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Walder-Story geht weiter

Grossverlage und Bundesrat stecken unter einer Decke

Der Fall Ringier ist kein Einzelfall. Jetzt ist ein weiterer brisanter Beleg dafür aufgetaucht, dass die Schweizer Medienkonzerne mit der Regierung gemeinsame Sache machen.

Philipp Gut am 29. Januar 2022

An Silvester habe ich aufgedeckt, dass Ringier-CEO Marc Walder die Redaktionen des Medienkonzerns weltweit anwies, in der Pandemie die Regierung zu unterstützen. Die Enthüllung löste im In- und Ausland einen Sturm der Entrüstung aus. Der Tenor: Das sei «Gift für die Demokratie» (Tages-Anzeiger) und untergrabe die Glaubwürdigkeit des Journalismus.

Beim Verursacher Ringier versuchte man den Brand zu löschen. Selbst Verleger Michael Ringier schaltete sich ein und meinte, das sei keine «Sternstunde» seines obersten Angestellten gewesen – so die Sprachregelung. Gleichzeitig beeilte sich Ringier zu betonen, es sei alles nicht so gemeint und bloss unglücklich formuliert gewesen.

PR-Aktion in Absprache mit Bundesrat

Doch nun zeigt sich: Das Video mit den entlarvenden Aussagen von Marc Walder («Wir wollen die Regierung unterstützen») war kein Einzelfall. Die hautenge Kooperation mit dem Staat ist Programm. Das Internet-Portal Inside Paradeplatz liefert nun einen weiteren Beweis dafür. Und zwar in Form eines E-Mails von Walder an die «lieben Chefs» und «lieben Kollegen» der tonangebenden Medienkonzerne in der Schweiz. Darunter sind Pietro Supino, Verlegerverbandspräsident und Verwaltungsratspräsident der TX Group, Peter Wanner, Vize-Präsident des Verlegerverbands und Verwaltungsratspräsident der CH Media, sowie die Verlagschefs dieser und anderer Grossverlage, von der NZZ bis zur gebührenfinanzierten SRG. Ebenfalls adressiert ist das Schreiben an die Spitzen des Verlegerverbands, der aktuell die Ja-Kampagne für das Mediengesetz führt.

In dem Schreiben fordert Walder die Verleger und Verlagsleiter dazu auf, dafür zu sorgen, dass in ihren Medien im redaktionellen Teil – und sogar auf der «Front» – prominent ein Inserat des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) sowie entsprechende Online-Banner erscheinen («Seien Sie solidarisch: Bleiben Sie zu zuhause!»).

Entlarvendes «Wording»

Dass es sich dabei nicht etwa um einen Sololauf von Marc Walder handelte, sondern um eine bis ins Detail mit Bundesbern abgestimmte Aktion, stellt Walder gleich selbst klar: «Der Bundesrat hat heute informell diese Aktion der Schweizer Medien sehr begrüsst und ist dankbar für dieses Engagement.» Doch dann warnt Walder, die gemeinsame Aktion von Medienkonzernen und Regierung dürfe gegen aussen nicht als solche erscheinen.

Mail Walder

Das E-Mail von Marc Walder.

Bundespräsidentin eingespannt

Der Hinterzimmer-Plan ging auf. Auch die Verlagschefs der TX Group, von CH Media und NZZ gaben den Marschbefehl an ihre Redaktionen weiter und diese setzen ihn gehorsam um. Die Inserate und Banner erschienen in ihren Medien ebenfalls, beim «lieben Peter» Wanner von CH Media sogar auch auf der Front.

Für die Grossverlage kommt die jüngste Enthüllung zum dümmsten Zeitpunkt: Am 13. Februar stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über das Mediengesetz ab, das genau diese vier marktbeherrschenden Medienhäuser mit Steuergeld in Millionenhöhe überschütten will. Dabei behaupten die Verleger, das Staatsgeld stärke ihre Unabhängigkeit, die Meinungsfreiheit und die Demokratie …

Mit der jüngsten Entwicklung ist der Fall Walder definitiv zu einem Fall der marktbeherrschenden Schweizer Medienkonzerne geworden. Er illustriert zudem die staatspolitisch schädliche Wirkung der Medienkonzentration: Wenn die vier Grossen mit dem Bundesrat an den Tisch sitzen und gemeinsame Sache machen, dann erreichen sie einen Grossteil der Leserinnen und Leser in der Schweiz. Ob diese solche abgekarteten Machtspiele allerdings weiter goutieren und die Medienkonzerne mit ihrem Steuergeld finanzieren wollen, wird sich am 13. Februar weisen.

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Autor/in
Philipp Gut

Dr. Philipp Gut ist Journalist, Historiker, Buchautor und Inhaber der Kommunikationsagentur Gut Communications GmbH.  Er ist zudem Geschäftsführer des Referendumskomitees «Staatsmedien Nein».

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