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Der Pionier Henri Kunkler

Flugpionier: Bei 90 km/h Flugwind über die Ostschweiz

Der Name Henri Kunkler sagt vielen Menschen heute kaum mehr etwas. Zu Unrecht. Als wagemutiger Abenteurer verblüffte er vor dem Ersten Weltkrieg die staunenden Ostschweizer.

Adrian Zeller am 08. August 2019

Die Motorfliegerei war gerade Mal zehn Jahre alt, als Henri Kunkler im Frühjahr 1913 die jubelnden Einwohner der Stadt St. Gallen mit seinem knatternden Fluggerät bei einem zwölfminütigen Überflug begeisterte. Fliegen war damals eine Sensation.

Die Gebrüder Wright hatten 1903 in den USA ihren ersten Motorflug absolviert. In der Folge breitet sich das Flugfieber auf anderen Kontinenten aus. Verschiedene Wagemutige wurden zu «Tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten» wie eine einst populäre Filmkomödie treffend titelte.

Die ersten Fluggeräte bestanden damals lediglich aus einem Metallgerippe, das zu Teil mit Stoff überspannt war, einem Fahrwerk und einem lärmigen Motor, der den Propeller antrieb. Für den Piloten und den Passagier gab es je eine Sitzfläche. Beide waren bei Geschwindigkeiten bis zu 90 km/h dem Flugwind ausgesetzt.

Absturz in den See

Der 1886 in St. Gallen geborene Bäcker- und Konditorensohn Heinrich Otto, genannt Henri, Kunkler war einer von jenen frühen Abenteurern, die in der Schweiz den Traum vom Fliegen verwirklichten. Allerdings löste sich sein Traum eines Tages in Luft auf.

Fliegen war damals eine echte Herausforderung für Verwegene. Ob das anvisierte Flugziel heil erreicht würde, war bei jedem Start ungewiss. Motorpannen, Notlandungen und Unfälle waren häufig. Mehrmals stürzte Kunkler ab, zum Teil wurde er dabei verletzt. Und sein Fluggerät wurde beschädigt oder gar zerstört.

Entmutigen liess er sich nicht. Von einem Flugtag in Gossau am 15.März 1913 heisst es etwa in den Aufzeichnungen: bei Landung Schranke durchbrochen und ins Publikum. Keine Verletzungen. Apparat leicht beschädigt. Im Juli 1914 wurde notiert: Bei Passagierflug über Luzern infolge Propellerbruchs in den Vierwaldstättersee gefallen. Motorboot rettet Flieger und Passagier, Maschine leicht beschädigt.

Henri Kunkler

Riesiges Publikumsinteresse

In verschiedenen Ortschaften in der Ostschweiz fanden damals Flugtage mit Schau- und Passagierflügen statt, sie dienten der Geldbeschaffung. Die Besichtigung des Fluggeräts aus der Nähe kostete 50 Cts.; bei den Zuschauerplätze war für die 1. Kategorie 1.- Fr. und für die 2.Kategorie 50 Cts. zu entrichten. Zu diesen Veranstaltungen strömte das Publikum in Massen.

Über die Flugtage in Wil hiess es damals in einem Lokalblatt: «Letzten Samstagabend, etwa um 7 Uhr, erschien der kühne Flieger in majestätischem Fluge über unserem Städtchen und das laute Surren lockte sofort Jung und Alt auf die Strasse und nach der Thurau, wo er nach einem prächtige Gleitfluge glücklich landete.» Er war zu seinem Flug in Frauenfeld gestartet und in 12 Minuten nach Wil geflogen. Allerdings klappte es nicht beim ersten Versuch, mehrmals hatte er zuvor notlanden müssen.

Eigenen Flugapparat konstruiert

Kunkler war nicht nur ein verwegener Flugpionier, er war auch ein Tüftler, 1912 konstruierte er ein neues Flugzeug, das die Bezeichnung «Rossier-Kunkler» trug. Das Gerät hatte er zusammen mit dem Konstrukteur Rossier entwickelt.

Henri Kunkler

Von Schweizer Luftwaffe abgewiesen

1914 meldete er sich als Freiwilliger zur schweizerischen Fliegertruppe. Da er verheiratet war, wurde er nicht berücksichtigt. Seine Frau war eine Tochter des Schokoladenfabrikanten Maestrani. Aus Enttäuschung wechselte er nach Deutschland, wo er Chefpilot und Fluglehrer an den Militärfliegerschulen Freiburg i.Br., Leipzig und Bork i.M. wurde.

1921 wagte Kunkler zusammen mit einem Partner den ersten Fallschirmsprung der Schweiz. In den Folgejahren war er öfters mit Fluggeräten neueren Typs unterwegs.

1927 hängte der leidenschaftliche Pilot die Fliegerei an den Nagel. Sie bot ihm zu wenig berufliche Möglichkeiten. Er wurde Handelsvertreter. 1951 starb er in bescheidenen finanziellen Verhältnissen in St. Gallen.

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Autor/in
Adrian Zeller

Adrian Zeller (*1958) hat die St.Galler Schule für Journalismus absolviert. Er ist seit 1975 nebenberuflich, seit 1995 hauptberuflich journalistisch tätig. Zeller arbeitet für diverse Zeitschriften, Tageszeitungen und Internetportale. Er lebt in Wil.

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