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Stiftung Workaut

«Für die Inklusion von Menschen mit Autismus besteht dringender Handlungsbedarf!»

Um Menschen mit Autismus noch besser zu unterstützen, wurde aus der Lebens- und Arbeitsbegleitung die Stiftung Workaut. Gründer Florin Scherrer und Stiftungsratspräsident Hubert Kempter geben Einblick in ihre Arbeit.

Manuela Bruhin am 13. April 2023

Die Lebens- und Arbeitsbegleitung für Menschen mit Autismus wird neu eine Stiftung. Weshalb war dieser Schritt nötig?

Florian Scherrer (Bild oben): Um das Angebot langfristig zu sichern, ist die Überführung von einer Einzelfirma in eine andere Form, zum Beispiel in eine Stiftung, sinnvoll. Bei einer Einzelfirma wäre alles von einer einzelnen Person abhängig gewesen, also von mir – und dies bringt ein Klumpenrisiko mit sich. Mit einer Stiftung sind wir breiter abgesichert, das macht uns stark für die Zukunft.

Die autistischen Menschen werden über die gesamte Lebensspanne begleitet. Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?

Hubert Kempter (Bild unten): Workaut begleitet die Klient*innen aktuell noch nicht über die gesamte Lebensspanne hinweg. Beispielweise haben wir momentan kein Angebot für kleine Kinder oder für ältere Menschen. Unser derzeit ältester Klient, den wir beim Wohnen begleiten, hat Jahrgang 1968. Unsere Vision ist, dass wir ein Angebot für die gesamte Lebensspanne machen können. Uns ist es wichtig, dass die Stiftung Workaut nicht nur spezifisch auf Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder auf die Bereiche Kindergarten, Schule, Arbeit und Wohnen ausgerichtet ist, sondern auf das ganze Leben.

Ihr Ziel ist es, die Lebensqualität von autistischen Menschen zu verbessern. In welchen Bereichen hapert es am meisten?

Hubert Kempter: Die Schweiz hat die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben, doch diese wird nicht umgesetzt, und das trifft auch Menschen mit Autismus. Bei der Integration und Inklusion von Menschen mit Autismus in der Gesellschaft besteht aber dringender Handlungsbedarf! Aus meiner Sicht hapert es in den Bereichen Frühförderung, Schule, angepasste Arbeitsplätze und Wohnsituation am meisten. Beim Wohnen beispielsweise besteht das Ziel darin, dass Betroffene alleine wohnen können und dabei von Fachpersonen unterstützt werden. Dies gilt auch für die Gestaltung der Freizeit.

Autismus ist nicht auf den ersten Blick «ersichtlich». Ist genau das die Schwierigkeit?

Hubert Kempter: Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten in sozialen und kommunikativen Situationen mit der Umwelt.

Alltägliche Dinge wie Einkaufen sind für autistische Menschen eine grosse Herausforderung. Deshalb haben einige Detailhändler reagiert und die «stille Stunde» eingeführt. Wäre das ein richtiger Ansatz?

Hubert Kempter: Ich finde, dass das ein guter Ansatz ist, um den autistischen Menschen den Alltag ein Stück weit zu erleichtern.

Die Einzelfirma wurde bereits vor zehn Jahren gegründet. Welche Meilensteine waren besonders wichtig?

Florian Scherrer: Allgemeine Meilensteine gibt es nicht. Doch Workaut schaffte es im Laufe der Zeit immer wieder, für einzelne Menschen mit Autismus individuelle und passende Lösungen zu finden und umzusetzen. Das Angebot konnte stetig ausgebaut werden, beispielsweise bei den Arbeits-, Wohn- und Ausbildungsplätzen. Wir haben auch viel Aufklärungsarbeit geleistet und die Leute über Autismus und die damit verbundenen Herausforderungen informiert. Als Stiftung können wir diese Ziele nun langfristig abgesichert weiterverfolgen.

Hubert Kempter
Stölzle /  Brányik
Autor/in
Manuela Bruhin

Manuela Bruhin (*1984) aus Waldkirch ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».

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