Der Swiss F-35-Club (von links): Thomas Freimüller, Präsident Sandro Näf und This Wolfensberger.
Seit letztem Wochenende gibt es einen Verein, der den Kauf der F-35A Kampfflugzeuge des amerikanischen Herstellers Lockheed Martin unterstützt und sich für die Armee und eine schlagkräftige Luftwaffe stark macht. Präsident des Vereins ist der Wiler Sandro Näf.
Letztes Wochenende haben Thomas Freimüller, Sandro Näf und This Wolfensberger den Swiss F-35 Club gegründet. Mit ihrem Verein wollen sie den Befürwortern der Armee und der Luftwaffe im Allgemeinen und der F-35 im Besonderen eine Stimme geben. Sandro Näf aus Wil präsidiert den Verein und beantwortet im Interview Fragen zur F-35A, zur Armee und zur Luftwaffe.
Herr Näf, warum ist die F-35A der perfekte Flieger für die Schweiz?
Um es vorweg zu nehmen, den «perfekten» Flieger für die Schweiz - wie auch für sonst wen - gibt es nicht. Ich würde darum vom «besten» Flieger für die Schweiz sprechen: Eine Expertengruppe aus rund 70 Personen hat in einer dreijährigen aufwändigen und äusserst professionell durchgeführten Evaluation, die auch international für Anerkennung sorgte, klar aufzeigen können, dass die F-35 in den meisten Punkten klar gewonnen hat. Zudem ist sie das aktuell modernste und technisch fortgeschrittenste Kampfflugzeug, das wir zum gleichzeitig besten Preis bekommen.
Die F-35 machte unter anderem das Rennen, weil sie das einzige Flugzeug der 5. Generation im Auswahlverfahren war. Alle anderen Entwürfe stammen aus den 70er bis 80er Jahre und sind schon rein aus designtechnischen Gründen veraltet. Natürlich haben auch diese Flugzeuge neue Triebwerke, Avionik und Bewaffnung erhalten, aber die «Karosserie» welche die aerodynamischen Bedingungen festlegen sind nicht mehr aktuell. Zudem ist der Radarquerschnitt bei der F-35 extrem klein, was das Entdecken des Zieles sehr erschwert und dem Piloten einen entscheidenden taktischen Vorteil und wesentlich bessere Überlebenschancen bietet. Diese Technologie, die Radarsignatur zu verkleinern, war damals noch in den Kinderschuhen und nur die USA verfolgten damals diese Idee.
Des Weiteren ist die F-35 modular konstruiert worden. Es können also Komponente relativ einfach ausgetauscht und durch modernere ersetzt werden. Sei dies nun Triebwerk, Radar oder Avionik. Das ganze Flugzeug ist sehr flexibel konstruiert worden.
Neben der technologischen Überlegenheit ist aber der Preis auch ein entscheidender Faktor, der bei der F-35 ungeschlagen tief ist. Das mag zuerst widersprüchlich klingen, ist es doch das neueste, bestausgerüstete und somit kostenintensivste Flugzeug. Da die Lightning II jedoch in viel höheren Stückzahlen produziert werden als alle anderen Konkurrenten zusammen, kann der Preis erheblich gedrückt werden.
Gibt es nichts, das gegen die F-35A spräche?
Es gibt einiges, das man der F-35 entgegenhalten kann. Kritik anbringen ist immer sehr einfach. Und wie bei jedem Flugzeug ist es ein Kompromiss aus dem technologisch machbaren, finanziell bezahlbaren und den Anforderungen der Auftraggeber als solches im Allgemeinen. Es gibt kein Flugzeug, das alles kann und überall die besten Leistungen bringt. Um Konkrete Beispiele zu nennen: Zuerst einmal ist es das einzige Flugzeug, das nur mit einem Triebwerk ausgestattet ist. Fällt dieses aus, muss der Pilot sehr schnell eine Entscheidung treffen. Auch wenn es das leistungsstärkste und mit Abstand das sicherste Triebwerk ist, das je in einem Kampfjet Verwendung fand, gibt es nie eine 100-prozentige Garantie.
Was hier wiederum aber ein Vorteil ist, dass ein Flugzeug mit nur einem Triebwerk wesentlich tiefere Unterhaltskosten mit sich bringt. Des Weiteren ist es ein amerikanisches Produkt; ein Argument das vor allem von der linken Seite gegen die F-35 ins Feld gebracht wird. Aus meiner Sicht ist das irrelevant. Oder wären die Gegner zufrieden, wenn das Militär einen teureren, leistungsschwächeren Europäer gekauft hätten? Das wage ich sehr zu bezweifeln. Frau Bundesrätin Amherd hat es richtig gesagt. Hier werden Steuergelder verwendet. Und diese Gelder werden mit der nötigen Sorgfalt und Achtsamkeit investiert.
