Vor einem Monat erschien Laura Vogts zweiter Roman «Was uns betrifft». Die Ostschweizer Autorin schreibt darin über die Frage nach «der guten» Beziehung. Und über das Sein als Frau, Mutter, Mensch und Künstlerin.
Laura Vogt, wie kamen Sie zum Schreiben?
Geschrieben habe ich – laut meiner Mutter – schon mit vier Jahren. Ich war immer fasziniert von der Sprache, von Geschichten, und habe meine ganze Kindheit und Jugend hindurch unterschiedliche Formen ausprobiert. Während meinem Kulturwissenschaften-Studium an der Uni Luzern wurde es dann aber sehr wissenschaftlich, und nach vier Semestern merkte ich, dass mir etwas fehlte. Daher bewarb ich mich am Literaturinstitut in Biel. Dort hatte ich viel Zeit fürs Schreiben, und dort entstand auch mein erster Roman. Seit dem Studium ist das Schriftstellerin-Sein meine Haupttätigkeit. Unlängst erschien mein zweiter Roman mit dem Titel «Was uns betrifft».
Was fasziniert Sie in erster Linie am Schreiben?
Es fasziniert mich, wie sich im Stillen – durch reine Buchstaben – ganze Welten eröffnen. Die Kombination von Klang und konkretem Inhalt, von Kunst und Intellekt. Ich schätze die Möglichkeit sehr, über Themen zu schreiben, die mir wichtig sind, und diese an Figuren zu binden, mit denen ich eine Geschichte erzähle.
Wovon handelt Ihr zweiter Roman «Was uns betrifft»?
In «Was uns betrifft» geht es, ganz kurz gesagt, ums Frau-, Mutter- und Künstlerin-Sein, um Familie und Rollenbilder. Rahel, die Protagonistin, ist Jazzsängerin und wird ganz am Anfang des Buches ungewollt schwanger. Ihr ist sofort klar: Kunst und Kind, das sind Gegensätze. Beides zu leben ist unmöglich, und das Kind hat bereits für sie entschieden. Sie zieht sich dann in ein Haus in der Ostschweiz zurück, aber ihre anfängliche Euphorie bröckelt, insbesondere dann, als das zweite Kind auf die Welt kommt. Fenna, Rahels jüngere Schwester, und Verena, ihre Mutter, spielen zunehmend eine wichtige Rolle. Die drei treffen sich für drei Tage bei Rahel. In dieser Begegnung geht es vor allem darum, gewisse Dinge endlich auszusprechen und sich einander anzunähern. Am Ende de Romans macht sich Rahel auf, um die Welt neu zu entdecken: Sie merkt, dass sie einen eigenen Weg finden kann zwischen «Kunst» und «Kindern».
Woher kommen die Ideen? Was inspiriert Sie?
Ich habe angefangen an «Was uns betrifft» zu schreiben, als mein erstes Kind auf die Welt kam. Mich beschäftigte die Frage, was es mit einer Frau macht, wenn sie Mutter wird. Es gibt noch immer sehr viele Normen in unserer Gesellschaft, die einer jungen Mutter sehr viel aufbürden, und damit wollte ich mich auseinandersetzen.
In meinen Texten arbeite ich immer sehr nahe an den Figuren. Durch sie nähere ich mich Themen an, die auch mich, die Schriftstellerin, bewegen. In «Was uns betrifft» waren das beispielsweise Themen wie Feminismus, Rollenbilder, postnatale Depression.
Wie sehr werden Sie bei Ihrer Tätigkeit durch das Corona-Virus beeinflusst?
«Was uns betrifft» erschien am 28. Februar 2020. Im März hätte ich die ersten Lesungen abgehalten, aber leider wurden alle Frühjahrs-Veranstaltungen abgesagt oder verschoben, so auch meine Buchvernissage, die im Rahmen des Sankt Galler Literaturfestival Wortlaut stattgefunden hätte. Das hat mich sehr getroffen, ideell und finanziell. Als Schriftstellerin arbeite ich jeweils lange im stillen Kämmerchen an einem Roman, und es ist ein grosses Fest, wenn das Buch dann endlich da ist! Nun muss ich mich noch etwas gedulden und ich hoffe, dass ich, wenn das Gröbste vorbei ist, kräftig nachholen kann mit Lesungen.
Gibt es etwas, was Sie durch die aktuellen Einschränkungen besonders vermissen?
Einerseits geniesse ich die Ruhe. Ich verbringe viel Zeit in unserem Garten und fahre immer mal wieder mit meinem Fahrrad ins Atelier in der Stadt, um zu schreiben. Aber ich vermisse natürlich meine Freundinnen und Freunde und meine Familie, beziehungsweise: ich freue mich darauf, wenn ich sie dann wieder unbeschwert sehen kann!
Was werden Sie als unternehmen, wenn Sie wieder «frei» sind?
Schwer zu sagen. Vielleicht ein grosses Grillfest, das wäre schön – lange zusammensitzen, reden, die Zeit vergessen.
Was raten Sie jenen, die sich als Autoren versuchen möchten?
Am Literaturinstitut in Biel werden alle Studentinnen und Studenten von einer erfahrenen Autorin oder einem erfahrenen Autor begleitet. Wir trafen uns alle zwei Wochen zu zweit und besprachen meine Texte. Das hat mir viel gebracht für mein eigenes Schreiben und mein Verständnis von Literatur. So einen Austausch - Mentorat genannt - empfehle ich daher allen, die sich gerne vertieft mit dem Schreiben beschäftigen möchten. Gleichzeitig sollte man bis zu einem gewissen Grad aber auch einfach sein Ding machen und sich nicht durch gängige Ansichten verunsichern lassen. Das ist ja das Schöne an der Literatur: Jeder Text kann auf ganz unterschiedliche Weisen gelesen werden!
Was können Sie speziell in dieser Zeit den Menschen mit auf den Weg geben?
Lesen Sie! Lesen macht die Welt grösser und diverser, und lesen kann man auch in der Quarantäne ganz wunderbar. Bücher sind jederzeit erhältlich: Viele Buchhändlerinnen sind sehr engagiert, man kann telefonisch oder per Mail bestellen und sich sogar beraten lassen. Und auch viele Bibliotheken bieten einen Lieferdienst an.
Shania Koller (*2002) ist Schülerin an der Fachmittelschule an der Kantonsschule Trogen und absolviert ein Praktikum bei «Die Ostschweiz». Sie wohnt in Gonten.
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