Zigaretten, Wein, aber auch Schokolade und Chips – Versuchungen, die nicht gesund sind, gibt es genug. Doch wie schafft man es, davon loszukommen? Eine Möglichkeit bietet die Hypnose.
Den Durchbruch feierte die Methode vor vielen Jahren, als Menschen auf der Bühne hypnotisiert wurden und plötzlich anfingen, sich gackernd fortzubewegen oder wie Hunde bellten. Die «Showhypnose» hat aber nichts mit der Hypnose zu tun, wie sie im normalen Leben angewendet werden kann. Vielmehr hatten diese Showeinheiten zur Folge, dass Hypnose mit Hokuspokus verglichen wurde. Und taten ihr damit Unrecht.
Verstärkte Nachfrage durch die Pandemie
Habe ich den Herd ausgeschaltet? Und die Kerze wirklich gelöscht? Viele von uns kennen diese Gedanken, wenn sie das Haus verlassen. Bei einigen Menschen bleibt es jedoch nicht nur bei diesen Gedanken, sie müssen alles wieder und wieder kontrollieren. Diese Kontrollsucht raubt ein grosses Stück Lebensqualität, ein normales Leben ist fast nicht mehr möglich. Bei anderen hingegen lässt der blosse Gedanke an einen Zug den kalten Schweiss ausbrechen, an ein Einsteigen ist überhaupt nicht zu denken. Oder eine kleine Spinne löst starke Panikzustände aus. Die Gründe, weshalb Betroffene beim St.Galler Hypnotiseur Martin Ochsner Hilfe suchen, sind so vielfältig wie die Menschen selber. «Die grössten Erfolge erzielen wir beispielsweise bei der Rauchentwöhnung oder generell Angstzuständen», sagt der Ostschweizer im Gespräch. Gerade seit der Coronapandemie habe letzteres extrem zugenommen. Die Isolation hätte bei einigen zu sozialen Phobien geführt, die sie nun aufarbeiten müssen.
Das Unterbewusstsein
Martin Ochsner weiss, wovon er spricht. Bevor er sich für eine Ausbildung zum Hypnotiseur entschied, steckte er selber in einer Lebenskrise. «Eine psychologische Betreuung brachte aber nicht den gewünschten Erfolg», erinnert er sich zurück. Durch eigene Recherchen stiess er schliesslich auf die Hypnose – und wurde neugierig. Er probierte es aus, und war sogleich begeistert. «Ich kann sagen, dass die Hypnose mein Leben verändert hat. Der Funke war gezündet.»
Heute behandelt er die unterschiedlichsten Fälle in seiner Praxis: Vom kleinen Mädchen mit einer Zahnarztphobie bis hin zum Erwachsenen, der einen krankhaften Waschzwang entwickelt hat. In einem Vorgespräch wird geklärt, was erwartet wird, wo die Probleme liegen – und wo sie vielleicht ihren Ursprung genommen haben. «Manches ist in unserer Kindheit vorgefallen, wir haben es aber tief im Unterbewusstsein ‘vergraben’ und erinnern uns nicht mehr daran», sagt Martin Ochsner. Mit Hilfe der Hypnose könnten solche Ereignisse wieder hervorgeholt und die Blockaden gelöst werden. Oder man reist mit Hilfe der Hypnose in die Zukunft und stellt sich im Falle eines Angstzustandes genau eine solche Situation vor – also beispielsweise eine Zugfahrt oder eine Spinne auf der Hand. Aber auch das Thema Selbstwert und -liebe wird oft ein Thema. Vieles komme nämlich aus der Erziehung und aufgrund der Familienstrukturen.
Manchmal ist Vorsicht geboten
Im Vorfeld wird genau erklärt, was Hypnose überhaupt ist – die Betroffenen sind nämlich während der gesamten Sitzung nicht einfach hilflos ausgeliefert, wie die Showhypnose vielen weiss machen will. «Die Showhypnose ist für das Vergnügen da und hat keinerlei therapeutischen Wert – ganz anders als das, was wir im Alltag machen», fasst es Martin Ochsner zusammen. Bei dem Grossteil der Menschen funktioniert die Hypnose – bei einigen Krankheitsbildern hingegen ist Vorsicht geboten. «In solchen Fällen stehen wir im engen Kontakt mit den Ärzten oder lehnen eine Behandlung ab.»
Und die Erfolge sprechen für sich. Mittlerweile ist die Nachfrage nach Behandlungen stark angestiegen – und es dürfte auch in Zukunft nicht abreissen. Martin Ochsner könnte sich keinen schöneren Beruf vorstellen. «Bei vielen reicht eine Sitzung, und sie erhalten sehr viel Lebensqualität zurück, wenn sie beispielsweise ohne Angst zum Zahnarzt können oder sich wieder unter Menschen wagen.»
Manuela Bruhin (*1984) ist Redaktorin von «Die Ostschweiz».
Hier klicken, um die Mobile App von «Die Ostschweiz» zu installieren.