Die Liste könnte beliebig weiter ausgeführt werden und wir könnten natürlich jedes Argument auch entkräften, aber das würden den Rahmen hier sprengen und bringt auch nicht besonders viel.
Wichtig ist, dass wir uns für das beste Flugzeug entschieden haben, nicht für das perfekteste. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt optimal. Darüber sollten wir Steuerzahler uns eigentlich freuen.
Ihr Verein ist der Ansicht, dass die Schweiz erstens eine Armee und zweitens mit Luftwaffe braucht. Zu Punkt eins: Ist das Milizsystem der Armee, das nur Männer zum Dienst «zwingt», noch zeitgemäss?
Darüber kann man natürlich diskutieren, ist aber nicht Themengegenstand unseres Clubs. Uns geht es nicht darum, wie die Armee organisiert ist, sondern dass sie existiert und funktioniert. Sie muss Ihre Aufgabe erfüllen können, wie sie das macht ist ihre Sache. Wir wollen diesbezüglich kein Statement oder Ratschläge abgeben. Da fehlt es uns an Kompetenz und Einblick. Aber eines wollen wir klar festhalten: In unseren Augen ist es sehr erfreulich, dass immer mehr Frauen Bestandteil der Armee sind. Die Armee braucht Frauen.
Zu Punkt zwei: Die Schweiz hat einen sehr kleinen Luftraum. Könnte man da die Polizei- und Verteidigungsarbeit nicht outsourcen anstatt für viel Geld eigene Kampfflugzeuge kaufen?
Natürlich könnte man das. Man könnte auch die Staatsgefängnisse auflösen, eine Kolonie oder Insel erwerben und alle Häftlinge dort unterbringen. Das wäre bestimmt auch günstiger. Nicht zu vergessen die Feuerwehr, die zu 90 Prozent ihrer Existenz sowieso nicht gebraucht wird. Diesen Job könnten doch die Amerikaner mit ihren Wasserbombern von Spangdahlem aus übernehmen. Ein Überflug und jeder Brand wäre gelöscht…
Mit dieser Art von Argumentation gewinnt man natürlich jede Diskussion am Stammtisch. Wenn wir aber ernsthaft um unsere Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und Freiheit bemüht sein wollen, dann müssen wir sie auch selber schützen. Wenn wir die Verantwortung an jemanden anderes abtreten, dann ist dies ist in höchstem Masse gefährlich und Verantwortungslos. Zudem wäre das mit unserer Neutralität nicht vertretbar. Denn wenn wir wirklich einmal eine Krisensituation in Europa haben sollten, dann wird jeder zuerst für sich selber schauen. Das ist übrigens kein Vorwurf, sondern nur logisch. Da wären wir unter Umständen sehr schnell schutzlos allem ausgeliefert, was da kommen mag. Zudem müsste die Schweiz enorm viel Geld an einen anderen Staat zahlen, damit dieser unseren Luftraum permanent überwachen würde.
Es gibt aber auch noch andere Gründe: Wenn wir diesen Schutz wollen, dann sollen wir ihn auch selber stemmen mit allen Konsequenzen wie Lärm, Kosten oder eben dem neuerdings viel beschrieene CO2-Ausstoss. Das CO2-Thema ist bestimmt wichtig und es besteht dringender globaler Handlungsbedarf, dieses Problem zu lösen. Dieses Argument jedoch gegen die F-35 ins Feld zu bringen, ist einfach nur lächerlich. Jeder, der dies anders sieht, sollte sich unbedingt einmal informieren, wie viel CO2 sein letzter Auslandsbesuch mit dem Flugzeug verursacht hat und wie viele Flugzeuge täglich um den Globus fliegen. Wenn es beim Buchen unserer Ferienziele egal sein soll, wie viel CO2 wir ausstossen, wir aber bei unserer Sicherheit dieses «mü» gespart haben wollen um unser ökologisches Gewissen zu beruhigen, dann kann ich nur sagen, dass diese Art von Argumentation extrem fadenscheinig und scheinheilig ist.
Wer ernsthaft eine solche Frage in den Raum wirft, hat aus meiner Sicht grundlegend nicht verstanden, weshalb wir eine Armee, beziehungsweise eine Luftwaffe benötigen und schätzt zudem nicht, was wir alles gutes an der Schweiz haben, das es zu schützen und bewahren gilt. Hinzu kommt, dass es nach aussen auch ein Signal sendet. Die Schweiz wäre bereit, im Notfall zu reagieren. Und dies ist auch ein wesentlicher Faktor. Auch ist es wichtig die internationalen Konferenzen und Institutionen zu schützen. Denken Sie an das WEF oder die UNO in Genf und so weiter. Was auch noch extrem wichtig ist und nicht vergessen werden darf, ist die Partnerschaft mit anderen Staaten. Wenn die Schweiz keine Luftwaffe mehr hätte, dann wären unsere Nachbarländer einer grösseren Bedrohung ausgesetzt. Die Reaktionszeit der Nachbarstaaten würden massiv reduziert. Sie dürfen nicht vergessen, dass die Schweiz einen enormen Beitrag zur Sicherheit in Europa beiträgt. Wir können dank unserer Luftwaffe unsere Nachbarstaaten im Notfall warnen. Wenn wir dies nicht mehr könnten, dann gäbe es ein Sicherheitsvakuum für Europa. Dies ist ganz sicher nicht im Interesse der EU.
