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Bligg im Interview

«Ich kenne die Ostschweiz wie meine Westentasche»

Nur sein Pass weist ihn als Appenzeller aus. Doch mittlerweile ist der Schweizer Musiker Bligg auch im «richtigen» Leben ein kleines bisschen Ostschweizer. Was ihn an unserer Region fasziniert und warum es ihn immer wieder herzieht, sagt er in unserem Interview.

Tanja Millius am 27. August 2018

Das Summerdays Festival in Arbon feierte letztes Wochenende seinen zehnten Geburtstag. Das schlechte Wetter tat der Stimmung keinen Abbruch. 20'000 Personen besuchten am letzten Freitag und Samstag das Festival. Das Programm war einmal mehr gespickt mit hochkarätigen internationalen Acts wie Van Morrison, Joris und Amy Macdonald und nationalen Stars wie Gotthard, Lo&Leduc, Dabu Fantastic und Seven.

Den krönenden Festivalabschluss machte der Schweizer Mundart-Künstler Bligg. Er erhielt für sein neustes Album «KombiNation» soeben die Goldene Schaltplatte. «Die Ostschweiz» traf ihn kurz vor seinem Auftritt am letzten Samstag zum Interview:

Du hast diesen Sommer viele Open Airs gespielt. Am Freitag warst Du in Spiez am Thunersee, am Samstag hattest du den Abschluss des Summerdays Festival in Arbon am Bodensee und kurz vorher gab es noch einen Auftritt bei der Sendung «SRF bi de Lüt». Du hast ein riesiges Programm hinter Dir. Wie geht es dir?

Bligg: Super, nachher hab ich eine Woche Ferien… (lacht).. Ich habe mich extrem auf den Auftritt hier in Arbon gefreut. Es war der letzte Auftritt der Festivalsaison. Nachher gibt es einen kurzen Break, bevor wir im Herbst auf die grosse «KombiNation»-Tournee gehen. Sehr speziell ist dieses Jahr auch, dass erst das Album rauskam und wir dann gleich die Festivals spielten und wir erst danach auf die Hallentournee gehen. Das haben wir so noch nie gemacht.

Wieso habt ihr das diesmal anders gemacht?

Wir wollten mal anders veröffentlichen. Nicht immer im Herbst - im Oktober - ein Album releasen, sondern mal im Frühling rauskommen, mal ein Album durch den Winter produzieren und nicht den ganzen Sommer im Studio verbringen. Und wir haben diesmal auch andere Destinationen auf der Herbst-Tournee: Wir gehen wieder vermehrt zu den Leuten, wieder mehr aufs Land. Wir spielen viele ländliche Destinationen in grossen Hallen.

«KombiNation» ist dein 14. Album, du hast mittlerweile knapp 300 Songs geschrieben. Macht es Dir immer noch gleich viel Spass, auf der Bühne zu stehen wie zu Beginn deiner Musiker-Karriere oder wie ist das heute?

Du redest hier mit einem leidenschaftlichen Musiker, der das schon immer war… und das ist heute noch so. Aber klar hat es hier Verschiebungen gegeben über die Jahre. Als Junger hat man Freude, wenn einem das, was man macht, überhaupt gelingt, dann lebt die Motivation eine Zeitlang davon. Und dann klappt das irgendwie, und dann kommen die ersten Leute, die das cool finden, und dann lebt man wieder davon. Der junge Bligg damals war hungrig, wollte in Clubs spielen, auf Tour gehen und die ganze Musikwelt entdecken. Das nimmt mit der Zeit etwas ab, dafür kommt anderes.

Wie ist es heute?

Mittlerweile ist es so, dass ich ein eigenes Team habe, mit dem ich tagaus, tagein arbeite, das sind sehr familiäre Leute. Ich sehe es nach wie vor als einen Segen an, dass ich mit dem, was ich gerne mache, meine Brötchen verdiene und mein Kind ernähren kann. Falls ich jemals keinen Spass mehr haben sollte an dem, was ich mache oder kein Kribbeln mehr spüre, wenn ich auf die Bühne trete, dann wäre das wohl der Zeitpunkt zum Aufhören.

Du selber hast ja Appenzeller Wurzeln. Dein Heimatort ist Appenzell. Hast du einen Bezug zur Ostschweiz und Appenzell oder steht das einfach auf deiner ID?

Am Anfang stand es tatsächlich einfach auf der ID und im Pass. Im Verlauf meiner Karriere ist hier aber sehr viel passiert, und ich habe einen grossen Bezug zur Ostschweiz. Ich habe einen Teil meiner Karriere hier aufgebaut, ich habe grosse Erfolge gefeiert mit der Streichmusik Alder, ich habe als Musiker die damalige AFG-Arena eröffnet, als sie frisch gebaut war. Ich war mit Nicolas Senn unterwegs, der auch aus dieser Region ist. Die Liste würde noch lange weitergehen… Ich spielte viele Shows hier, unter anderem schon mal hier am SummerdaysFestival in Arbon.

