Die Einsprachen gegen ein Baugesuch in Diepoldsau werden vom Gemeinderat Eggersriet behandelt. Der Grund: Der Gemeinderat Diepoldsau ist in dieser Sache nicht beschlussfähig. Fünf von sieben Gemeinderäte müssen in den Ausstand treten, weil sie befangen sind.
Am 1. Juni 2018 machte die Bauverwaltung Diepoldsau ein Baugesuch für den Neubau einer Gemüserüsthalle bekannt. Gegen das Baugesuch, den Teilzonenplan und die Teilrevision von Baureglement und Zonenplan gingen je rund 400 Einsprachen ein.
Eine gewaltige Zahl. Und sie wurde erschwert durch die Tatsache, dass fünf von sieben Mitgliedern des Gemeinderats Diepoldsau in den Ausstand treten mussten. Das Baugesuch wurde von Gemeinderat Stefan Britschgi eingereicht, der in der Gemeinde einen Hof betreibt. Dort wird Gemüse angebaut, aber auch das Gemüse von Dutzenden von Zulieferern verarbeitet. Britschgi ist nicht nur Gemeinderat, sondern auch FDP-Kantonsrat und im Herbst Nationalratskandidat seiner Partei.
Und offenbar sind neben ihm weitere vier Gemeinderatsmitglieder nicht unbefangen. Einer ist neben Britschgi Mitglied des Verwaltungsrats der Bauherrin. Und drei weitere Gemeinderäte sind mit einem oder mehreren Einsprechenden verwandt und müssten für die Behandlung der Einsprachen ebenfalls in den Ausstand treten.
Damit ist die Behörde nicht mehr beschlussfähig. Das kantonale Departement des Innern hat deshalb den Gemeinderat Eggersriet beauftragt, über die hängigen Einsprachen zu entscheiden.
Im Zusammenhang mit dem Baugesuch hatte der Gemeinderat Diepoldsau einen Teilzonenplan beschlossen, mit dem das Grundstück in die Arbeitszone umgezont werden soll. Damit das überhaupt möglich ist, hat der Gemeinderat Diepoldsau eine Teilrevision des Zonenplans und des Baureglements beschlossen. Diese Anpassungen wurden zusammen mit dem Teilzonenplan amtlich bekannt gemacht.
In dem Monat, in dem Baugesuch, Teilzonenplan und Teilrevision von Baureglement und Zonenplan öffentlich aufgelegt wurden, gingen sieben Einzeleinsprachen beim Gemeinderat Diepoldsau ein. Dazu kamen allerdings auch Sammeleinsprachen. 401 Personen unterzeichneten die Einsprache gegen das Baugesuch, je 398 Personen unterzeichneten die Einsprache gegen den Teilzonenplan und die Teilrevision des Zonenplans und 395 Personen unterzeichneten die Einsprache gegen die Teilrevision des Baureglements.
Ein Gemeinderat, der nicht beschliessen kann: Da musste der Kanton eingreifen. Das Mittel heisst «Einsetzung einer Ersatzverwaltung». «Dabei ist es sinnvoll, als Ersatzverwaltung eine Gemeinde einzusetzen, die nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zur politischen Gemeinde Diepoldsau liegt, da sich damit die Wahrscheinlichkeit eines Ausstandsgrunds verringern dürfte und ein hohes Mass an Unabhängigkeit gewährt ist», schreibt das Amt fpr Gemeinden.
Die politische Gemeinde Eggersriet beziehungsweise der Gemeinderat Eggersriet erfülle diese Kriterien. Der Gemeinderat Eggersriet hat sich auf Anfrage hin bereit erklärt, als Ersatzverwaltung über die Einsprachen gegen das Baugesuch, den Teilzonenplan und die Teilrevision von Zonenplan und Baureglement zu entscheiden. Das Departement des Innern beauftragt den Gemeinderat Eggersriet anstelle des Gemeinderates Diepoldsau, über die Einsprachen zu entscheiden.
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