Zurück zu Ihrem Verein: Sie sagen, es seien bezüglich der neuen Kampfflugzeuge viele falsche Meldungen im Umlauf. Zum Beispiel?
Wo soll ich da anfangen?… Um diese Frage seriös beantworten zu können, müsste ich jetzt die Quellen konkret benennen, was auf die entsprechenden Medienhäuser, Redakteure etc. ein schlechtes Bild werfen würde. Wir wollen keinen Konflikt mit anderen Medienschaffenden provozieren, sondern bei Fragen faktenbezogene, seriöse Erklärungen abgeben.
Ganz allgemein kann ich zum Beispiel das Kostenthema anbringen. Oft wurde behauptet, dass der Kauf das Volk 5 Milliarden kosten würde. Diese Summe wurde bis zu 8 und noch mehr Milliarden hochstilisiert. Was sehr wichtig dabei und fast immer ignoriert wurde, ist, dass das Geld nicht zusätzlich vom Steuerzahler bezahlt werden wird, sondern sich das Militär vom eigenen Budget selber abgespart hat. Ob das Flugzeug beschafft wird oder nicht; der Staat wird dabei nicht mehr belastet. Das heisst natürlich auch umgekehrt, dass bei einer Nichtbeschaffung der F-35 nicht mehr Geld für Bildung, Gesundheitswesen oder ähnlichem zur Verfügung stehen würde. Das Argument, bei einer Nichtbeschaffung könne man das Geld besser einsetzen, höre ich immer wieder und es zeigt mir eindrücklich, wie schlecht die Leute informiert sind respektive, wie schlecht die grossen Medienhäuser die Leser informiert haben.
Die Gegner der F-35 gehen grundsätzlich aber immer mit derselben Taktik vor: Sie nehmen sich ein Fakt, Thema oder Zitat und lassen dann einen Teil aus oder erfinden etwas dazu. Dies gibt dann den fadenscheingien Eindruck einer seriösen Berichterstattung und die Argumente sind für den Laien durchaus stichhaltig, ohne dass diese sich Gedanken darüber machen müssten, was die Konsequenzen bei einer Nichtbeschaffung wären. Diese sind durchaus beängstigend und es erstaunt mich immer wieder sehr, dass über dieses Thema bis jetzt nur sehr selten geschrieben wurde.
Zu guter Letzt: Wie wollen Sie die Bevölkerung von der F-35A überzeugen?
Mit Fakten natürlich. Anders geht es aus unserer Sicht gar nicht. Wir informieren und klären auf, was von anderen Medien falsch oder Lückenhaft geschrieben wurde. Wir wollen aber nicht einen Werbefeldzug für ein neues Kampfflugzeug starten, sondern den Skeptikern erklären, weshalb es so wichtig ist, eine eigene, selbstständige und gut ausgerüstete Luftwaffe zu haben.
Oder aber, wenn wir diese abschaffen würden - und daraus würde es bei einem «Ja» des Referendums hinauslaufen - welche Konsequenzen es für uns haben würde. Kurz, es geht um viel mehr, als «nur» um die F-35! Dies steht übrigens auch im Initiativtext der Gegner. Unter Punkt 2 steht, dass das Armeebudget angepasst werden muss. Das heisst im Klartext, dass gar kein Geld mehr vorhanden sein wird, um die Luftwaffe zu modernisieren. Hier möchte ich noch etwas Wichtiges anfügen. Praktisch alles Staaten in Europa investieren wieder mehr in ihre Landesverteidigung. Das machen sie nicht ohne Grund. Zum Teil sogar über 2.5 Prozent des jeweiligen BIP. Und die Schweiz investiert gerade mal 0.7 Prozent des BIP. Wir übertreiben es also überhaupt nicht mit unseren Investitionen in unsere eigene Sicherheit. Ich denke, dass sollte auch mal gesagt werden. Zudem wird die F-35 bereits in mehreren europäischen Staaten betrieben; aktuell wären es mit der Schweiz acht Staaten. Hinzu kommt, dass noch vier zusätzliche europäische Staaten die F-35 ins Auge fassen. Das wären dann insgesamt 12 Europäische Staaten, die den Jet betreiben würden.
Der Swiss F-35-Club (von links): Thomas Freimüller, Präsident Sandro Näf und This Wolfensberger.
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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