Es scheint, als kennst Du die Ostschweiz wirklich sehr gut.

Ich kenne sie wirklich wie meine Westentasche und bin auch privat sehr oft hier mit meinem dreijährigen Sohn. Ich gehe mit ihm oft Böötli fahren auf dem Bodensee und bin auch ein leidenschaftlicher Fischer. Ich wohne auch privat nicht so weit weg von hier – ich sage jetzt nicht wo, aber ich bin mit dem Auto relativ schnell hier. Ich fühle mich extrem wohl in der Ostschweiz.

Hat das auch mit den Leuten zu tun, die du hier in der Ostschweiz kennengelernt hast?

Ja, absolut, auch mit der Mentalität der Leute. Aber es ist auch schon rein landschaftlich ein wunderschöner Fleck, das fängt im Thurgau an, und auch das Appenzellerland ist Postkartenidylle sondergleichen. Ich habe viele Freundschaften hier geschlossen in der Ostschweiz, und es gab hier viele Meilensteine in meiner Karriere, wie damals die Songs «Volksmusigg» oder «Rosalie», wo es ein Sample von Walter Alder drin hat. Wir haben ihn damals getroffen und das Okay für den Song eingeholt. Da gibt es ganz viele Dinge in meiner Karriere, die mit der Ostschweiz verwoben sind.

Bligg

Bligg, der Erfolgsmusiker mit Ostschweizer Wurzeln. (Bild: Simon Zangger)

Im Herbst gehst du auf Schweizer Tournee mit deinem neuen Album. Wie waren die Reaktionen bisher und was zeichnet das Album deiner Meinung nach aus?

«KombiNation» hat eine sehr moderne Machart, es hat viel Wortwitz und auch einen Song namens «Stammtisch» drauf, der sehr ländlich orientiert ist. Es hat aber auch urbane Elemente und Weltmusikeinflüsse drin, und es sind auch viele Gastmusiker dabei wie etwa Marc Sway beim Song «Us Mänsch» oder der junge Mundart-Künstler ZID, der in Arbon mit mir auf der Bühne stand beim Song «In Tüüfels Chuchi». Von ihm wird man sicher noch viel hören. Und vor gut zwei Stunden habe ich eine Goldauszeichnung für das Album erhalten – das freut mich sehr und ist eine Ehre. Offenbar gibt es nach wie vor Leute, die mögen, was ich mache… (grinst)

Die Tour im Herbst führt dich ja auch wieder in die Ostschweiz…

… ja, am 1. Dezember sind wir in Wattwil in der Markthalle, und davor am 10. November spielen wir in der Rüeggerholz-Halle in Frauenfeld. Diese Tour wird auch anders als alles, das ich bisher gemacht habe.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher bei der neuen Bligg-Tour?

Wir bieten dieses Mal nicht einfach eine Show, sondern ein abendfüllendes Programm. Wir nehmen eine kleine Stammbeiz mit, wo die Leute schon nach dem Eingang zum Konzert die Möglichkeit haben, sich zu verpflegen. Wir nehmen auch einen Original-Stammtisch mit auf Tour. Man sieht ihn bereits im Youtube-Video zum gleichnamigen Lied. Zudem habe ich ZID im Vorprogramm dabei. Die Show selber ist gespickt mit alten und neuen Hits, und nach der Show gibt’s jeweils eine Party, und natürlich werde ich auch Autogramme geben. Kürzlich habe ich auch einen Schnaps rausgegeben, den Tannenschnaps, der ist natürlich auf der Tour auch mit dabei.

Kehren wir zum Schluss nochmals zu Dir zurück: Du giltst als begnadeter Geschichtenerzähler – wie siehst du dich selber?

Das sind immer zwei Welten, wie man sich selber sieht und wie einen die Leute sehen. Mir gratulierte mal ein Berner Journalist vor dem Interview, und ich fragte ihn wieso. Er meinte: Bern hat den Matter, Zürich hat BLIGG. Das ist schon ein Kompliment, das ich natürlich sehr gerne angenommen habe… und wenn man sich meine Songs anhört, kann man schon sagen, dass ich Geschichten erzähle und nicht einfach «I love you» oder «Oh, miis Härz isch broche» singe. Also schon auch, aber ich behandle meine Songs wie Kurzgeschichten, und ich glaube, das gibt mir auch dieses Standing im Schweizer Musikmarkt. Ich denke, das macht mich als Musiker aus plus mein eigener Sound, der sich über die Jahre entwickelt hat und an dem man mich mittlerweile auch erkennt. Als Künstler ist es das Schönste, was einem passieren kann, wenn man seinen eigenen Fingerabdruck geschaffen hat. Gerade in einer Zeit, wo sehr viel kopiert wird und sich gleich anhört.

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Autor/in
Tanja Millius

Tanja Millius (*1971) ist eine Ostschweizer Redaktorin.

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