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Kolumne

Kirchliches Gutmenschentum – von «Schlechtmenschen» finanziert

Derzeit legen sich gewisse kirchliche Kreise sehr stark für die «Konzernverantwortungsinitiative» ins Zeug. Sie betrifft gemäss ihrem eigenen, eindeutigen Wortlaut nicht nur Konzerne, sondern sehr viele Einzel-Unternehmungen – auch in unserem Kanton.

Walter Locher am 18. Oktober 2020

Das Wort «Konzern» findet sich im amtlich publizierten und damit rechtlich massgeblichen Initiativtext nirgends – es wird nur von «Unternehmungen» gesprochen. Bereits das ist ein Etikettenschwindel erster Güte und tritt die Wahrheit mit Füssen. Wer das Gegenteil behauptet, soll den amtlichen Abstimmungstext lesen.

Besonders aktiv für die Initiative ist das Komitee «Kirche für Konzernverantwortung». Es hat auf seiner Website zahlreiche Musterpredigten und einschlägige Bibelpassagen aufgeschaltet. Im Kanton St.Gallen sind neben der evangelischen Kantonalkirche auch mehrere evangelische und katholische Kirchgemeinden Komitee-Mitglieder. Manche Kirchgemeinden werben nicht nur in den Messen und Gottesdiensten, sondern auch mit Bannern an ihren Gebäuden für die Initiative – finanziert mit dem Geld, das von den Kirchensteuern aller Mitglieder und der Unternehmungen stammt.

Die Religionsgemeinschaften sind im Kanton St. Gallen als öffentlich-rechtliche Körperschaften konstituiert. Sie können sich damit nach dem Willen des st. gallischen Gesetzgebers über die staatlich gewährte Steuerhoheit leichter finanzieren. Während sich natürliche Personen der Steuerpflicht notfalls durch einen Austritt der Steuerpflicht entziehen können, sind Unternehmungen im Kanton St. Gallen somit unausweichlich zur Steuerzahlung und in der Folge der Mitfinanzierung auch von einseitigen kirchlichen Abstimmungskampagnen verpflichtet.

Mit ihrer Unterstützung der irreführenden «Konzernverantwortungsinitiative» schädigen die kirchlichen Befürworter indirekt vor allem jene vielen KMU und übrigen Unternehmungen, von denen sie sehr gerne das Geld für ihre Tätigkeit beziehen. Das muss gesetzlich geändert werden. Die Kirchensteuerpflicht soll auch für juristische Personen künftig freiwillig sein. Man kann nicht mit dem zwangsweise erhaltenen Geld jener Politik machen, die eine andere Haltung haben.

Als langjähriges Mitglied einer Landeskirche, ehemaliger Organist und gewesenes Mitglied einer Kirchenvorsteherschaft frage ich mich, ob die Kirchen eigentlich ganz bewusst eine Spaltung in Kauf nehmen und nur noch vermeintliche Gutmenschen in ihren Reihen haben wollen.

Offenbar wird neu zwischen guten und schlechten Christen unterschieden. Das ist zutiefst unchristlich und ein fataler Irrweg.

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Autor Dani Egger

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Autor/in
Walter Locher

Walter Locher (*1955) ist Rechtsanwalt, St.Galler FDP-Kantonsrat, Präsident HEV Kanton St.Gallen und Präsident IG Engpassbeseitigung.

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