Die von «Blick» kurz vor den Wahlen aufgewärmte «Läster-Affäre» konnte ihm nichts anhaben: Letzten Sonntag wählten Heidens Stimmberechtigten den Winterthurer Robert Diethelm klar zu ihrem neuen Gemeindepräsidenten.
Ende 2022 suchte eine Findungskommission per Stelleninserat nach einem geeigneten Kandidaten für das Gemeindepräsidium von Heiden. Sie evaluierte acht Bewerbungen, zog drei in die engere Auswahl und am Schluss blieb nur noch Robert Diethelms Kandidatur übrig.
Der 56-jährige ehemalige VBS-Angestellte kam vor einem Jahr in die Schlagzeilen, weil er im Zug lauthals über zwei Bundesräte abgelästert haben soll, was schliesslich zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führte. Kurz vor der Wahl hat der «Blick» die Geschichte wieder ausgegraben. Die Heidner haben dem parteilosen Diethelm (mit «liberalen Wertvorstellungen») mit 733 von 901 gültigen Stimmen trotzdem überdeutlich ihr Vertrauen ausgesprochen. Diethelm wird sein Amt am 1. Juni antreten.
Herr Diethelm, herzliche Gratulation zu dieser deutlichen Wahl zum Gemeindepräsidenten von Heiden. Hätten Sie mit diesem eindeutigen Ergebnis gerechnet?
Es freut mich sehr, dass ich mit diesem Ergebnis ins «Team Heiden» aufgenommen wurde. Es ist immer etwas Besonderes, wenn ein Aussenstehender so wohlwollend aufgenommen wird. Ich danke der Bevölkerung von Heiden für ihre Stimmen und ihr Vertrauen.
Haben die Blickschlagzeilen der letzten Wochen den Wahlendspurt noch beeinflusst?
Diese Presseberichte waren sicher nicht hilfreich. Ich kann gut verstehen, wenn Verunsicherung und Argwohn aufgekommen sind. Diese abzubauen, wird eine Aufgabe sein.
Sie waren der einzige Kandidat der Findungskommission. War das für Sie aus demokratischer Sicht nie ein Problem?
Die Entscheidung der Findungskommission kann und will ich nicht kommentieren. Auch liess das Wahlrecht jederzeit weitere Kandidaturen zu. In der Urne lagen denn auch über 100 Wahlzettel, auf denen andere Namen standen.
Welche guten und vielleicht auch negativen Eindrücke nehmen Sie aus den Wahlveranstaltungen mit in Ihre Amtszeit?
Ich wurde in Heiden sehr offen und freundlich empfangen. Die Diskussionen waren stets konstruktiv und sachorientiert. Bei Fragen an mich wurde auch nachgehakt, bis ein klares Bild entstand. Ich habe die Bevölkerung von Heiden als interessiert und mitdenkend erlebt. Deshalb werden mir der Austausch mit der Bevölkerung und die Information über Projekte und Entscheidungen des Gemeinderates ein Anliegen sein.
Ihnen steht jetzt ein Umzug von der eher urbanen Schweiz nach Heiden im Appenzellerland bevor. Haben Sie keine Angst vor dem weniger aufregenden Landleben?
Nein, denn Heiden bietet überraschend viel, auch im kulturellen Bereich. So findet zum Beispiel am Pfingstwochenende des «Heiden Festival» statt; ein Must für Musikfreunde, insbesondere für Freunde der Neuen Volksmusik und Weltmusik.
Nennen Sie drei Dinge, die Ihnen spontan zu Heiden einfallen:
Nette Leute, grossartige Natur, interessante kulturelle Angebote.
Auch wenn Sie Ihr Amt noch nicht angetreten haben: Was steht in Heiden auf der politischen Agenda und welche Herausforderungen müssen dringend angegangen werden?
Heiden ist gut aufgestellt, muss sich jedoch der Zukunft stellen. Neben grösseren Bauprojekten und den Gemeindefinanzen stehen die Raumplanung und die Frage der allfälligen Gemeindefusionen an. Es gilt, die Standortvorteile von Heiden zu wahren beziehungsweise zu stärken.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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