Abweichende Meinungen werden immer weniger akzeptiert. Die Moralkeule ersetzt das Argument.
Dies gehört: «Das was ja Elon Musk so hochhält, diese Redefreiheit, finde ich eigentlich, dass das demokratische Legitimation braucht. Eine Gesellschaft einigt sich darauf, was gesagt werden darf und wo die Grenzen sind, was dann nicht mehr gesagt werden darf.» (Quelle: SRF-Digitalredaktor Guido Berger, SRF news, 4x4 Podcast, 26.4.2022)
Das gedacht: An sich ist die Sache klar. Grundrechte sind in ihrer ursprünglichen Bedeutung Abwehrrechte des einzelnen Bürgers gegen den Staat. Dazu gehört die in Artikel 16 der Bundesverfassung garantierte Meinungs- und Informationsfreiheit. Jede Person hat das Recht, ihre Meinung zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.
Kommunikationsrechte sind elementar für den politischen Meinungsbildungsprozess und die Grundvoraussetzung einer funktionierenden Demokratie. Einschränkungen sind nur unter ganz besonderen, strengen Voraussetzungen erlaubt. Nicht entscheidend ist, ob die geäusserte Meinung mehrheitsfähig ist. Im Gegenteil. Grundrechte sind Minderheitenschutz.
Ganz anders sieht dies der Digitalredaktor des Schweizer Radio und Fernsehen. Er stellt die Meinungsäusserungsfreiheit gewissermassen auf den Kopf. Für ihn geht es nicht um Abwehrrechte des Einzelnen, um Minderheitenschutz, sondern einzig und allein um das Kollektiv. Die Gesellschaft einigt sich darauf, was gesagt werden darf und was nicht.
Folgt man der Logik des SRG-Mannes, dann ist es beispielsweise in Ordnung, wenn eine von der Mehrheit der Bevölkerung getragene Regierung das Wort «Krieg» verbietet und unter Strafandrohung durch den Begriff «militärische Sonderoperation» ersetzt.
Nun drängt sich der Verdacht auf, dass der Wortbeitrag in der Sendung 4x4 Podcast eher unbedarft erfolgte. Grundrechte gehören wohl kaum zum Spezialgebiet eines Digitalredaktors. Dies macht die Sache allerdings nicht besser. Die locker hingeworfenen Worte dokumentieren vielmehr eine Haltung, die zunehmend die öffentliche und vor allem die veröffentlichte Meinung prägt. Abweichende Meinungen werden immer weniger akzeptiert.
Besonders deutlich zeigte sich diese Intoleranz während der Corona-Pandemie. Wer Vorbehalte gegenüber der Massnahmenpolitik des Bundesrates äusserte, landete rasch einmal in der Ecke von Verschwörungstheoretikern und Aluhüten. Und damit im Abseits. Die Moralkeule ersetzt das Argument.
Auf der Strecke bleibt damit alles, was unsere Gesellschaft ausmacht. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, so Rosa Luxemburg. Eine Überzeugung, die ganz besonders für Medien gelten sollte, die als angeblicher Service public bei der gesamten Bevölkerung Zwangsgebühren einkassieren. Auch bei den Andersdenkenden.
Kurt Weigelt, geboren 1955 in St. Gallen, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Seine Dissertation verfasste er zu den Möglichkeiten einer staatlichen Parteienfinanzierung. Einzelhandels-Unternehmer und von 2007 bis 2018 Direktor der IHK St.Gallen-Appenzell. Für Kurt Weigelt ist die Forderung nach Entstaatlichung die Antwort auf die politischen Herausforderungen der digitalen Gesellschaft.
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