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Rücktritt

Ferdinand Riederer prägt die Schreinerbranche

Kein anderer hat die Schreinerbranche im Kanton St.Gallen in den letzten 50 Jahren so stark geprägt wie Ferdinand Riederer. Seit 44 Jahren engagiert er sich für die Schreinerfachschulen Buchs und Flawil und steht seit 16 Jahren dem Schreinerverband des Kantons St.Gallen als Präsident vor.

Ralph Dietsche am 23. Mai 2023

Ferdinand Riederer lebt in Valens, hoch über Bad Ragaz. Von hier aus geniesst er die Weitsicht. Diese legte er in den letzten rund 50 Jahren in verschiedenen Funktionen beim Schreinerverband sowie in der Politik an den Tag. Einerseits als Gemeindepräsident von Pfäfers, Kantonsrat sowie Kantonsratspräsident, andererseits in verschiedenen Funktionen im St.Galler und schweizerischen Schreinerverband. Noch heute ist der 73-jährige regelmässig in seiner Werkstatt gleich auf der anderen Strassenseite seines Wohnhauses anzutreffen. Das Holz wurde ihm in die Wiege gelegt. Bereits sein Vater war Möbelschreiner und sein Grossvater führte einen Sägereibetrieb. Für Ferdinand Riederer war rasch klar, was er werden wollte: Koch oder Schreiner. Von 1966 bis 1969 absolvierte er folglich in Sargans eine Schreinerlehre.

Erfahrungen im Ausland gesammelt

Nach dem Militärdienst und einem Sprachaufenthalt als Schreiner im Tessin, zog es den Sarganserländer in die Ferne. Als Produktmanager arbeitete er in einer afrikanischen Möbelfabrik mit europäischem Maschinenpark und rund 400 Mitarbeitenden. Zu jener Zeit lernte er seine heutige Frau kennen. Über Madagaskar, Mauritius, Sri Lanka, Hongkong, Malaysia, Nepal, Iran, Afghanistan, Türkei, London und einigen weiteren Stationen reiste er per Bus zurück ins Sarganserland. Hier absolvierte er die Meisterprüfung und wurde 1979 Lehrbeauftragter der Schreinerfachschulen Buchs und Flawil. Dieses Amt hat er bis im Jahr 2000 ausgeübt. 1997 wurde er Schulleiter der Schreinerfachschulen des Kantons. «Über all die Jahre dürften etwa 3'500 Schreinerinnen und Schreiner die Berufsschule besucht haben», sagt Ferdinand Riederer. 15 von ihnen hat er in seinem eigenen Betrieb in Valens auch praktisch ausgebildet. Zu Spitzenzeiten beschäftigte er rund zehn Mitarbeitende in seiner Schreinerei. Ein Herzensanliegen war Ferdinand Riederer stets die duale Berufsbildung. Für diese setzte er sich im Verband und in der Politik ein. Von 1992 bis 2016 gehörte Ferdinand Riederer dem St.Galler Kantonsrat an. In den Jahren 1998 und 1999 präsidierte er diesen und war damit der offiziell höchste St.Galler.

Politisches Netzwerk genutzt

Sein politisches Netzwerk wusste Ferdinand Riederer für die Schreinerbranche zu nutzen. So gelang es ihm vor gut 20 Jahren bei der Kantonalisierung der Berufsschulen, dass die Schreinerfachschule als eine der wenigen Schulen weiterhin eigenständig bleiben durfte. Die Trägerschaft der Fachschule ist nach wie vor der Branchenverband. Erst kürzlich konnte Ferdinand Riederer diese Verträge für die nächsten zehn Jahre mit dem Amt für Berufsbildung des Kantons St.Gallen verlängern. «Die Sicherheit ist für uns wichtig, da wir in St.Margrethen ein Schul- und Kurszentrum realisieren und damit die Berufsbildung an einem Ort weiter stärken wollen», erklärt Ferdinand Riederer. Die Suche nach einem geeigneten Standort dauerte. Verschiedene Lösungen wurden geprüft. Beispielsweise in Sargans und Wattwil. Nun ist die Realisierung des Kompetenzzentrums auf gutem Weg. «Unsere Mitglieder haben das Vorhaben vor zwei Jahren einstimmig unterstützt. Das klare Resultat hat mich sehr erfreut. Es zeigt auf, dass die Schreiner an ihre Zukunft glauben», sagt Ferdinand Riederer. Ziel ist es, dass nächstes Jahr die Bauarbeiten starten und die Eröffnung im Jahr 2026 vollzogen wird.

Präsident tritt kürzer

Das neue Schreinerzentrum eröffnen wird hingegen nicht mehr Ferdinand Riederer. Dies dürfte die Aufgabe seines Nachfolgers werden. Denn Ferdinand Riederer gibt am 2. Juni das Verbandspräsidium der Schreiner des Kantons St.Gallen an der ordentlichen Delegiertenversammlung in Mels ab. Ganz verabschieden von der Schreinerbranche wird er sich hingegen nicht. «Auf Wunsch des Vorstandes werde ich die Realisierung des neuen Schulstandorts weiter begleiten», freut sich Ferdinand Riederer sichtlich. Die Freude an der Verbandsarbeit hat er nie verloren. Im Gegenteil: Er hat bis zum Schluss neue Projekte angerissen, Verbesserungen eingeleitet und die Schreinerbranche für die Zukunft gerüstet.

Schreinerberuf bleibt beliebt

Das Interesse am Schreinerberuf bleibt ungebrochen hoch. «Letztes Jahr durften wir mit einer zusätzlichen Klasse starten. Auch dieses Jahr erwarten wir wieder viele Lehrlinge», blickt Ferdinand Riederer positiv in die Zukunft. In den letzten Jahren hat sich der Schreinerberuf aufgrund der Technologisierung und des vermehrten Einsatzes von CNC-Maschinen stark entwickelt. Auch was die Hilfsmittel zur Förderung der Gesundheit, die Schutzvorrichtungen und zum Heben von Lasten betrifft. Geblieben ist das Grundhandwerk. «Die Lehrlingswettbewerbe zeigen eindrücklich den modernen Stil, die Kreativität der heutigen Schreinerinnen und Schreiner, sowie den Mut zu Kombination verschiedener Hölzer und Werkstoffe», erklärt Ferdinand Riederer. Der einheimisch nachwachsende und ökologische Werkstoff Holz geniesst ohnehin eine grosse Beliebtheit. Tropenhölzer hingegen sind erfreulicherweise fast gänzlich verschwunden. Abschliessend meint Ferdinand Riederer: «Der Schreinerberuf hat eine gute Zukunft. Der duale Bildungsweg ist super und das Handwerk geniesst wieder ein höheres Ansehen.» Es scheint so, dass Ferdinand Riederer den idealen Zeitpunkt gefunden hat, seine Ämter nach fast 50 Jahren in jüngere Hände zu geben. Dank der nun gewonnenen Freizeit wird er künftig wieder vermehrt in seiner Schreinerei anzutreffen sein, mit dem Wohnmobil durch Europa ziehen oder weiter die Welt erkunden. Wer sein Leben lang so viel geleistet hat, kommt auch mit 73 Jahren nicht zur Ruhe.

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Autor/in
Ralph Dietsche

Ralph Dietsche ist Geschäftsführer und Inhaber der Kommunikationsagentur radikom GmbH mit Sitz in Rüthi.

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