Der gebürtige Italiener überfiel im Dezember 2018 und Juli 2019 zwei Ostschweizer Filialen der Raiffeisenbank mit einer Spielzeugpistole und erbeutete 25'000 Franken. Nun hat er seine Strafe vom Kreisgericht Wil kassiert: 40 Monate Freiheitsstrafe und einen fünfjährigen Landesverweis.
Der Angeklagte spielte gerne und oft. 20'000 Franken hätte Mauro Bianchi* gebraucht. Dann hätte er eine Firma übernehmen und in der Schweiz bleiben können. Gehofft hat er, im Casino seine Einsätze zu Gewinn machen zu können. Das klappte manchmal, öfter aber nicht. Links und rechts schuldete er allen möglichen Leuten Geld, heute summieren sich die Verlustscheine auf 178'000 Franken. Nein, spielsüchtig sei er nicht gewesen, sagte er am Mittwoch vor dem Kreisgericht Wil aus. Und relativiert sogleich: «Der Bauch sagt nein, im Kopf weiss ich, dass das eine Sucht war. Ich sagte mir einfach: Irgendwann kommt dann das Glück schon.»
Erster Banküberfall
Doch das Glück kam nicht: Am 10. Dezember 2018 betrat Bianchi die Raiffeisenbank Oberuzwil, zog eine dunkle Spielzeugpistole, die einer Faustfeuerwaffe täuschend ähnlich sah, wie es in der Anklageschrift heisst, und verlangte vom Schalterangestellten die Herausgabe von Bargeld. Die erbeuteten 11'500 Franken warf er in den Kofferraum. «Bei jedem Polizeiauto wurde ich nervös, ich habe mir jeweils fast in die Hosen gemacht», sagt er dem Richter in Ostschweizer Dialekt. Tage darauf sei er dann nach Konstanz gefahren und habe versucht, die 20'000 Franken für den Firmenerwerb zu erspielen.
Bianchi wurde 1967 in St. Gallen geboren. Die Mutter ist Schweizerin, der Vater Italiener. Wäre Bianchi etwas jünger, wäre er wegen seiner Mutter automatisch Schweizer Staatsbürger gewesen. Er hat zwar die Schule hier besucht und danach eine KV-Lehre gemacht, doch er hat sich nie einbürgern lassen. Später ist er nach Italien aus- beziehungsweise rückgewandert und hat seine Schweizer Niederlassungsbewilligung verwirkt. So spricht Bianchi zwar einwandfrei den hiesigen Dialekt und ist mit den Schweizer Gepflogenheiten bestens vertraut, doch er besitzt nur eine Kurzaufenthaltsbewilligung L.
Zweiter Überfall
Am 2. Juli 2019 hat er es dann nochmals getan. Diesmal betrat Bianchi mit dunklem Cap und einer Sonnenbrille auf der Nase die Raiffeisenbank in Schwarzenbach. In der linken Hand hielt er einen gefalteten Zettel, auf dem er zuvor handschriftlich «cash, no alarm» geschrieben hatte und in der rechten Hand einen Plastiksack, in dem er die Attrappe einer Faustfeuerwaffe zugedeckt festhielt. Zum Bankangestellten sagte er leise und in gebrochenem Englisch «no alarm», «rapid» sowie «I don’t want to kill you». Mit einer Beute von 13'750 Franken verliess er im Anschluss die Bank und ergriff mit seinem Fahrzeug die Flucht.
Es seien spontane Aktionen gewesen, sagt Bianchi vor Gericht aus. Die Pistolenattrappe hätte er noch von der Fasnacht im Auto gehabt und einfach vergessen zu entsorgen. Das kaufte ihm allerdings die Staatsanwaltschaft nicht ab und geht vielmehr davon aus, dass er «im Wissen, dass ihm das Wasser bis zum Hals stand» planmässig vorgegangen sei. Sie fordert darum eine unbedingte Freiheitsstrafe von 45 Monaten und eine 7-jährige Landesverweisung.
Der Verteidiger dahingegen fand, dass eine 24-monatige teilbedingte Freiheitsstrafe (neun Monate unbedingt, 15 bedingt) genügen würden und ersuchte das Gericht, von einer Landesverweisung abzusehen. Er machte einen persönlichen Härtefall geltend: Bianchi sei in der Schweiz geboren, aufgewachsen und perfekt integriert. Sein Sohn und seine Onkel wohnen hier und sein ganzer Bekanntenreis ebenfalls.
Auch Bianchi sagte, dass der drohende Landesverweis für ihn schlimmer als die Gefängnisstrafe sei: «Vom Migrationsamt erhalte ich eh keine Aufenthaltsgenehmigung mehr, aber wenn ich meine Bekannten und Freunde nie mehr besuchen kann, ist das sehr schlimm für mich.»
Nach einer Stunde Beratung verurteile das Kreisgericht Wil den 52-Jährigen wegen zwei einfacher Raubüberfälle zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten. Im Anschluss wird er für fünf Jahre des Landes verwiesen. Die Pflege des Bekanntenkreises reiche nicht aus, meinte der vorsitzende Richter, um einen persönlichen Härtefall geltend zu machen.
Die ebenfalls dem Verurteilen aufgebundenen Verfahrenskosten belaufen sich auf etwas mehr als 39'000 Franken.
* richtiger Name der Redaktion bekannt
Michel Bossart ist Redaktor bei «Die Ostschweiz». Nach dem Studium der Philosophie und Geschichte hat er für diverse Medien geschrieben. Er lebt in Benken (SG).
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