Vermehrt setzen Hallen- und Freibäder auf die künstliche Intelligenz. Sie analysiert Bewegungen im Wasser und löst bei entsprechender «Beobachtung» einen Alarm aus. Der Ansatz ist gut, birgt aber auch Gefahren.
KI-Systeme kommen in immer mehr Lebensbereichen zum Einsatz. Sie können sowohl Fluch als auch Segen darstellen.
Die neueste Technologie wird in Hallen- und Freibädern eingesetzt, um Personen vor dem Ertrinken zu schützen – so unter anderem auch in Kreuzlingen.
Im Grundsatz funktioniert sie wie ein Bewegungsmelder. Wird während einer gewissen Zeitspanne keine Bewegung aufgezeichnet, löst sie einen Alarm aus.
Gemäss einem Bericht von «20 Minuten» soll das System, das rund eine Viertelmillion Franken kostet, die Arbeit der Bademeister ergänzen und die Sicherheit der Badegäste erhöhen.
Aufgezeichnet werden die Bewegungen von Unterwasserkameras. Eine Software analysiert die entsprechenden Muster und löst bei Unstimmigkeiten einen Alarm aus.
Das Thema birgt Minenfelder. Niemand dürfte sich bei der Wahl zwischen dem Leben eines Kindes und der Investition von 250'000 Franken gegen die Installation entscheiden.
Und dennoch: KI kommt in einem Gebiet zum Einsatz, in dem der Schutz der Privatsphäre enorm wichtig ist. Ein erster Schritt, dem weitere folgen werden. Kritiker, die sich gegen die vermehrte Überwachung durch eine künstliche Intelligenz einsetzen, sollten ernst genommen werden.
Hinzu kommt das Gefühl der «falschen Sicherheit». Schon heute haben viele Eltern das Gefühl, sie könnten die Verantwortung über ihre Kinder dem Bademeister abschieben und währenddessen den Fokus auf ein Buch oder das Handy legen. Solche Überwachungssysteme werden diese Tendenz nur noch verstärken.
Der Mensch hat sich die Technik schon immer zunutze gemacht. Sehr oft hat er aber auch ein Stück Freiheit und Eigenverantwortung damit abgegeben.
Marcel Baumgartner (*1979) ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz».
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