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Zeyer zur Zeit

Geschwurbeltes vom Professor

Der Kanton Luzern hat eine Medienkonferenz abgehalten. Die Lage in den Spitälern spitze sich weiter zu. Omikron, Triage, Ausfälle beim Personal. Furchtbar und unvorhersehbar. Oder?

«Die Ostschweiz» Archiv am 29. Dezember 2021

Im Bild oben: Das Luzerner Kantonsspital. (Bild: Wikimedia)

Ärztliche Informationen sollten genau, seriös, verantwortungsvoll, medizinisch fundiert sein. Und aus berufenem Mund kommen. So wie die Äusserungen von Prof. Christoph Henzen. Er ist der «Leiter Pandemiestab LUKS» und Chefarzt am Kantonsspital Luzern.

Der meint: «Es herrscht wieder Hochbetrieb bezüglich Covid.» Hoppla, da sind wir doch in der Zeit verrutscht, das meinte er am 20. August; mitten in der Sommerpause. Inzwischen wird von verschobenen Operationen, Triage und anderen schlimmen Dingen geredet.

Auch Henzen blickt an der Medienkonferenz streng ins Publikum und sagt: «Ein Covid-Intensivpatient braucht etwa gleichviel Ressourcen wie acht bis zehn Herzpatienten», laut srf news.

Das ist eine interessante Behauptung. Henzen ist sicherlich Kardiologe, noch besser wohl Epidemiologe oder Virologe. Leider nein, sein Fachgebiet ist die Endokrinologie, die sich mit hormonbedingten Erkrankungen und die Diabetologie, die sich mit Diabetes befasst.

Aber das macht ja nichts, wenn Not am Mann ist, darf doch auch ein Endokrinologe, ist ja nicht weit daneben, Epidemiologe und Leiter eines Stabs werden. Man wächst doch an den Aufgaben.

Komische Sachen sollte man deswegen aber nicht sagen. Will der Professor etwa behaupten, ein Covid-Patient auf der IPS brauche so viel Ressourcen wie zehn Herzpatienten auf der Intensivstation? Das kann ja nun nicht gut sein.

Oder meint er, ein IPS-Patient brauche gleich viel Aufwand wie zehn Patienten auf der Normalstation? Das könnte hinhauen, aber dann vergleicht er ja wohl Äpfel mit Birnen, Bakterien mit Viren, Hormone mit Blutzucker.

Dann könnte man wohl auch sagen, dass ein Herzpatient auf der IPS gleich viel Ressourcen brauche wie zehn Corona-Patienten mit normaler Hospitalisierung. Oder nicht?

Erschwerend kommt bekanntlich hinzu, dass laut Bundesamt für Statistik die Erhebungsmethode in der Schweiz keine Aussage darüber zulässt, ob ein Patient wegen oder mit Corona hospitalisiert wurde. Auch wenn er sich im Spital damit ansteckte, wird er einfach als Coronafall behandelt. Im Ernstfall stirbt auch der schwer an Altersdiabetes, Arthrose, Bluthochdruck und chronischen Verdauungsproblemen leidende Patient nicht etwa am dritten Herzinfarkt oder den Folgen einer Krebsoperation, sondern an Covid.

Auch das sagt Professor Heinzen nicht. Er sieht offenbar seine vornehmste Aufgabe darin, die Bevölkerung zu schrecken. Der geht er schon länger nach, ohne dass ihm bislang die nötige Aufmerksamkeit zuteil wurde.

Also hat er nochmal Anlauf genommen und mit seinen Beiträgen an der Medienkonferenz hat er es diesmal geschafft. Er wird in den Medien breit zitiert. Das ist schön für Henzen, wir gönnen jedem seine 15 Minuten Ruhm und wollen nicht, dass gerade Endokrinologen an Aufmerksamkeitsdefiziten leiden. Wer sich mit Drüsen und Hormonen befasst, steht normalerweise nicht im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Dieses Schicksal teilt der Endokrinologe mit dem Epidemiologen, da ist sicherlich eine gewisse Seelenverwandtschaft vorhanden. Die meisten dieser Fachkräfte führen sich auf, als seien sie Wiedergänger von Hiob. Vorher medial völlig unbewandert, haben sie schnell kapiert, dass die Mitteilung «business as usual, alles im grünen Bereich» keine grossen Chancen auf breite Wahrnehmung hat.

Aber ein Wettbewerb im Überbieten mit möglichen Todesfällen (Schweizer Rekord bislang: 100'000 angekündigt) und nun mit Triagen, also der Selektion, welche Patienten die besten Überlebenschancen haben, ist das seriös?

Könnte es sein, dass solche Hiobsbotschaften eine Nebelwand vor dem eigenen Versagen errichten sollen? Denn alle an dieser PK teilnehmenden Amtsträger sind mitverantwortlich für den Skandal, dass während der Corona-Pandemie die Zahl der benützbaren, zertifizierten Intensivbetten deutlich abgenommen hat.

Sie sind auch dafür mitverantwortlich, dass wir für das zweitteuerste Gesundheitssystem der Welt 82 Milliarden Franken pro Jahr ausgeben – das dafür nicht in der Lage ist, mehr als 865 funktionsfähige Intensivbetten in der Schweiz anzubieten.

Das wäre doch ein viel interessanteres Thema als den Ressourcenaufwand abzuschätzen. Aber dazu will sich keiner der Gesundheitsbürokraten und Ärzte äussern. Und die anwesenden Journalisten sind nicht fähig, die entsprechenden Fragen zu stellen. So sad, so traurig, wie Donald Trump mit geheucheltem Mitgefühl zu sagen pflegte.

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