, vor allem im asiatischen Raum, ein riesiger Hype», so Federer. Das geriebene Horn wird dabei wie eine Droge gehandelt, und wie ein Medikament konsumiert. Die Reichen, Berühmten und Mächtigen schwören auf Nashorn-Horn. Und sind davon überzeugt, dass die teure und illegale Ware ihren sozialen Status widerspiegelt. Oder gegen Krankheiten wie Krebs eingesetzt werden kann. Oder Impotenz.
Was natürlich völliger Humbug ist, eine solche Wirkung wurde niemals medizinisch nachgewiesen. «Obwohl es völliger Irrsinn ist, glauben leider immer noch viele Menschen daran. Wir müssen viel in Aufklärungsarbeit investieren», so Federer. Ganze Tierarten sind deshalb bereits ausgestorben, gefährliche Krankheiten in Umlauf geraten. Eine Schliessung solcher Märkte würde einerseits viele kulturelle Hindernisse bedeuten. Andererseits regiert auch hier vor allem eines: Geld. Und noch mehr Korruption. Bleibt zu hoffen, dass das Corona-Virus durch das viele Leiden weltweit nun endgültige Entscheidungen hervorbringt.
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.