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Influencerin Ramona Bonbizin

«Ich lasse mich nicht verbiegen»

Fashionbiz wurde 2006 von den beiden Ostschweizern Ramona Bonbizin und Chris Kradolfer gegründet. Mittlerweile haben sie sich mit ihrem Blog im Fashionbereich einen Namen gemacht. Kann man damit Geld verdienen?

Marcel Baumgartner am 29. Dezember 2018

Ramona Bonbizin, ursprünglich haben Sie ein Textilunternehmen betrieben, heute sind Sie eine Fashionbloggerin. Kann man Sie als Influencerin bezeichnen?

Influencerin ist eine Bezeichnung, um die momentan ein ziemlicher Hype gemacht wird. Bei vielen wird diese Formulierung mit Negativem assoziiert, und ein grosser Teil der Menschen mit grosser Reichweite nennt sich bereits Content-Creators. Viele von uns sind über Social-Media-Kanäle oder im Freundeskreis «Beeinflusser» auf verschiedenen Ebenen. Ich bezeichne mich nicht als Influencerin. Ich lasse die Leser meines Magazins an meinen Erlebnissen teilhaben und nehme sie damit mit auf meine Reisen. Das Textilunternehmen habe ich übrigens heute noch. Ich habe mich da auf die Nische Seidenaccessoires konzentriert und kann durch meine zuverlässigen Produktionen einige grosse Kunden wie Banken, Versicherungen, KMU und die Schweizer Armee beliefern. Ein gutes Zeitmanagement lässt mich beide Unternehmen gut kombinieren (lacht).

Wie muss man sich das Business der Fashionbloggerin grundsätzlich vorstellen?

Es ist individuell. Hauptsächlich basiert mein Business auf meinem Lifestylemagazin. Anders also als viele Influencer, die sich auf Instagram und kleinere Blogtätigkeiten konzentrieren. Die Social-Media-Kanäle sehe ich bei mir als Ergänzung. In den meisten Fällen kommen die Marken mit ihren Zielen auf mich zu. In einem nächsten Schritt wird besprochen, wie man dies im Content des Magazins und auf Social-Media-Kanälen umsetzen kann. Aber es gibt auch kürzere Abläufe, wenn fixe Kampagnen direkt vom Kunden im Magazin platziert werden.

Was ist Ihre Dienstleistung? Oder salopp gefragt: Womit verdienen Sie Ihr Geld?

Meine Arbeit für mein Onlinemagazin «Fashionpaper» beginnt beim Erstkontakt mit dem Kunden gefolgt vom Beraten und Verkaufen der Werbeplatzierung, vom Planen, Bilderproduzieren, Texten, Onlinestellen, Interagieren mit den Lesern sowie Reporting und zum Schluss der Rechnung. Geld verdiene ich mit Anzeigenwerbung in verschiedensten Formen.

Gerade die jüngere Generation träumt davon, Geld mit Blogs oder Youtube-Videos zu verdienen. Wo besteht bei einem solchen Business die grösste Gefahr?

Die grössten Fehler sind in meinen Augen, Bestehendes kopieren zu wollen und sich von einem einzelnen Social-Media-Kanal abhängig zu machen. Ich kann mich noch gut erinnern: Als ich mein Bankkonto für dieses Business eröffnete, meinte der Banker mit einem Schmunzeln, ich hätte kein grosses Risiko, nur ein geringes – falls Facebook von heute auf morgen die Türen schliessen würde. Und dann passierte es: Ich hatte meine Videos beim Social-Media-Kanal «vimeo» kostenpflichtig gehostet. Als sich die Zugriffszahlen enorm erhöhten, bekam ich plötzlich ein «Beratungsgespräch» mit einer Offerte über USD 16’500 aus New York … Kurzerhand wurde ich vor die Wahl gestellt, diesen zusätzlichen Preis zu bezahlen oder der Kanal hinsichtlich der Zugriffe einzuschränken. Zum Glück habe ich mich bereits von Anfang an nicht nur auf diesen Social-Media-Kanal beschränkt! Sobald man beginnt, Bestehendes zu kopieren, was zum Beispiel bei Instagram häufig der Fall ist, sehen viele Profile gleich aus – und man ist für Marken nicht einzigartig und damit austauschbar. Bei Beginnern in diesem Geschäft – von denen ich viele Anfragen erhalte – fehlt meistens der Weitblick, dass es eine Tätigkeit in der beruflichen Selbstständigkeit ist und kein Nine-to-five-Job.

Wem fühlen Sie sich eher verpflichtet, Ihren Kunden oder Ihrer Fangemeinschaft?

Ich fühle mich niemandem ausser mir selbst und meiner Familie verpflichtet. Meinen Kunden biete ich eine Plattform, die funktioniert, und meinen Lesern interessante Inhalte und Unterhaltung. Es kann hart klingen, aber es ist mein Erfolgsrezept, dass ich mich von Marken und Auftraggebern nie verbiegen lasse. Es kann kurzfristig einige Aufträge kosten, aber langfristig ist es erfolgreicher.

Sie bewegen sich in der Welt der Schönen und Reichen. Übt diese Umgebung eine besondere Anziehungskraft auf Sie aus?

Ich mag schöne Mode, tolle Hotels, coole Autos – meine Tätigkeit hat mir sicher diesen Zugang geebnet. Aber für mich ist Luxus, meine Freiheit zu geniessen, das tun zu können, was mir Freude bereitet. So sind es ganz normale Dinge wie die Natur, die mich anziehen. Da finde ich meinen Ausgleich.

Gibt es auch Neider?

Sicher gibt es das. Früher habe ich mir mehr Gedanken dazu gemacht. Jeder ist aber der Schmied des eigenen Glücks, und ich nehme Anfeindungen nicht mehr persönlich.

Welche Visionen haben Sie hinsichtlich Ihres Modeblogs für die Zukunft?

Meine Vision war es immer, in einer Welt mit glücklichen Menschen zu leben und Inspiration zu bieten. Sicher braucht es manchmal auch Content, der das Leben schreibt, der im ersten Moment nicht glücklich erscheint – der aber auch Menschen Inspiration zum Positiven bieten kann.

Wo sehen Sie das grösste Entwicklungspotenzial?

Im Bezug auf mein Magazin: in der Mehrsprachigkeit. Landesgrenzen schwinden in der Onlinewelt immer mehr. Weiter baue ich mein Netzwerk mit fleissigen Freelancern aus.

Weitere Infos: www.fashionpaper.ch

Ramona Bonbizin

Ramona Bonbizin: «Bei Beginnern fehlt meistens der Weitblick, dass es eine Tätigkeit in der beruflichen Selbstständigkeit ist und kein Nine-to-five-Job.»

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Autor/in
Marcel Baumgartner

Marcel Baumgartner (*1979) ist Co-Chefredaktor von «Die Ostschweiz».

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