2022 stehen zahlreiche Herausforderungen an: Es ist nicht nur die Pandemie, die uns über alle Massen beschäftigen wird, sondern es sind auch Fragen der Finanz-, der Klima- sowie der Gesundheitspolitik ganz allgemein, die uns beschäftigen werden. Ein Gastkommentar von Regierungsrat Paul Signer.
Ganz persönlich bin ich jeweils gespannt, welchen Betrag die Schweizerische Nationalbank SNB ausschüttet und was Bund und Kantone damit anfangen. Hauptaufgabe der SNB ist es ja, den Schweizer Franken möglichst stabil zu halten. Ob das im aktuellen Umfeld gelingen kann ist fraglich… Zudem haben verschiedene politische Player bereits früh angemeldet, dass sie schon wüssten, was mit einem Nationalbankgewinn anzufangen sei… Verschiedene Kantone bzw. ihre Parlamente haben bereits Steuersenkungen mit dem Nationalbankgeld finanziert. Ob das nachhaltig ist?
In Appenzell Ausserrhoden gilt es zu vermeiden, dass der Staatshaushalt abhängig wird von einer allfälligen Gewinnausschüttung der SNB. Daher haben wir zwar im Voranschlag 2022 noch einmal eine Maximalausschüttung an Bund und Kantone von insgesamt 6 Milliarden Franken eingesetzt, was für AR bedeutet, dass wir für das Jahr 2022 rund 25 Millionen Franken an Einnahmen eingesetzt haben. Ab dem Jahr 2023 rechnen wir aber mit sinkenden Beiträgen der SNB. Wir wissen zum heutigen Zeitpunkt nicht, ob die SNB in Zukunft überhaupt Gewinnbeteiligungen ausschüttet oder nicht – die aktuell gültige Ausschüttungs¬vereinbarung zwischen der SNB und ihren Aktionärinnen und Aktionären sieht Auszahlungen zwischen 0 und 6 Milliarden Franken vor.
Als grösste gesellschaftliche Herausforderung sehe ich für dieses Jahr die Frage, wie wir als Gesellschaft mit der Corona-Pandemie umgehen. Was geschieht, wenn alle Befürchtungen eintreffen, die mit der Omikron-Mutation verbunden sind? Akzeptieren die Geimpften weiterhin, dass wir als Gesellschaft Rücksicht nehmen auf die Ungeimpften, welche die Plätze auf den Intensiv-Pflege-Stationen offenbar übermässig belegen?
Ich gehe davon aus, dass diese Fragen auch politisch im Vordergrund stehen und unsere diesbezüglichen Diskussionen prägen werden. Ich stelle fest, dass diese politischen Diskussionen je länger, je gehässiger werden – wir probieren gar nicht mehr, die Position des jeweiligen "Gegners" zu verstehen…
Die Schliessung des Spitals Heiden muss im regionalen Kontext gesehen und bewältigt werden. Es zeichnet sich ab, dass der Kanton bereit ist, durch die Vermietung von Räumlichkeiten im bisherigen Spital Heiden eine Lösung zu ermöglichen und teilweise auch über Steuergelder (durch mögliche Verluste an Mietzinseinnahmen) zu finanzieren, die von lokal und regional tätigen Ärztinnen und Ärzten geplant wird.
Falls tatsächlich eine regionale Spitalliste umgesetzt werden soll, wie sie von allen Seiten gefordert wird, müssen sich die Erwartungen sowie muss sich das Verhalten der Bevölkerung massiv ändern: Wir können nicht mehr davon ausgehen, dass vor unserer Haustüre eine Notfallaufnahme mit einem Spital betrieben wird, wo wir einfach so aufgenommen und unsere Bedürfnisse befriedigt werden. Vielmehr werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass eine regionale Lösung bedeutet, dass wir weiter als bisher fahren müssen, um uns optimal behandeln zu lassen. Diese Herausforderung gilt es als Gesellschaft anzunehmen und zu bewältigen. Ich bin gespannt, wie alle Beteiligten dann darauf reagieren, wenn ihre Forderungen nach mehr regionaler Zusammenarbeit erfüllt werden…
Das Gleiche gilt, wenn Massnahmen zur Bewältigung des Klimawandels tatsächlich etwas / Steuergelder kosten. Das Ergebnis eidgenössische Volksabstimmung vom März 2021 über das CO2-Gesetz stimmt mich in dieser Beziehung nicht gerade zuversichtlich…
Meine grösste Hoffnung für 2022 ist, dass wir es schaffen, alle diese Diskussionen mit der nötigen Ruhe und Abgeklärtheit zu führen und dass wir alle miteinander in den genannten Bereichen einen spürbaren Schritt nach vorne tun können. Es gibt viel zu tun – packen wir es gemeinsam an!
Hier publizieren Autorinnen und Autoren mit Expertise und Erfahrung zu bestimmten Themen Gastbeiträge. Diese müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.
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